Regulierung und Rendite sind im Moment die zwei – ungleichen – Seiten einer Medaille: Die eine ist nicht ohne die andere zu haben, aber je stärker die eine strahlt, desto schwieriger ist es, der anderen Glanz zu verleihen.
Der 1. Frankfurter-Diskurs am 02.Juli 2015 stand daher unter dem Motto „Regulierung vs Rendite“ und war der Startschuss der erstmalig veranstalteten Reihe „Frankfurter Diskurs“. Um die Vereinbarkeit dieser scheinbaren Gegensätze zu diskutieren, luden die Shareholder Value Management AG zusammen mit der BHF-Bank, DJE Investment S.A. und Ethenea Independent Investors S.A. interessierte Investoren und Partner in die Räume der BHF-Bank in Frankfurt am Main ein.
Die Key Note Speech wurde von Prof. Dr. Klemens Skibicki gehalten, der in einem spannenden Vortrag das aktuelle Thema der immer stärker werdenden digitalen Vernetzung der Welt im Kontext historischer Entwicklungen beleuchtete. Der Professor für Economics, Marketing und Marktforschung an der Cologne Business School in Köln, führte in seinem Beitrag dem Publikum die Dimensionen der alles umwälzenden digitalen Revolution und die zu erwartenden Konsequenzen vor Augen, wenn man diese Entwicklungen nicht proaktiv begleite. Meinungsbildung, ob über Menschen oder Produkte, finde heutzutage im Internet statt, so Prof. Skibicki. Ein Muss für jedes Unternehmen sei also nicht nur eine entsprechende Präsenz im Web, sondern vor allem die Generierung positiver Multiplikatoren durch geeignete Ansprache der Zielgruppen. Skibicki, der u.a. eine Unternehmensberatung zur digitalen Transformation von Unternehmen betreibt, verglich die Darstellung von Produkten und Dienstleistungen mit den Empfehlungen, die ein potentieller Kunde auf einer Gartenparty erhält. Denn Vertrauenswürdigkeit und Relevanz seien die Faktoren bei einer Produktempfehlung, die über Kauf oder nicht-Kauf entscheiden, besonders auch in der Finanzbranche!
Im Anschluss an Prof. Skibickis Vortrag wurden die Teilnehmer durch vier Impulsvorträge über die aktuelle Markteinschätzung informiert. Den Anfang machte Dr. Ulrich Kaffarnik von DJE, der das Ende des Abwärtstrends der Anleiherenditen ausgemacht hat. Nichts desto trotz glaubt er an ein weiterhin niedriges Zinsniveau für viele Jahre. Der Markt sei monetär getrieben, was für DJE das zentrale Argument für weiter steigende Kurse ist. Nicht zuletzt helfe das QE-Programm der FED und der EZB dem Markt, was die Entwicklung der Märkte seit Auflage der Programme auch beweisen würde.
Guido Barthels von Ethenea erwartet ebenfalls weiterhin niedrige Renditen im Bondmarkt. Er rechnet mit einer Zinserhöhung der FED erst im Dezember 2015, da die wirtschaftliche Entwicklung in den USA aufgrund des Strukturwandels langsamer vonstattengeht als erwartet. Die Hauptaufgabe eines Asset Managers sieht er darin, in diesem Zeitraum kein Geld zu verlieren.
Als nächster war Frank Fischer, CIO der Shareholder Value Management AG, an der Reihe. Er bemängelte die generelle Anlagestruktur der Deutschen, die mit einem Aktienanteil von gerade mal 3,6% viel zu niedrig sei, um die Ertragsziele der Altersvorsorge erfüllen zu können. Gleiches gelte für Stiftungen, die im aktuell niedrigen Zinsumfeld um die Erfüllung ihres Stiftungszwecks kämpfen müssten. Fischer gilt als Value-Investor im Stile Warren Buffetts, der in erster Linie den permanenten Kapitalverlust zu vermeiden versucht, indem er in eigentümergeführte Unternehmen mit einem wirtschaftlichen Burggraben und günstiger Bewertung investiert (Stichwort „Sicherheitsmarge“). Die größte Gefahr geht laut Fischer momentan von China aus, da dort massiv auf Kredit Aktien gekauft wurden. Entgegen den bis dahin geäußerten Meinungen sieht Fischer die Gefahr von steigender Inflation bis in den 3% Bereich. Hieraus könnten sich Risiken für die weitere Entwicklung am Aktienmarkt ergeben. Externe Schocks, wie z.B. auch die Griechenland-Krise, könnten zu temporären Verlusten am Aktienmarkt führen, bedeuten aber auch Chancen, gute Titel günstig einzukaufen.
Den Abschlussvortrag bestritt Kai Franke vom BHF Trust. Die Bedeutung der Griechenlandkrise wird in seinen Augen überschätzt. China stelle sein Geschäftsmodell um auf eine von Konsum und Binnennachfrage getriebene Wirtschaft und gewinne pro Jahr im BSP das Doppelte der Gesamtwirtschaftsleistung Griechenlands hinzu. Auf der Zinsseite sieht er keine großen Gefahren und erwartet, dass die EZB ihr beschlossenes Anleihekaufprogramm abarbeitet. Die BHF erwartet zwar eine erhöhte Volatilität aufgrund der reiferen Phase des Aufschwungs am Aktienmarkt, die Hausse sei allerdings noch nicht in Euphorie, weswegen Franke noch lange nicht an ein Ende des Aufschwungs glaubt.
Den Bogen zum Thema des Frankfurter Diskurses schlug schließlich Thomas Richter, der in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des BVI, der Interessenvertretung der Investmentbranche in Deutschland, nicht nur Einblicke in die Lobbyarbeit eines Verbandes in Berlin und Brüssel gab. Er informierte auch über aktuelle Entwicklungen in der Regulierung der Asset Management-Branche, sei es die Diskussion um die AIFM-Richtlinie, die Deutschland auf einen Schlag zum größten Markt für alternative Investments gemacht habe, den Kampf gegen ein faktisches Provisionsverbot für Wertpapier-Berater, das im Rahmen der MiFID-Überarbeitung drohte, und die exterritoriale Einflussnahme der USA auf die Investmentfondsbranche in Luxemburg und Deutschland.
Den Höhepunkt des Diskurses bildete eine Podiumsdiskussion passend zum Thema der Veranstaltung „Regulierung vs. Rendite“. Behindert die Regulierung die Generierung von Erträgen in der Investmentbranche? Die einhellige Meinung der Teilnehmer war: ja, Regulierung koste Performance. Alleine der administrative Aufwand verschlinge Ressourcen in den Fondsgesellschaften. Fast zwangsläufig leide die ein oder andere Investitionsentscheidung unter einem zu engen regulativen Korsett, sei es, wie bei Frank Fischer, das Verbot, konzentrierter mit einem Fonds in ein Unternehmen einsteigen zu können oder, wie im Falle von Dr. Kaffarnik von DJE, die vorauseilende Beschränkung, die sich der Investmentmanager selbst auferlege, um gar nicht erst mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Darüber hinaus bedauerte Guido Barthels von Ethenea, dass die Regulierung im Anleihemarkt für eine extrem gesunkene Liquidität gesorgt habe, und damit die Handlungsfähigkeit der Investmentfirmen einschränke und einer Krise sogar Vorschub leisten könne. Für Kai Franke sind die vom Gesetzgeber geforderten Reportingdarstellungen ein Ärgernis, auch das Risikoverständnis eines Asset Managers unterscheidet sich grundlegend von dem der Legislative. Thomas Richter vom BVI wird weiterhin gegen die Überregulierung des Marktes kämpfen, betont aber auch, dass die Investmentbranche als Ganzes in Deutschland gut dasteht.
Und mit dieser positiven Note ging es in die mit einem fantastischen Ausblick auf die Frankfurter Skyline aufwartende Skylounge im 22. Stock der BHF-Bank, in der sich die Teilnehmer des 1. Frankfurter-Diskurses nicht nur Finger Food und Drinks schmecken ließen, sondern auch das zuvor Gehörte intensiv diskutierten. Wir freuen uns schon auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr!