Die unendliche Kreativität des Wolfgang Schäuble

Doppel- und Mehrfachbesteuerung bei Beteiligungsgesellschaften? "Wenn es um neue Steuereinnahmen geht, zeigen die Experten um Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen fast unerschöpflichen Einfallsreichtum", schreibt Frank Fischer, CIO der Shareholder Value Management AG. Shareholder Value Management AG | 20.08.2015 16:45 Uhr
©  Przemyslaw Koch - Fotolia.com
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Wenn es um neue Steuereinnahmen geht, zeigen die Experten um Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen fast unerschöpflichen Einfallsreichtum. Jetzt plant die Kreativableitung vom Berliner Probsthof, im Kielwasser der Reform der Investmentbesteuerung, still und leise eine Doppel- und Mehrfachbesteuerung bei Beteiligungsgesellschaften einzuführen. Das ergibt sich aus dem Gesetzentwurf des Ministeriums vom 21. Juli 2015.

Worum geht es? Mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens im Jahre 2001 entfiel das frühere Anrechnungsverfahren. Um Doppelbelastungen in mehrstufigen Strukturen zu vermeiden, erfolgte damals eine Körperschaftssteuer-Befreiung für Dividenden und Veräußerungsgewinne. Diese Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen soll jetzt entfallen, soweit die Beteiligungen unter 10 Prozent liegen. Es handelt sich dabei um sogenannte Streubesitzbeteiligungen. Konzerne mit Beteiligungsquoten von über 10 Prozent betrifft das nicht, wohl aber mittelständische Beteiligungsgesellschaften wie die von uns gemanagte Shareholder Value Beteiligungen AG mit ihren typischen Streubesitzbeteiligungen.

Die Veräußerung einer Beteiligung mit Gewinn kommt wirtschaftlich einer Ausschüttung der Gewinne gleich. Ich möchte das Problem jetzt nicht an unseren Beteiligungen Software AG, Washtec oder Innotec TSS aufrechnen. Ein abstraktes Beispiel verdeutlicht die Wirkung viel besser:

Beispielsrechnung

Nehmen wir an, ein Aktionär hält Aktien einer Beteiligungs-AG (B-AG), die wiederum an dem Maschinenbauunternehmen (M-AG) beteiligt ist. Wenn die M-AG 100 € verdient, zahlt sie darauf typischerweise 30 Prozent Gewerbe- und Körperschaftsteuer. Es verbleiben also 70 € zur Ausschüttung an die B-AG.

Nach bisherigem Recht bleibt die Beteiligungs-AG praktisch steuerfrei. Sie kann also 70 € an den Aktionär ausschütten, der darauf rund 26,4 % Abgeltungssteuer und Soli zahlt, also rund 18,50 € (ggf. zzgl. Kirchensteuer). Dem Aktionär verbleiben also von den ursprünglichen 100 € noch 51,50 €. Dem Halbteilungsgrundsatz des Bundesverfassungsgerichts wird damit  entsprochen.

Aus 51,50 mach 36 Euro: Schäuble kassiert 15,50 Euro extra

Jetzt die künftige Abschöpfung: Die Beteiligungs-AG soll auf die 70 € Steuern zahlen. Bei wiederum 30 Prozent für Gewerbe- und Körperschaftsteuer verbleiben ihr also 49 € für den Aktionär. Der zahlt darauf 13 € Abgeltungssteuer und Soli, so dass ihm von den ursprünglich verdienten 100 € gerade noch 36 € verbleiben. 64 € gehen an den Fiskus. Noch schlimmer sieht es bei mehrfach gestuften Beteiligungsstrukturen aus.

Dies ist eine horrende Steuerbelastung und ein klarer Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen „Halbteilungsgrundsatz“. Geradezu zynisch mutet es an, dass diese Belastung unter dem Deckmantel der „Herstellung von Gerechtigkeit durch Schließung von Steuerschlupflöchern“ daherkommt.

Beteiligungsgesellschaften wandern ins Ausland ab

Dass das zarte Pflänzchen der Start-up und Wagniskapitalinvestoren in Deutschland das nicht verkraften kann, hat auch der Finanzminister erkannt und für diese Gruppe eine – im Übrigen nicht ausreichende – Steuerentlastung eingebaut. Das Gesetz trifft aber alle übrigen Beteiligungsgesellschaften mit Streubesitz. Das wiederum hat zur Folge, dass sie am Standort Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sein werden. Das bedeutet im Klartext: Sie verschwinden oder wandern ins Ausland ab - mit allen Konsequenzen für Know-how, Arbeitsplätze und Eigenkapitalversorgung am Standort Deutschland.

Als Fazit sei die Prognose gewagt: Bei aller Kreativität - zu den von Seiten des Finanzministers geplanten Mehreinnahmen wird es auf diese Weise nicht kommen!

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