Kolumne von Frank Fischer, CEO & CIO der Shareholder Value Management AG
Jetzt also doch: Die EZB wird ihre Anleiheaufkäufe drosseln – wenn auch nicht in großem Umfang. Das war vom Markt durchaus erwartet worden, deshalb fiel die Reaktion an den Börsen auch nicht allzu negativ aus. Zuletzt hatte die Notenbank monatlich Anleihen für etwa 80 Milliarden Euro aus dem Krisenprogramm PEPP gekauft und zusätzlich für etwa 20 Milliarden Euro aus dem längerfristigen Anleihekaufprogramm APP. Diese Aufkäufe sollen ab Oktober „moderat“ reduziert werden, was auch immer das im Einzelnen bedeuten wird. Klar ist jetzt: Die Leitzinsen bleiben unverändert und auch ein grundsätzlicher Ausstieg aus dem Aufkaufprogramm wurde nicht angedeutet. So weit, so gut.
Sind die Inflationserwartungen zu optimistisch?
Aber – und das ist vielleicht der viel entscheidendere Punkt – die EZB erwartet eine höhere Inflation. Die Teuerungsrate werde 2,2 Prozent erreichen, so die EZB. Im Juni war sie noch von 1,9 Prozent ausgegangen. Aber auch die 2,2 Prozent dürften sehr optimistisch sein. Denn die Fakten sprechen dagegen. So war sie im Euroraum im August auf 3 Prozent gestiegen und hatte damit den höchsten Stand seit rund zehn Jahren erreicht. In Deutschland waren es 3,9 Prozent, in Estland 5 Prozent, in Litauen 4,9 Prozent und in Belgien 4,7 Prozent.
Und sinkende Inflationsraten sind zumindest in Deutschland nicht in Sicht. Dafür sind, wie das statistische Bundesamt jetzt bekannt gab, neben den Nahrungsmittelpreisen vor allem die Kosten für Energie verantwortlich. Energie kostet nämlich 12,6 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Merklich teurer wurden etwa Heizöl mit einem Plus von 57,3 Prozent und Kraftstoffe mit plus 26,7 Prozent. Auch für Erdgas mit plus 4,9 Prozent und Strom (+1,7 Prozent) wurde mehr verlangt.
Energiekosten: Der Profiteur ist der deutsche Fiskus
Jetzt könnte man als Anleger meinen: Das ist doch perfekt für „Big Oil“ wie Royal Dutch Shell, BP & Co. Hier müssten Umsatz und Gewinn doch geradezu explodieren. Doch dem ist nicht so. Der Profiteur ist vor allem der deutsche Fiskus. Weil der Staat mit seiner Klimapolitik die Energiekosten bewusst verteuert, steigen die Kosten für den Produktionsprozess der Industrie und den Lebensunterhalt des Einzelnen. 51 Prozent des Strompreises für Haushaltskunden entfallen auf Steuern, Abgaben und Umlagen. Beim Industriestrom sind es 48 Prozent. Der CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne lässt vor allem die Preise für Heizöl und Benzin an der Tankstelle steigen. Schon heute entfallen bei einem Preis von 1,60 Euro pro Liter Super E10 allein 62 Prozent auf Steuern und Abgaben – das sind knapp 97 Cent je Liter! Tendenz weiter steigend. Da macht es wenig Sinn, auf höhere Kurse bei den Ölmultis zu setzen – zumindest nicht, was Umsatz und Gewinn in Deutschland betrifft. Zudem ist diese Branche auf Grund unserer ESG-Maßstäbe grundsätzlich nicht mehr in unseren Mandaten vertreten.
Klein, agil und nachhaltig – Nischenplayer im Fokus
Was also tun? Natürlich ist der Bereich Energie ein riesiger Markt, der auch in Zukunft nicht an Bedeutung verlieren wird. Doch wir setzen bei unseren Mandaten wie dem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen eher auf die etwas kleineren, agilen und vor allem nachhaltigen Nischenplayer – und da fallen die Ölmultis durch unser Raster. Ein Beispiel für lukrative Nischenplayer ist SolarEdge, ein israelischer Photovoltaik-Anbieter, der in 29 Ländern weltweit aktiv ist und immerhin 374 Patente in diesem zukunftsträchtigen Sektor hält. Im Markt der Wechselrichter ist SolarEdge seit 2018 die globale Nummer 1. Aus Deutschland kommt der Windkraft-Pionier PNE. Seit 1990 hat die Cuxhavener Gruppe in Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Polen und den USA rund 250 On- und Offshore-Windparks in Produktion gebracht. Und auch im laufenden Jahr ist PNE gut unterwegs. In den ersten sechs Monaten konnte die Gesamtleistung um 21,9 Prozent gesteigert werden, beim EBITDA waren es gar 47,2 Prozent. Und auch für den Rest des Jahres sind die Auftragsbücher voll.
Last but not least: Montauk Renewables. Das US-Unternehmen aus Pittsburgh, Pennsylvania, konzentriert sich auf die Rückgewinnung und Verarbeitung von umweltschädlichem Methan (Biogas) aus Mülldeponien und Tiermastbetrieben. Eine Nische, die weiterhin hohe Dynamik verspricht. Schon in den letzten 5 Jahren konnten die Aktien um mehr als 1.000 Prozent zulegen.
Frank Fischer, CEO & CIO der Shareholder Value Management AG