„Begleitmusik" kündigt weitere Zinsschritte an
Wichtiger war, wie so oft, die „Begleitmusik“, die Fed-Chef Powell dazu lieferte: Die Märkte werden für die nächsten beiden Jahre mit einer stärkeren Straffung als bisher angenommen rechnen müssen. So soll der Leitzins Ende dieses Jahres bei 4,4 Prozent liegen, Ende 2023 bei 4,6, Ende 2024 bei 3,9 und Ende 2025 bei 2,9 Prozent. Das ist weit mehr, als bisher verkündet. Langfristig sehen die FOMC-Mitglieder den Leitzins weiterhin bei 2,5 Prozent. Eine Rückkehr der Inflationsrate auf den Zielwert von 2,0 Prozent erwartet die Fed erst für 2025. Im gleichen Atemzug wurde aber auch das Wirtschaftswachstum für die USA heruntergeschraubt. Das war dann doch starker Tobak.
Die Unruhe bleibt durch Inflation und steigende Zinsen
Das bedeutet aber auch: An den Finanzmärkten wird so schnell keine Ruhe einkehren. Vom weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs ganz zu schweigen. Trotzdem müssen sich Anleger fragen, ob mittlerweile nicht der Zeitpunkt für einen günstigen Einstieg mit entsprechenden Kurschancen gegeben ist. Dass die Rezession kommt, darüber herrscht längst Einigkeit an den Märkten, auch wenn die Fed das für die USA nicht erwartet. Auch der Inflationsdruck wird angesichts der Energiekrise nicht so schnell nachlassen und – wie gerade gesehen - einen harten Zinserhöhungskurs der Notenbanken erfordern. Nicht nur der Fed, sondern auch der EZB, wie EZB-Chefin Christine Lagarde jüngst erst wieder bestätigte. Weitere Rückschläge an den Märkten sind also wahrscheinlich, aber genauso auch die anschließende Erholung. Denn die meisten negativen Szenarien sind eigentlich schon eingepreist. Und irgendwann wird auch die Inflation wieder nachlassen. Dafür sprechen die Basiseffekte der schon stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise: Deren Anstieg wird sich aller Voraussicht nach verlangsamen, auch weil die Rezession die gesamtwirtschaftliche Nachfrage dämpfen wird. Die jüngsten Zahlen zu den Erzeugerpreisen sind allerdings erschreckend ausgefallen. Denn die Kostensteigerung bei Öl, Gas und Strom hat die deutschen Erzeugerpreise in einem noch nie dagewesenen Tempo steigen lassen. Sie erhöhten sich im August um durchschnittlich 45,8 Prozent, so das Statistische Bundesamt. Dies sei der höchste Anstieg gegenüber dem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. Aber auch das wird sich irgendwann mal abschwächen. Bis dahin werden sich die EZB und die Fed entschlossen im Kampf gegen die Inflation zeigen. Allerdings werden sie irgendwann auch wieder das Konjunkturumfeld stärker berücksichtigen müssen.
Zwei neue TSR-Perlen
Also jetzt schon wieder in Aktien einsteigen? Und wenn ja, in welche? Für uns ist in diesem Zusammenhang eine Kennzahl wichtig: der Total Shareholder Return (TSR). Diese Kennzahl gibt das Renditepotenzial der Unternehmen auf Sicht der nächsten fünf Jahre wieder. Wir ermitteln sie für alle rund 150 Unternehmen auf unserer Watchlist. Und haben gerade beim Rebalancing unseres Frankfurter Modern Value Index, der Basis für unseren Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value, zwei Aktien ausgetauscht, weil die Neuaufnahmen unseren Kriterien besser entsprechen als einige der bisherigen Portfolio-Unternehmen. Erwischt hat es diesmal den französischen Luxuskonzern LVMH und das Kosmetikunternehmen L’Oreal. Bei beiden Unternehmen ist der TSR klar gesunken. Neu sind dagegen ASML Holding und Booking Holdings.
ASML Holding: Preissetzungsmacht sorgt für stabile Gewinne trotz Inflation
ASML Holding aus den Niederlanden ist der größte Produzent von Hightech-Systemen, die die Halbleiterindustrie zur Produktion von Chips und anderen Schaltkreisen benötigt. Der Kundenkreis umfasst die weltweit größten Halbleiterhersteller. ASMLs starke Marktpositionierung spiegelt sich in den Geschäftszahlen 2021 mit einem Umsatzwachstum von 33 Prozent und einer operativen Marge von 35 Prozent wieder. Auch an ASML ist, die immense Preis- und Lieferzeitsteigerung für Vorprodukte nicht spurlos vorbeigegangen. Doch die Auswirkungen erachten wir als zeitlich begrenzt. Danach sollten die hohe operative Marge und die hohe Preissetzungsmacht wieder für stabile Gewinne sorgen, trotz Inflation.
Booking Holding, ein Global Player mit steigender Kapitalrendite
Und Booking Holdings - das Unternehmen ist ein echter Global Player in der Tourismusbranche. Diverse Plattformen wie Booking.com, KAYAK, Rentalcars.com und OpenTable bieten Hotel- und Restaurantreservierungen, Flugtickets oder Mietwagen an. Sogar das Corona-Krisenjahr 2020 schloss der Online-Reiseanbieter noch mit einem kleinen Gewinn ab. Dieses Geschäftsjahr wird ein Rekordumsatz von ca. 17 Mrd. Dollar erwartet. Der Blick auf die Ertragskraft zeigt die Stärke von Booking Holdings. So stieg nach der Corona-Krise die Kapitalrendite auf zuletzt 5,1 Prozent wieder deutlich an.
Sollte man jetzt, mitten in der Krise, also schon „all in“ gehen? Wahrscheinlich nicht - aber erste Positionen aufbauen? Warum nicht!
Frank Fischer, CEO & CIO der Shareholder Value Management AG