Es ist schon paradox: Da kämpft die Welt mit jeder Menge Problemen, Unsicherheiten und kriegerischen Auseinandersetzungen, doch was macht die Börse? Sie tanzt von Rekord zu Rekord!
Goldman Sachs und Morgan Stanley sind äußerst bullish
Was spricht für den Optimismus? Zum einen, dass die Unternehmensgewinne in den USA wohl steigen werden, denn der designierte US-Präsident Donald Trump hat versprochen: „Sobald ich im Amt bin, werden die Unternehmenssteuern sinken.“ Damit steigen die Gewinne der Unternehmen und die Bewertungen gehen nach unten. Goldman Sachs erwartet deshalb den S&P 500 im kommenden Jahr bei 6,500 Punkten. Morgan Stanley geht sogar noch weiter: Im Idealfall könne es sogar bis auf 7,400 Punkte nach oben gehen. Das wären rund 25 Prozent vom derzeitigen Rekordhoch. Wie gesagt: „Im Idealfall“ - den es aber an der Börse nur selten gibt.
Zölle, Zölle, Zölle – und dazu noch die „Trumpflation“
Denn auf der anderen Seite liegt in der Steuersenkung auch eine Gefahr. Woher will Trump die Gelder nehmen, um all seine anderen Vorhaben zu finanzieren? Antwort: Die Staatsverschuldung wird steigen. Und die Inflation. Wenn die Menschen mehr Geld in den Taschen haben, werden sie kauffreudiger, was wiederum zu steigenden Preisen führt. Das hat zur Folge, dass die US-Notenbank die Zinsen hochhalten muss. Es ist die schon heute berühmt-berüchtigte „Trumpflation“, die schon bald für Unruhe sorgen könnte.
Hinzu kommen die geopolitischen Spannungen. Trump will sich – wie gesagt - mit seiner Zollpolitik mit China anlegen. Aber auch die Europäer werden nicht ungeschoren davonkommen. Doch zuletzt zeichnet sich ab, dass die Zölle nicht allzu schnell angehoben werden, um dann mit Mexiko, Kanada, China und Europa eine bessere Verhandlungsebene zu haben. Hier wird man abwarten müssen.
Dann die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und im Nahen Osten. Und irgendwie beschleicht einen das ungute Gefühl, dass schon bald neue Brandherde entstehen könnten.
Wird Europa noch weiter abgehängt?
Wie werden sich die europäischen Märkte in diesem Umfeld schlagen? Wie es aussieht, werden sie zumindest kurzfristig von den USA weiter abgehängt. Die Konjunktur läuft sehr schleppend und Wachstum ist nur in weiter Ferne zu erahnen. Doch gibt es einige Sektoren, die durchaus überzeugen können.
Versicherer und Rückversicherer überzeugen
Wir favorisieren derzeit Versicherer und Rückversicherer. So ist die norwegische Storebrand die Top-Aktie im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und auch im Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value prominent vertreten. Aber wir sind auch in der Allianz, der Munich Re und der französischen Versicherungsgruppe SCOR investiert. Der Münchner Rückversicherer wie auch die Hannover Rück können mit beindruckenden Bilanzen glänzen. Sie profitieren weiterhin von hohen Zinseinnahmen, aber auch von ihrer Preissetzungsmacht. Durch den Klimawandel erleben wir immer mehr Überschwemmungen, Wirbelstürme und ähnliche Katastrophen. Das verursacht enorme Schäden. Auf der anderen Seite haben die Rückversicherer dadurch aber auch die Möglichkeit, ihre Policen immer höher zu bepreisen. Und das wird sich so schnell wohl auch nicht ändern.
Und Deutschland? Ist besser als erwartet, wenn man die Autowerte ausklammert!
Wie gerade erwähnt, haben wir einige deutsche Versicherungstitel in unseren Portfolios. Wie man insgesamt feststellen muss, dass sich deutsche Aktien besser schlagen, als weithin befürchtet. Die Konjunktur lahmt. Ja. In manchen Bereichen kommt es zu Massenentlassungen. Ja. Aber der DAX notiert nicht weit von seinem Allzeithoch entfernt. Wie passt das zusammen? Das Handelsblatt hat vor Kurzem eine gute Erklärung gefunden: 14,4 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum haben die 40 Dax-Konzerne im abgelaufenen dritten Quartal verdient. Das Minus haben die drei großen Autobauer zu verantworten, deren Quartalsgewinn um 67 Prozent einbrach. Ohne BMW, Mercedes und VW indes sieht die Bilanz ganz anders aus. Klammert man die drei aus, verzeichneten die größten Börsenkonzerne Deutschlands im dritten Quartal ein Gewinn-Plus von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das kann sich doch durchaus sehen lassen.
Von Frank Fischer, Vorstandsvorsitzender und Chief Investment Officer bei Shareholder Value Management AG