Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger hatte recht: „Es kann gefährlich sein, Amerikas Feind zu sein, aber Amerikas Freund zu sein ist fatal.“ Diesen Eindruck belegt US-Präsident Donald Trump derzeit fast jeden Tag.
Kaum noch Unterschiede zwischen Freund und Feind
Aber wer ist Amerikas Freund? Kurz gesagt, wer Amerikas Weltherrschaft akzeptiert, wer sich außenpolitisch und militärstrategisch unterordnet und seine Märkte seinen Konzernen öffnet. Wer das nicht tut, wird als Feind angesehen. Aus Trumps Sicht ist das derzeit fast die ganze Welt. Und Trump hat die Macht, das auch zu demonstrieren, wie das Zoll-Chaos zeigt. Dass er damit seinem eigenen Land besonders schadet, scheint für ihn irrelevant zu sein. Dabei sind die Fakten schon fast dramatisch: So ist der Indexwert für das Verbrauchervertrauen in den USA im März auf 57,9 Punkte gesunken, 6,8 Punkte niedriger im Vergleich zum Vormonat. Und nach Berechnungen der Universität Yale könnten die Zölle für das laufende Jahr zu einem langfristigen Kaufkraftverlust von durchschnittlich 2.700 Dollar pro US-Haushalt führen. Dazu kommt, dass auch die US-Notenbank ein düsteres Bild zeichnet. Schon in der Vergangenheit hatte sich Trumps Erzfeind, Fed-Chef Jerome Powell, negativ zu US-Zöllen geäußert. Nun warnte er erneut: Die Folgen des Zollstreits könnten "größer als erwartet" sein. Dazu gehöre eine höhere Inflation, wie auch negative Auswirkungen auf den US-Arbeitsmarkt.
Kerngeschäft der Versicherungen kaum betroffen
Trumps radikale Zollpolitik hat eine neue Realität an den globalen Börsen geschaffen. Da hilft es eigentlich nur, sich auf Dinge zu konzentrieren, die man einschätzen kann. Wir sind derzeit bei unseren Mandaten wie dem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und dem Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value in europäischen Versicherern und Finanzdienstleistern relativ hoch gewichtet. Denn die liefern keine Güter in die USA, sondern bieten ihre Produkte und Dienstleistungen direkt in den USA vor Ort an, wenn sie denn jenseits des Atlantiks vertreten sind. So halten wir in den Portfolios Positionen von der Allianz, Munich Re und dem französischen Versicherer SCOR, sowie der norwegischen Storebrand-Gruppe. Diese sind zum Teil Rückversicherer, aber auch in den Bereichen Primärversicherungen, Investment und Bankgeschäften tätig.
Chancen und Risiken
Klar, haben auch die Aktienkurse der Versicherer im Zuge der jüngsten Marktturbulenzen gelitten. Doch ihr Kerngeschäft, der Verkauf von Lebens-, KFZ-, oder Vorsorgeversicherungen ist von den Zöllen kaum betroffen. Der Cashflow ist weitgehend stabil und die Renditen im Regelfall hoch. Wobei man aber auch die Risiken nicht außer Acht lassen sollte. Zum einen leiden die Vermögensverwaltungstöchter unter den gesunkenen Assets under Management. Und dann, so die Allianz in einer Studie, ist mit einer zunehmenden Zahl an Insolvenzen durch die Zölle zu rechnen. Das bedeutet Kreditausfälle, die zum Teil versichert sind. Und last but not least sind Versicherer zumeist mehr von der konjunkturellen Entwicklung betroffen als andere.
Versicherer durch die Kursturbulenzen wieder günstiger bewertet
Doch, wir sehen eher die Chancen als die Risiken. Zum einen sind die Kurse der Versicherungen zurückgekommen und damit die Bewertungen wieder günstiger. So liegt das KGV bei der Allianz bei moderaten 13,8, das der Munich Re bei rund 14. Und das langfristige Kursgewinnverhältnis bei SCOR beträgt gerade mal 5.
Das sind selbstverständlich alles keine Garantien für steigende Kurse, aber die Konzerne sind allesamt finanziell gut aufgestellt und verfügen über eine ausreichende Substanz, dass sie die aktuelle Situation gut meistern können. Und, Hand aufs Herz, wir werden auch in Zukunft Versicherungen benötigen – und Rückversicherungen ebenfalls. Damit sehen wir uns im aktuellen Marktumfeld gut aufgestellt. Und sollte sich der Sturm um Trumps Zölle irgendwann mal wieder legen, dann sollten Europas Versicherungen und Finanzdienstleister davon überproportional profitieren.
Von Frank Fischer, Vorstandsvorsitzender und Chief Investment Officer bei Shareholder Value Management AG