Der „Schwarze Schwan“ schwamm nur kurz vorbei, hinterließ aber einen heftigen Eindruck: Als der Jetzt-Bundeskanzler Friedrich Merz den ersten Wahlgang unerwartet verlor, sackte der DAX sofort deutlich ab. Mit dieser Niederlage hatte (fast) niemand gerechnet, nicht im Bundestag – und auch nicht an der Börse.
Viele Probleme – Damoklesschwert Zollpolitik
Die Angst ging um, dass es keine Bundesregierung gibt. Verunsicherung allerorten. Das Vertrauen war verspielt, bevor es überhaupt aufgebaut werden konnte. Die Umsetzung der Milliardenpläne für Infrastruktur und Rüstung lag in der Schwebe. Kein guter Start. Auch nach dem erfolgreichen zweiten Wahlgang, in dem Merz dann endlich gewählt wurde, erholten sich DAX & Co. nicht wieder, auch wenn die Verluste geringer ausfielen. Nun heißt es also warten. Warten auf das, was die neue Regierung von ihren Plänen zur Belebung der Wirtschaft umsetzen wird. Denn die Probleme sind vielfältig. In Europa, aber auch weltweit. Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump schwebt noch immer als Damoklesschwert über den Märkten, auch wenn sich eine leichte Entspannung zwischen Peking und Washington andeutet. Aber ausgestanden ist die Sache noch lange nicht. Und die Rezessionsgefahr ist jenseits des Atlantiks auch noch nicht ausgestanden.
Auf der anderen Seite gibt es auch positive Signale aus den USA. Denn etwas optimistischer als im Marktkonsens erwartet blicken die US-Dienstleistungsunternehmen in die nahe Zukunft. Der ISM-Index erhöhte sich von 50,8 auf 51,6 – erwartet worden war im Marktkonsens ein Rückgang auf 50,2 Punkte. Damit bleibt der Index über der 50-Punkte-Marke und signalisiert leichtes Wachstum im Servicesektor. Einen weiteren Hinweis auf eine anhaltend robuste Entwicklung geben die Unterindizes für Neuaufträge und für die Beschäftigung, die stärker als prognostiziert zulegten.
Powell, der „Totalversager“, lässt Trump zappeln
Die US-Notenbank Fed wird das weiterhin genau beobachten. Entsprechend hat die Fed den Leitzins wie erwartet unverändert bei 4,25 bis 4,50 Prozent belassen, wo er bereits seit Dezember liegt. Laut Fed-Chef Jerome Powell haben die Währungshüter keine Eile, die Leitzinsen anzupassen. Dabei stehen sinkende Leitzinsen auf dem Wunschzettel von Donald Trump weit oben. Doch der Notenbankchef, den Trump auch schon als „Totalversager“ beschimpfte, ignoriert das geflissentlich. Stattdessen betont er die Risiken von Trumps Politik. "Wenn die angekündigten starken Zollerhöhungen beibehalten werden, dürften sie zu einem Anstieg der Inflation, einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen", sagte Powell nach der Zinsentscheidung. "Die Auswirkungen auf die Inflation könnten nur von kurzer Dauer sein und eine einmalige Verschiebung des Preisniveaus widerspiegeln", führte er aus. Es sei jedoch "auch möglich, dass die inflationären Effekte stattdessen länger anhalten". Da wusste er aber noch nichts vom ersten Zoll-Deal zwischen den USA und Großbritannien, der immerhin als kleiner Hoffnungsschimmer im ganzen Zoll-Chaos gesehen werden kann.
Deutsche Wirtschaft wächst (leicht) – USA schrumpfen
Auf der anderen Seite kommt hinzu: Während die Wirtschaft in Deutschland im ersten Quartal leicht zulegen konnte, ist sie in den USA geschrumpft, und zwar auf das Jahr hochgerechnet um 0,3 Prozent. Im Schlussquartal 2024 war das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 2,4 Prozent gewachsen. Die Konsumausgaben stützten mit einem Anstieg um annualisiert 1,8 Prozent die Konjunktur, wohingegen das Rekorddefizit im Handel mit Gütern und Dienstleistungen aufgrund von Vorzieheffekten vor den im April verkündeten Zollerhöhungen das BIP-Wachstum um 4,8 Prozent dämpfte. Während die US-Wirtschaft sich schwächer als erwartet entwickelte, übertraf die Inflation gemessen an der Kernrate der persönlichen Konsumausgaben (PCE) die Prognosen. Sie stieg im ersten Quartal um 3,5 Prozent nach einem Plus von 2,6 Prozent im Vorquartal.
Europa übergewichtet – aber die USA nicht abschreiben
Deshalb haben wir in den Portfolios unseres Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und des Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value auch Europa übergewichtet. Vor allem Versicherungen wie die französische SCOR, die Allianz oder auch die Münchener Rück bilden hier einen Schwerpunkt, aber auch Unternehmen wie Croda, Diploma oder Scout24 sind dort zu finden.
Aber man sollte die USA nicht abschreiben und vielleicht sogar Warren Buffett, dem scheidenden CEO von Berkshire Hathaway, folgen. Er ist äußerst optimistisch für die Zukunft der USA. Mit einer bildhaften Formulierung unterstrich er seine Überzeugung: "Wenn ich heute geboren würde, würde ich im Mutterleib so lange verhandeln, bis man mir sagte, ich dürfe in die Vereinigten Staaten kommen. "Wir haben alle ziemlich viel Glück." Er bezeichnete die USA als den bei weitem besten Ort und die beste Zeit zum Leben. Da stört ihn auch Trump, den er wegen dessen Zollpolitik heftig kritisiert, nicht wirklich. Schließlich wird Buffett demnächst 95 Jahre alt – und hat schon viele US-Präsidenten kommen und gehen sehen.
Von Frank Fischer, Vorstandsvorsitzender und Chief Investment Officer bei Shareholder Value Management AG