Vor etwas mehr als einem Monat prägte der von Donald Trump ausgelöste Zollschock die Finanzmärkte maßgeblich. Die Verunsicherung war groß, zahlreiche Aktien verzeichneten Wertverluste von 20 Prozent und mehr. Insbesondere die Strafzölle gegen China, die in einigen Produktkategorien bis zu 150 Prozent erreichten, sorgten für erhebliche Turbulenzen.
Inzwischen, nur vier Wochen später, hat sich die Situation merklich beruhigt. Erste Gespräche zwischen den USA und China signalisieren eine deutliche Entspannung. Es zeigt sich, dass die USA ihre Machtposition im Handelsstreit mit dem aufstrebenden asiatischen Land nicht uneingeschränkt ausspielen können. China verfügt über eine starke Position bei wichtigen Gütern wie Computerchips und seltenen Erden. Ein Lieferstopp hätte zur Folge, dass zahlreiche US-Produktionsstätten zum Stillstand kämen. Kurzfristig mag dies verkraftbar sein, doch um einen kompletten Einbruch der US-Wirtschaft zu verhindern, sind schnelle Lösungen unerlässlich.
Stimmungsaufhellung bei globalen Fondsmanagern
Wie wird denn die aktuelle Marktlage von den Investment-Profis eingeschätzt? Darauf liefert die globale Fondsmanager-Umfrage der Bank of America monatlich Antworten. Die Mai-Umfrage hat jetzt eine weniger pessimistische Anlegerstimmung im Vergleich zum April gezeigt, wenn auch immer noch allgemein düster. Das gilt insbesondere in Bezug auf US-Vermögenswerte.
Die Umfrage, die teilweise vor der Ankündigung der Handelsgespräche zwischen den USA und China in Genf durchgeführt wurde, zeigt, dass die Anleger ihre Barbestände reduzierten, eine geringere Wahrscheinlichkeit einer Rezession einschätzten und sich auf Technologie konzentrierten.
Zu den wichtigsten Erkenntnissen gehören:
- Makroausblick: Die Anleger sind weniger pessimistisch, was das globale Wachstum und die Rezession angeht, wobei eine "weiche Landung" zum Konsens wird.
- Politik: Der Handelskrieg bleibt das größte Extremrisiko und die wahrscheinlichste Ursache für ein Kreditereignis. Die meisten erwarten zwei bis drei Zinssenkungen der Fed im Jahr 2025 und glauben, dass die US-Steuersenkungen das Defizit erhöhen werden.
- Asset-Allokation: Anleger sind in US-Dollar (auf dem höchsten Niveau seit Mai 2006) und US-Aktien (auf dem höchsten Niveau seit Mai 2023) untergewichtet, während sie Aktien aus der Eurozone (am stärksten seit Oktober 2017) und Large-Cap-Aktien übergewichten. Es gab eine deutliche Rotation in Richtung Technologie- und Industriewerte, die durch Umschichtungen aus den Branchen Grundnahrungsmitteln, Gesundheitswesen und Energie finanziert wurde. "Long-Gold" gilt, als der am stärksten frequentierte Trade und auch als der am stärksten überbewertete seit 17 Jahren.
Insgesamt hat sich die rückläufige Stimmung gegenüber den extremen Niveaus vom April zwar etwas entspannt, aber die Anleger bleiben vorsichtig, da die Handelssituation zwischen den USA und China weiterhin ein großes Problem darstellt. Die positive Entwicklung der Gespräche zwischen den USA und China nach Abschluss eines Teils der Umfrage deutet auf das Potenzial für weitere Stimmungsumschläge hin.
Diese Umfrageergebnisse spiegeln wider, dass die ausgeprägte Nervosität an den Märkten nachgelassen hat. Obwohl von Euphorie oder neuen Rekordständen in den USA noch keine Rede sein kann, haben breite Indizes zuletzt wieder spürbar zugelegt. Ein Beispiel hierfür ist die Aktie von Nvidia: Der bedeutende KI-Wert erlebte eine volatile Kursentwicklung. Nach einem Rekordhoch im Februar fiel der Kurs zeitweise um 43 Prozent, um anschließend wieder um 55 Prozent anzusteigen.
Kein kompletter Favoritenwechsel, aber Anpassungen bei der US-Gewichtung
Trotz dieser Erholung findet an den Börsen kein vollständiger Wechsel der bevorzugten Anlageregionen statt. Vielmehr ist eine Normalisierung der US-Gewichtung in vielen Indizes zu beobachten. So sank der Anteil der USA im MSCI World von über 72 Prozent Anfang 2025 auf aktuell 70,3 Prozent.
Anleger sollten daher weiterhin die Wall Street im Auge behalten, könnten aber erwägen, den Anteil europäischer Aktien in ihren Portfolios leicht zu erhöhen. Dafür sprechen zwei Hauptgründe:
- Europäische Aktien sind im Vergleich zu US-Titeln deutlich günstiger bewertet.
- Mittelfristig (auf Sicht von mindestens sechs Monaten) dürften die umfangreichen Investitionsprogramme der EU und Deutschlands positive Effekte zeigen.
Nichtsdestotrotz bleibt das Thema Zölle eine potenzielle Belastung. Trotz der aktuellen Entspannungssignale zwischen den USA und China sind viele Zölle lediglich ausgesetzt. Die Trump-Administration muss erst noch beweisen, dass sie in der Lage ist, nachhaltige Handelsabkommen mit verschiedenen Ländern zu schließen.
Die vergangenen Handelstage brachten aber eine klare Entspannung bei dem Thema – das sehen auch die Experten von SEB Strategy Weekly so, die vor allem die weiteren Folgen der Zölle genauer unter die Lupe genommen haben.
So gab es eine Erleichterung von der Zollunsicherheit: Globale Aktien, insbesondere US-Aktien, erlebten aufgrund der Deeskalation des Handelskriegs zwischen den USA und China einen Aufschwung, insbesondere da "Trump von den extremen China-Zöllen Abstand nimmt", was die Befürchtungen vor einem "plötzlichen Stopp" milderte.
Gleichzeitig spielt sich eine Verschiebung hin zu wirtschaftlicher Unsicherheit ab: Von den direkten Zöllen geht es hin zur Unsicherheit über die Reaktion der Wirtschaft auf diese Zölle. Während die unmittelbare Bedrohung durch extreme Zölle abgeklungen ist, wird es Monate dauern, bis sich die wirtschaftlichen Auswirkungen vollständig bemerkbar machen.
Wirtschaftliche Folgen der Zölle noch unklar
Und welche Auswirkungen haben diese Verschiebungen auf die angekündigten US-Zölle: Die SEB-Experten schätzen, dass ein durchschnittlicher Zollsatz von 10 Prozent das US-BIP um 1,5 verringern und die Inflation um knapp 1 Prozent erhöhen wird.
Die Analyse der SEB-Experten umfasst auch die Auswirkungen von Zöllen, die "untersucht werden" und "angedroht und ausgesetzt" wurden, was zu einem deutlicheren negativen Einfluss auf das BIP und einem stärkeren Anstieg der Verbraucherpreise führt, wenn diese Zölle eingeführt würden.
Konkret kommt es jetzt schon zu Handelsstörungen: Es hat sich gezeigt, dass die Verhängung von Zöllen den Handel zwischen den USA und China gestört hat, was zu einem Rückgang der Buchungen geführt hat. Nach der Tarifpause beginnen sich die Buchungen jedoch schon rasch zu erholen.
Im Wesentlichen betonen die SEB-Experten, dass die Erleichterung der unmittelbaren Zolleskalation spürbar ist. Sie warnen aber vor den anhaltenden wirtschaftlichen Folgen der bereits geltenden Zölle und dem Potenzial für weitere wirtschaftliche Störungen. Grundsätzlich wird uns das Thema Zölle wohl noch längere Zeit beschäftigen – wenn nicht sogar in Atem halten.
Von Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege bei Shareholder Value Management