Der mittelfristige Ausblick für die globalen Finanzmärkte wird durch fünf miteinander verwobene Trends bestimmt: Überschuldung, Alterung der Gesellschaft, technologischer Wandel, Entglobalisierung und wachsender Populismus. In den kommenden Jahren werden diese Trends wahrscheinlich zu einer außergewöhnlichen Umwälzung der globalen Wirtschaftspolitik führen.
Viele dieser Trends sind jetzt schon spürbar. Das gilt insbesondere für den Populismus, der in ganz Europa auf dem Vormarsch ist.
Europawahlen: Spitze des Eisbergs
So dürften beispielsweise die Europawahlen in dieser Woche einen deutlichen Anstieg des Stimmenanteils für populistische Parteien mit sich bringen. Wie so oft in Europa wird dieser Wahlausgang wahrscheinlich keinen unmittelbaren politischen Wandel einläuten. Aber es wird die dringend benötigte engere Integration erschweren und zugleich die immer größer werdende Kluft zwischen Europas Bürgern und der politischen Führung verdeutlichen.
Die Europawahlen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs, was den Populismus betrifft. Wichtiger ist der anhaltende Handelskrieg zwischen den USA und China. Er hat das globale Wachstum bereits gebremst, ist aber vor allem ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Regeln für den Welthandel ändern werden. Die globale Handelsintegration hat wahrscheinlich den Zenit überschritten, während der Druck für eine Entglobalisierung und gerechtere Verteilung des Reichtums rasch steigt.
Von nationaler Politik bis zu Inflationsdruck
Weitere wichtige Veränderungen sind auf nationaler Ebene im Gange. In Großbritannien hat die konservative Regierung unter der Belastung durch Brexit erheblich an Zustimmung verloren, was das Risiko einer vorgezogenen Wahl und möglicherweise eines Sieges für eine Labour-Regierung mit einer populistischen Agenda erhöht. In den USA gibt es wachsende Unterstützung für einst undenkbare Ansätze wie die Moderne Geldtheorie, die unweigerlich zu stärkeren staatlichen Interventionen führen würden. Es mehren sich zudem die Anzeichen dafür, dass die Fed bald aktiv eine höhere Inflation anstreben könnte.
Wie der Brexit und der Handelsstreit zwischen den USA und China zeigen, ist es eine nahezu unmögliche Aufgabe, genau vorherzusagen, wie sich jedes populistische Ereignis entwickelt. Aber wir können einige allgemeine Beobachtungen festhalten. Am wichtigsten ist, dass nach einem Zeitraum von 40 Jahren, in dem sich das Kapital gegenüber dem Faktor Arbeit entscheidend durchgesetzt hat, die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die globale Wirtschaftspolitik wieder in eine viel weniger unternehmensfreundliche Richtung verlagern wird. Das wird nicht nur die Konjunktur belasten, sondern auch die Inflation höher treiben. Und darauf sind die Märkte derzeit nicht vorbereitet.