Nachhaltigkeit finanzieren: Banken stehen im Mittelpunkt

Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen Welt wären ohne Banken und deren Mithilfe bei grünen und nachhaltigen Anleihen nur schwer möglich. AllianceBernstein | 16.09.2023 11:55 Uhr
Markus Peters, Director of Fixed Income Business Development and Strategy—Responsible Investing bei AllianceBernstein / © e-fundresearch.com / AllianceBernstein
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Während sich Unternehmen wie Anbieter erneuerbarer Energien und Hersteller von Elektrofahrzeugen im Rampenlicht sonnen, bleibt ein ganzer Sektor, der den Wandel zu einer nachhaltigen Welt vorantreibt, weitgehend unbemerkt. Das sind die Banken, unverzichtbare Kapitalgeber und entscheidende Akteure des Wandels.

Fragt man einen typischen Anleger nach den führenden Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit, so wird man wahrscheinlich eine Reihe von Namen aus den Bereichen Technologie und Konsumgüter hören. Das ist verständlich, denn viele der Spitzenreiter an den Aktienmärkten kommen aus diesen Sektoren. Aber auch für festverzinsliche Anleger sollten die Banken der Welt ganz oben auf der Prioritätenliste stehen.

Banken sind für die nachhaltige Entwicklung von zentraler Bedeutung

Finanzunternehmen sind große Emittenten auf den globalen Anleihenmärkten und daher wichtige Bestandteile der festverzinslichen Benchmarks. Das macht sie zu einem wichtigen Bestandteil der meisten festverzinslichen Portfolios. Festverzinslichen Anlegern steht eine Reihe von Anleiheninstrumenten zur Verfügung, die sich über die gesamte Kapitalstruktur einer Bank erstrecken (im Gegensatz zur relativ begrenzten Auswahl an Bankaktien für Aktionäre). Nachhaltige Anleiheninvestoren können zwischen konventionellen Anleihen von Banken – sowohl vorrangigen als auch nachrangigen Schuldtiteln – und grünen, sozialen oder Nachhaltigkeitsanleihen (GSS) wählen.

Banken stellen Kapital für bestimmte grüne oder soziale Projekte zur Verfügung, die mit nachhaltigen Zielen verbunden sind, und entscheiden sich regelmäßig dafür, diese mit GSS-Anleihen zu finanzieren. Laut Bloomberg wurden Ende 2022 weltweit 367 Milliarden US-Dollar ausgegeben.

In den meisten Ländern sind in der Regel die Banken – und nicht die Kapitalmärkte – die Hauptquelle für Kredite. Damit sind die Banken nicht nur für die Umstellung auf saubere Energie und für Initiativen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes von zentraler Bedeutung, sondern auch für umfassendere positive soziale Veränderungen.

Das Streben der Banken nach Nachhaltigkeit ist ein globales Phänomen

Während europäische Banken bei nachhaltigen Finanzierungsinitiativen und der Emission von GSS-Anleihen eine Vorreiterrolle einnehmen, zeigen die folgenden Beispiele, wie sich bewährte Praktiken der nachhaltigen Kreditvergabe in der gesamten Bankenwelt verbreitet haben:

Frauengleichstellung. Die Bank of Montreal (BMO) leistete Pionierarbeit bei Anleihen zur Förderung des weiblichen Unternehmertums und emittierte 2021 eine Women-in-Business-Sozialanleihe, die auf das UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG) 5: „Gleichstellung der Geschlechter“, SDG 8: „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ und SDG 10: „Verringerung der Ungleichheit“ ausgerichtet ist. Die Erlöse werden an von Frauen geführte Unternehmen, einschließlich Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe, vergeben, wobei das erklärte Ziel darin besteht, eine integrative Gesellschaft ohne Barrieren und eine florierende Wirtschaft zu unterstützen, indem die Unterstützung für von Frauen geführte Unternehmen in Kanada verdoppelt wird.

Entwicklungstreiber. Itaú, eine große brasilianische Privat- und Geschäftsbank, war ein Vorreiter bei der Einführung von GSS-Anleihen in den Schwellenländern. Ihre nachhaltige Anleihe ist flexibel und finanziert erneuerbare Energien, Kleinstunternehmen und mittelständische Unternehmen in den ärmsten Regionen Brasiliens. Diese Anleihe dient als Vorlage für eine Partnerschaft zwischen Itaú und der International Finance Corporation (einer Abteilung der Weltbank), um weitere sozial orientierte Mittel nach Brasilien zu leiten. Die Anleihe steht in engem Zusammenhang mit SDG 8: „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“.

Übergang von Bankkrediten zu grünen Anleihen. Weltweit gibt es viele Beispiele für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, die zunächst von Banken finanziert und dann auf den Anleihenmärkten refinanziert werden. So unterstützte die Citibank seit Ende der 1990er-Jahre CMI Energía (den größten Stromerzeuger aus erneuerbaren Energien in Mittelamerika) mit Bankkrediten in der Anfangsphase des Unternehmens. Die Kraftwerke für erneuerbare Energien sind relativ klein, und ihr individueller Finanzierungsbedarf kann eine grüne Anleihe nicht rechtfertigen. Nach einer Reihe von Krediten an CMI Energía zeichnete die Citibank im Jahr 2021 eine grüne Anleihe in Höhe von 700 Millionen US-Dollar auf den Kapitalmärkten. Dadurch konnte die Bank ihre Bilanz entlasten und weitere Kredite für nachhaltige Zwecke sowohl an CMI Energía als auch an andere Unternehmen vergeben.

Nachhaltigkeit fängt zu Hause an

Umweltbewusste Banken sind führend bei der Dekarbonisierung ihres eigenen Betriebs und ihres Kreditbuchs sowie bei der Beratung und Finanzierung der nachhaltigen Entwicklung ihrer Kunden. Niederländische Banken haben in vielerlei Hinsicht eine Vorreiterrolle übernommen.

Die Rabobank zum Beispiel legt jetzt explizite Kriterien für die Bereitstellung grüner Finanzierungen fest. Die Bank besteht darauf, dass Gebäude, die vor 2020 gebaut werden, „zu den besten 15% des nationalen Gebäudebestands auf der Grundlage des Primärenergiebedarfs gehören müssen“ oder, falls sie nach 2020 gebaut werden, einen Energieverbrauchswert aufweisen müssen, der „mindestens 10% unter dem Schwellenwert für die Anforderungen an Niedrigstenergiegebäude (,NZEB‘) auf dem lokalen Markt liegt“. Die sehr direkten und spezifischen Regeln der Rabobank stehen im Gegensatz zu den eher nebulösen Anforderungen an die Verwendung der Erlöse, die wir bei den jüngsten grünen Anleihenemissionen von Industrieunternehmen beobachten konnten.

Auch der lokale Konkurrent ING verfolgt eine umfassende nachhaltige Politik sowohl für die Unterstützung ihrer Kunden als auch für ihr eigenes Kreditbuch, die durch konkrete Ziele untermauert wird: eine 50-prozentige Steigerung der neuen Finanzierungszusagen für erneuerbare Energien bis Ende 2025 im Vergleich zu 2021; 100% ihres Gewerbeimmobilienportfolios sollen bis 2030 ein A-Energielabel haben; und der gesamte Kreditbestand soll bis 2050 oder früher Klimaneutralität erreichen.

Ein weiteres Beispiel: ABN AMRO ist ein Vorreiter bei der Senkung der Kreditkosten für ihre Geschäftspartner, die sich Geld für Umweltzwecke leihen. Die Bank verpflichtet sich, das „Greenium“ (das heißt die Kosteneinsparungen aus der Emission grüner und anderer ESG-zertifizierter Anleihen zu vorteilhaften Renditen) an die zugrunde liegenden Kreditnehmer weiterzugeben, was deren Gesamtprojektkosten verringert.

Viel erreicht, noch viel zu tun

Sicherlich leisten auch andere Finanzdienstleister einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Aber globale Banken sind von zentraler Bedeutung für die Weltwirtschaft und spielen eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung von Schwellen- und Industrieländern. Und die Banken haben eine unübertroffene Reichweite: Geschäftsbanken in öffentlichem Besitz können regionale Unternehmen unterstützen, die für die Kapitalmärkte zu klein sind, während multilaterale Entwicklungsbanken, die ohne öffentliches Eigenkapital arbeiten, Entwicklungsländern günstige oder kostenlose Kredite und/oder Kredite für nachhaltige Zwecke zur Verfügung stellen können. Die jüngste Galapagos-Anleihe zum Schutz der Meere („Blue Bond“), die von Ekuador als Umschuldung von Schulden gegen Natur ausgegeben und durch eine Garantie der Interamerikanischen Entwicklungsbank und eine Versicherung gegen politische Risiken der U.S. International Development Finance Corporation unterstützt wurde, ist ein gutes Beispiel dafür.

Während umweltbewusste Banken bei der Förderung des nachhaltigen Fortschritts das Tempo vorgeben, muss noch viel getan werden, um bewährte Praktiken in diesem Sektor weltweit zu verbreiten. Investoren, die eine nachhaltige Welt anstreben, müssen mit dem Management der Banken zusammenarbeiten, um schnellere Fortschritte zu erzielen.

Von Markus Peters, Director of Fixed Income Business Development and Strategy—Responsible Investing bei AllianceBernstein

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