Nach seinem Erdrutschsieg in der ersten Wahlrunde im August galt die Wahl von Fernandez als wahrscheinlich. Allerdings ist das Rennen seitdem deutlich enger geworden, sodass die Sitzverteilung im Kongress zwischen den Peronisten und Macris Mitte-rechts-Koalition ausgewogener ist.
Vereinzelt wurde die Aufholjagd seit August als Zweifel der Wähler an einer Rückkehr zum Populismus der ehemaligen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner interpretiert. Kirchner schickte den relativ unbekannten Fernandez (keine verwandtschaftliche Beziehung) ins Rennen um das höchste Amt und kandidierte selbst als Vizepräsidentin.
Macri gilt weithin als marktfreundlich und konnte im vergangenen Jahr ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds aushandeln. Im Gegenzug für schnellere Steuerreformen stockte der IWF dabei das Kreditvolumen für Argentinien auf die Rekordsumme von 57 Milliarden US-Dollar auf. Trotz schlechter Zustimmungswerte vor der Wahl haben sowohl Macris Regierung als auch die Zentralbank weitgehend an dem Sparprogramm des IWF festgehalten.
Auf dem Weg zu Wirtschaftsreformen erbt Fernandez zahlreiche Probleme. Die Inflation liegt bei über 50%, Argentinien steht kurz vor seinem neunten Schuldenausfall. (Im August hat Standard & Poor's argentinische Staatsanleihen auf „Selective Default“, also teilweisen Zahlungsausfall, herabgestuft.) Um die Devisenreserven des Landes zu schützen, musste Macri neue Kapitalverkehrskontrollen einführen, was er zuvor abgelehnt hatte. Letzte Woche beschleunigte sich der Kapitalabfluss, sodass die Regierung die Kontrollen nochmals verstärken musste.
Anleger stehen unter Druck und versuchen, ihre Pesos abzustoßen. So ist ein als „Blue Chip Swap“ bekannter Offshore-Markt entstanden, der die Kapitalkontrollen umgeht. Mit diesem Swap können sie Peso-Positionen mit Abschlag zum offiziellen Wechselkurs umtauschen, und die strengeren Kontrollen werden diesem Markt wohl weiteren Auftrieb verleihen.
Bei einem Aufenthalt in Argentinien erfuhr das Global Income Team, Fernandez wolle einen harten Kreditausfall des Landes vermeiden. Nach Aussage seiner Berater strebt der neue Präsident vielmehr eine „marktfreundliche" Restrukturierung an.
Die Antworten auf unsere Fragen nach konkreten Plänen sind jedoch mit diesem Ziel nicht vereinbar. Anstatt die Steuerreform weiter voranzutreiben, die Macri gemeinsam mit dem IWF angestoßen hatte, spricht Fernandez von einer expansiveren Geldpolitik. Außerdem will er den Konsum ankurbeln, Preiskontrollen zur Eindämmung der Inflation einführen und mehrere Sozialhilfeprogramme ausbauen.
Fazit: Macri hatte das Erbe der gescheiterten peronistischen Politik angetreten und wollte die argentinische Wirtschaft auf ein neues Fundament stellen, was mit drastischen Einschnitten verbunden war. Noch ist unklar, wie viel Einfluss Kirchner haben wird. Dennoch drängt sich ein Zitat von William Faulkner auf: "Die Vergangenheit ist niemals tot. Sie ist noch nicht einmal vergangen."
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