Tatsächlich schwankt der Grad der Transparenz zwischen einzelnen Ländern jedoch erheblich – insbesondere in Schwellenländern. Für das Emerging Markets Team von Eaton Vance stellt die Identifizierung und Quantifizierung wesentlicher Komponenten wirtschaftlicher Transparenz eine wichtige Alpha-Quelle dar. Zudem können wir diese Informationen in einem größeren Kontext für ESG-Engagements (Umwelt, Soziales, Governance) nutzen, von denen aus unserer Sicht Regierungen, Emittenten und Anleger gleichermaßen profitieren können.
Die neue Eaton Vance Studie Economic Transparency means a creditworthy sovereign1 ergänzt die Literatur zu dem Thema und führt einen eigenen Index für wirtschaftliche Transparenz ein, der 130 Länder anhand mehrerer Kennzahlen bewertet, darunter Haushaltssaldo, Staatsverschuldung, Verbraucherpreise (CPI), Auslandsverschuldung, Beschäftigung, Lohnwachstum, Exporte und Inflation sowie Kommentare und aktuelle Meldungen von Zentralbanken, Parlamenten, Finanzministerien und Statistikbehörden.
Jeder Indikator wird anhand seiner Publikationsintervalle und Aktualität auf einer Skala von null bis vier eingestuft (Tabelle), die Länder werden auf der Grundlage der erreichten Punktzahlen bewertet. Zum Beispiel sollten Finanzministerien alle 30 Tage den Haushaltssaldo und Zentralbanken alle 21 Tage die Verbraucher- und Erzeugerpreise ausweisen. Statistikämter, wie das U.S. Bureau of Labor Statistics, sollten alle 45 Tage Zahlen zu Beschäftigung und Lohnwachstum vorlegen.
Bewertung der wirtschaftlichen Transparenz

Organisationen wie der IWF, die Weltbank und die OECD veröffentlichen ebenfalls Transparenzindizes, wir wollen Umfang und Tiefe dieses Prozesses sowie die Aktualität der Daten jedoch auf mehreren Wegen verbessern. Daher bildet der Eaton Vance Economic Transparency Index eine größere Anzahl von Ländern und Kennzahlen ab (z. B. Geld- und Fiskalpolitik) und soll jährlich und mit weniger Verzögerung aktualisiert werden.
Transparenz zahlt sich aus
Mit unserer Analyse wollten wir zeigen, dass der Markt diejenigen Ländern belohnt, die in unserem Index besser abschneiden. Bei Staatsanleihen zum Beispiel sollten Emittenten mit höheren Ratings niedrigere Risikoaufschläge zahlen und von Ratingagenturen besser bewertet werden als Länder mit niedrigerer Punktzahl.
Unsere Regressionsanalysen haben diese Zusammenhänge bestätigt (Grafik): Bei höherer Transparenz sinken die Spreads, das Rating steigt. Um Länder auf angemessener Basis zu vergleichen, haben wir eine Matrix von Kontrollvariablen verwendetet (u. a. Wirtschaftsleistung, wirtschaftliche Freiheit, Reserven) und erhalten so statistisch signifikante Ergebnisse (95% Konfidenz-Intervall).
Höhere Transparenz führt zu sinkenden Risikoaufschlägen und steigenden Ratings
Quelle: Stocker, M., E. Thornton, P. Tan, „Economic Transparency means a creditworthy sovereign“, Eaton Vance White Paper, Mai 2021.
An der Spitze unseres Rankings steht Deutschland, doch unter den Top 20 waren auch Schwellenländer stark vertreten: Litauen, die Ukraine und Armenien belegten die Plätze zwei, drei und vier; Georgien landete auf dem siebten Platz und damit vor den USA (Platz 9). Auch an anderer Stelle konnten wir überraschende Kontraste feststellen; so liegt etwa Russland nur knapp über dem Durchschnitt, jedoch noch vor Hongkong. Die Türkei, Bulgarien und Pakistan rangieren ebenfalls über dem Median und damit vor Japan. Saudi-Arabien und China dagegen lagen knapp unter dem Durchschnitt, aber noch vor Dänemark.
Wir glauben, dass wir anhand dieser Transparenzkennzahlen wahrscheinliche Bewertungsänderungen vorhersagen und so Alpha für unsere Kunden generieren können. Außerdem versprechen wir uns von diesem Prozess einen dauerhaften Vorteil, denn die Erfassung und Auswertung der Daten ist ein mühsamer, manueller Prozess, der eine eingehende Prüfung von Hunderten staatlicher Berichte voraussetzt. Nach unserer Beobachtung sind nur wenige Fondsmanager bereit, Zeit, Ressourcen und Fachwissen in dem Umfang zu investieren, der für eine derartige Untersuchung notwendig ist.
Inzwischen nutzen wir die Ergebnisse unserer Analysen auch als Grundlage für unsere ESG-Engagements mit staatlichen Repräsentanten. Belege für die Vorteile wirtschaftlicher Transparenz – sinkende Kreditkosten und bessere Ratings – sollten bei Regierungen auf positive Resonanz stoßen.
Fazit: Wir wollen das Bewusstsein für die Vorteile wirtschaftlicher Transparenz stärken, denn von mehr Transparenz profitieren Regierungen, Emittenten und Anleger gleichermaßen. Das Emerging Markets Team von Eaton Vance wird auch in Zukunft Transparenzkennzahlen nutzen, um bessere Anlageentscheidungen für unsere Kunden zu treffen.
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1 Stocker, M., E. Thornton, P. Tan, "Economic Transparency means a creditworthy sovereign", Eaton Vance White Paper, Mai 2021.