Degroof Petercam Fixed Income CIO: "Unkonventionell wird konventionell"

Degroof Petercam AM schätzt die Aussichten für die internationalen Anleihemärkte stabil ein, mit interessanten Festzinsanlagen in allen Bereichen. Die erwarteten Renditen werden Sektoren übergreifend von Staats- über Investment Grade- bis hin zu Hochzinsanleihen weiter zurückgehen. Unkonventionelle geldpolitische Strategien der Notenbanken machen die globale Diversifikation über alle Anleihesektoren weiterhin unerlässlich. DPAM | 15.05.2019 20:20 Uhr
Peter de Coensel, CIO Fixed Income, Degroof Petercam AM / © Degroof Petercam AM
Peter de Coensel, CIO Fixed Income, Degroof Petercam AM / © Degroof Petercam AM
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Deglobalisierung in vollem Gange

Der „America First“-Ansatz breitet sich weltweit aus. Dies verschiebt das Risikogleichgewicht eindeutig in Richtung einer rückläufigen Handels- und Investitionstätigkeit. Daten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank belegen, dass die Im- und Exporte in Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts bereits seit 2010 stocken. Die gerade stattfindende technologische Revolution, die noch nicht auf breiter Front für einen Produktivitätsschub sorgt, erfordert jedoch eine verbesserte Zusammenarbeit und Vertrauen unter den Wachstumsmotoren der Weltwirtschaft China, USA und Europa.

„Aber gerade dort tauchen viele Fragezeichen auf“, verweist Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei Degroof Petercam Asset Management (DPAM). „Populistische Politiker gewinnen immer häufiger Wahlen. Die Wahlergebnisse der vergangenen drei Jahre bestätigen rund um den Globus das Potenzial jener politischen Strategien, die moralische Grenzen suchen und austesten. Eine längerfristige Abwärtsanpassung des globalen Wachstumspotenzials ist an den Finanzmärkten jedoch nicht flächendeckend eingepreist.“

„Anleihen werden deshalb allerdings nicht auf die Handelsniveaus von vor 20 Jahren zurückgesetzt“, so der Rentenexperte. Vielmehr erwartet er weltweit stabile Anleihemärkte, mit interessanten Festzinsanlagen in allen Bereichen. Unterstützung dafür komme von der Zinsfront. Die Entscheidung der US-Notenbank vom Januar, in ihrem Zinszyklus eine längere Pause einzulegen, drückte im ersten Quartal 2019 die aktuelle und erwartete Volatilität an den Zins- und Kreditmärkten. Daran sollte sich vorerst wenig ändern. Und in Europa werden in den kommenden sechs Monaten die Beratungen über zinsfreie Bankkredite und die Möglichkeit einer Staffelung von Einlagesätzen auf der Tagesordnung der EZB stehen, um das anfällige EU-Bankensystem zu stützen.

„Zwar deuten die Terminpreise bei den Zinssätzen auf eine schwache Aufwärtsnormalisierung der langfristigen Renditen. Andererseits könnten Abwärtsüberraschungen bei der Inflation der positiven Dynamik, die die weltweiten Anleihenmärkte seit Anfang des vierten Quartals 2018 beflügelt, noch mehr Schub verleihen“, sagt Peter De Coensel.    

Entflechtung zwischen Finanzplätzen

Nicht nur beim Handel, auch an den Finanzplätzen ist eine abnehmende Interdependenz zu beobachten. Kann die Deglobalisierung somit auch die Kapitalströme treffen? Darauf deutet nach Ansicht des Renten-Chefs bei DPAM tatsächlich immer mehr hin: „Bei der inländischen Anlegerbasis in den USA kam es zu einem erheblichen Anstieg der Positionen in US-Staatsanleihen, die Interbankenmärkte in der Europäischen Union sind weiterhin dysfunktional, der Anteil italienischer Staatsanleihen in ausländischem Besitz fällt immer weiter und einige Schwellenländer verringern ihre Abhängigkeit vom US-Dollar.“

Anleger sollten auf einen anhaltenden Rückgang der erwarteten Renditen in allen Anleihesektoren von Staats- über Investment-Grade- bis hin zu Hochzinsanleihen gefasst sein. Die positive Dynamik bei Anleihen kehrte vor rund sechs Monaten an die Märkte zurück und hat noch viel Spielraum.

Die Deglobalisierung könnte zudem zu einer Fortsetzung des Aufwertungstrends beim US-Dollar führen. Der seitwärts tendierende USD-Index war zwischen 2001 und 2007, einer durch rasche Globalisierung und Deregulierung gekennzeichneten Phase, in einer deutlichen Baisse. Der Ausbruch der großen Finanzkrise lieferte dann ein falsches Signal für eine Trendumkehr. Die eigentliche Umkehr erfolgte erst im Jahr 2011. „Wir erkennen derzeit keine Anzeichen, die diesen Unterstützungstrend für den Dollar ändern könnten“, sagt der Manager des globalen Rentenfonds DPAM L Bonds Universalis Unconstrained.

Und ergänzt: „Die Zentralbanken konkurrieren weiterhin nicht um die Zinssätze, sondern in Bezug auf die Größe ihrer Bilanz. Daher ist die Bewertung der Währungen weniger durch Zinsdifferenzen als vielmehr durch unkonventionelle geldpolitische Strategien beeinflusst. Unkonventionell wird konventionell. Deshalb plädieren wir dafür, Investments über alle globalen Anleihesektoren hinweg zu diversifizieren. Das Potenzial von Euro-Staatsanleihen und der reifenden europäischen Investment-Grade- und Hochzinsmärkte schätzen wir weiterhin hoch ein. Engagements in verschiedenen Währungen sollten umsichtig, doch mit Zuversicht eingegangen werden. Schwellenländerstaatsanleihen in Lokalwährungen sind eine weitere wichtige Festzinskomponente für die Gesamtrendite von Anlegerportfolios.“ 

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