ESAs sehen Reformbedarf: Quo Vadis SFDR?

Die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten (SFDR) wird überprüft. Dazu haben die Europäische Kommission und die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) ihre Standpunkte dargelegt. Ophelie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer von DPAM, hat diese Ansichten untersucht. Wohin könnte sich die Verordnung entwickeln? DPAM | 10.10.2024 10:47 Uhr
Ophelie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer von DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM
Ophelie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer von DPAM / © e-fundresearch.com / DPAM

Die ESAs sehen Verbesserungspotenzial beim SFDR-Rahmen. Für Kleinanleger können Offenlegungen schwer verständlich sein. Sowohl ESAs als auch Kommission sind der Ansicht, dass Artikel 8 und Artikel 9 als „Gütesiegel“ für Nachhaltigkeit verwendet wurden, was das Risiko von Greenwashing und Fehlverkäufen birgt. Dieses Risiko soll gemindert werden durch:

  • Einführung eines Kategorisierungssystems und/oder eines Nachhaltigkeitsindikators für Finanzprodukte, um die Offenlegung zu vereinfachen und Nachhaltigkeitsprofile von Produkten für Kleinanleger verständlicher zu machen
  • Überprüfung der Definition von „nachhaltigem Investment“ gemäß Artikel 2(17) der SFDR und ihrer Wechselwirkung mit einem Kategorisierungssystem
  • Erweiterung der von der SFDR abgedeckten Produktpalette
  • Vereinfachung der relevanten Dokumentation
  • Verbesserung der Transparenz in Bezug auf nachteilige Nachhaltigkeitsauswirkungen auf Ebene der Finanzprodukte
  • Entwicklung eines Rahmens zur Bewertung der Nachhaltigkeitsmerkmale von Staatsanleihen

Was sind die wichtigsten Empfehlungen der ESAs an die Europäische Kommission:

1) Die Europäische Kommission könnte die Einführung eines Produktklassifizierungssystems in Betracht ziehen, das auf regulatorischen Kategorien und/oder Nachhaltigkeitsindikatoren basiert, um Verbrauchern die Auswahl nachhaltiger Produkte zu erleichtern.

Die Kategorien sollten einfach sein und klare objektive Kriterien oder Schwellenwerte enthalten. Nachhaltige Produkte sollten einen Mindest-„Nachhaltigkeitsschwellenwert“ einhalten. Für ökologisch nachhaltige Produkte sollte ein solcher Schwellenwert auf Investitionen in taxonomiekonforme wirtschaftliche Aktivitäten basieren.

Die nicht an der Taxonomie ausgerichteten Investmentkomponenten sollten zumindest das DNSH (does no significant harm)-Prinzip für ökologische und soziale Ziele und gute Unternehmensführung respektieren, vorausgesetzt, diese Konzepte werden präziser definiert als derzeit in der SFDR. Ohne entsprechende Spezifikationen könnte das DNSH-Prinzip die Vergleichbarkeit von Produkten erschweren und zur Rechtsunsicherheit beitragen. Um diese Kategorie produktübergreifend anwenden zu können, könnte die Nachhaltigkeit von Staatsanleihen bewertet werden.

Übergangsprodukte sollten sich auf Investments in Aktivitäten oder Vermögenswerte konzentrieren, die noch nicht nachhaltig sind, aber im Laufe der Zeit nachhaltiger werden. Die Anlagestrategien dieser Produkte könnten eine Mischung aus KPIs der EU-Taxonomie verwenden, um eine schrittweise Verbesserung der Umweltleistung, offengelegte Übergangspläne, Produkt-Dekarbonisierungsverläufe und die Minderung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen (Principal Adverse Impacts, PAIs) auf Produktebene aufzuzeigen. Es sollten spezifische und relevante Indikatoren entwickelt und in der SFDR ein Mindestmaß an Minderung festgelegt werden.

Darüber hinaus könnte diese Produktkategorie bestimmte Kriterien in Betracht ziehen, um sicherzustellen, dass ein Übergangsplan glaubwürdig ist. Die ESAs schlagen vor, dass ein realistischer Anteil der Investments zunächst den Anforderungen an Übergangsprodukte entspricht und im Laufe der Zeit zunimmt. Dieser Ansatz würde langfristige Produkte wie Pensionsfonds einschließen.

Transparenzverpflichtungen sollten kurz- und langfristige Ziele, einschließlich Zielvorgaben und Meilensteine, verdeutlichen.

2) Ein Nachhaltigkeitsindikator könnte sich auf ökologische Nachhaltigkeit, soziale Nachhaltigkeit oder beides beziehen und Investoren die Nachhaltigkeitsmerkmale eines Produkts anhand einer Skala veranschaulichen.

3) Optionen für die Produktkategorisierung und/oder Nachhaltigkeitsindikatoren sollten von Verbrauchern getestet und konsultiert werden. Mit klaren Kategorien oder Indikatoren müssten Nachhaltigkeitsangaben nicht so detailliert und umfangreich sein.

4) Die Europäische Kommission sollte das Nebeneinander von „nachhaltigen Investments“ in der SFDR und Taxonomie-orientierten Investments in der EU-Taxonomie überdenken. Die EU-Taxonomie ist ein wissenschaftlich fundierter Maßstab für ökologische Nachhaltigkeit, während die SFDR eher prinzipienbasiert ist. Die Kommission sollte der Fertigstellung der EU-Taxonomie und ihrer Ausweitung auf die soziale Nachhaltigkeit Priorität einräumen.

5) Die ESAs empfehlen der Europäischen Kommission, dafür zu sorgen, dass die Nachhaltigkeitsangaben den unterschiedlichen Bedürfnissen der Anleger gerecht werden. Bei Verbesserungen sollten verschiedene Vertriebskanäle, auch digitale, berücksichtigt werden und die Konsistenz der Informationen sichergestellt werden. Die Kommission sollte nur wesentliche Informationen für Kleinanleger priorisieren, während professionelle Anleger von detaillierteren Informationen profitieren könnten.

6) Die Kommission könnte darüber nachdenken, ob sie andere Produkte in den Geltungsbereich der SFDR aufnehmen sollte, um harmonisierte Offenlegungen sicherzustellen.

7) Informationen über die wichtigsten Indikatoren für nachteilige Auswirkungen könnten für alle Finanzprodukte in Betracht gezogen werden, basierend auf einer Kosten-Nutzen-Analyse.

8) Die Kommission könnte die Einführung eines Rahmens zur Bewertung der Nachhaltigkeitsmerkmale von Staatsanleihen prüfen.

Der Schwerpunkt dieser Vorschläge zur Weiterentwicklung der SFDR liegt auf „nachhaltigen“ und „Übergangsprodukten“. Die unterschiedlichen Ansichten der nationalen Regulierungsbehörden deuten jedoch darauf hin, dass eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der SFDR noch in weiter Ferne liegt.

Von Ophelie Mortier, Chief Sustainable Investment Officer von DPAM

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