Die heutigen CIO Weekly Perspectives stammen von unserem Gastautor Matthew Kaplan.
Weil die Verbraucherpreise so stark steigen wie seit 40 Jahren nicht mehr, holen viele Investoren ihre einschlägigen Rezeptbücher wieder hervor.
Eine wichtige Rolle spielen darin Immobilien. Aber warum eigentlich? Und welchen Objektarten schaden höhere Verbraucherpreise besonders wenig oder nützen ihnen sogar?
Angebotsengpässe
Wenn Rohstoffpreise, Löhne und andere Faktorkosten steigen, wird das Bauen teurer. Das gilt für Projektentwicklungen ebenso wie für den Ersatz von Bestandsobjekten. Weil deshalb weniger gebaut wird, wächst die Nachfrage nach bestehenden Objekten, deren Mieten dann erhöht werden. Die Immobilienpreise legen zu, da sowohl Grundstücke als auch Gebäude deshalb wertvoller werden. In Zeiten der Inflation sinkt also das Neuangebot, während die Nachfrage wächst.
Hinzu kommt, dass Projektentwickler, die trotz steigender Kosten bauen, meist höhere Mieten verlangen. Auch die Eigentümer von Bestandsimmobilien können ihre Mieten dann anheben, vor allem, wenn in ihrem Sektor kurze Mietvertragslaufzeiten und häufige Neuabschlüsse üblich sind.
Auch die steigenden Fremdkapitalkosten bei höherer Inflation können die Immobilienpreise beeinflussen, da die meisten Investoren einen Großteil ihrer Objekte fremdfinanzieren. Wertverluste sind aber nicht zwingend – aus zwei Gründen: Erstens gelten bei Immobilienkrediten in der Regel Zinsuntergrenzen, die meist über dem bei Vertragsabschluss geltenden Basiszins liegen – sodass höhere Zinsen zunächst noch keine Auswirkungen auf die Kreditkosten haben. Zweitens steigen in Inflationsphasen die Mieten in der Regel stärker als die Kreditzinsen, weil das dann meist steigende nominale Wirtschaftswachstum für eine höhere Nachfrage sorgt. Die gleichen Faktoren, die die Kreditkosten treiben, sorgen dann auch für steigende Immobilienpreise.
Wesentliche Marktdynamiken
Spricht all das bei einer deutlich höheren Inflation für bestimmte Marktsegmente?
Investoren könnten versucht sein, auf kürzere Mietverträge zu setzen – so wie sie kürzer laufende Anleihen bevorzugen und bei Aktien eher auf die kurzfristige Gewinnentwicklung achten. Die Mietverträge bei Self-Storage-Lagern sind in der Regel sehr kurz und werden oft monatlich verlängert, und ein Hotelzimmer mietet man nur für wenige Tage. Hier könnten die Mieten schneller auf die Inflation reagieren als bei einem Industrieobjekt mit einem Fünfjahresvertrag oder einem Büro- oder Einzelhandelsobjekt mit zehn oder 20 Jahren Mietvertragslaufzeit. Allerdings haben viele sehr langfristige Mietverträge Inflationsschutzklauseln, um die Vermieter zu schützen.
Für viel wichtiger als die Vertragslaufzeit halten wir aber Preismacht. Sie hängt von Fundamentaldaten ab, von Angebot und Nachfrage. Ein heruntergekommenes Hotel in einer schlechten Gegend schützt Investoren vielleicht auch dann nicht vor Inflation, wenn es seine Zimmerpreise täglich anpassen kann. Ganz anders ist es bei einem neuen Hotel in Spitzenlage, wenn nach Corona Geschäftsreisende und Touristen zurückkehren. Die Cashflows eines solchen Hotels können in den nächsten Jahren schneller steigen als die Verbraucherpreise.
Viele Sektoren haben dank der derzeitigen Inflation und der Entwicklungen nach Corona Preismacht. Gut gelegene Industrie- und Einzelhandelsobjekte erfreuen sich einer hohen Mietnachfrage, weil höhere Löhne und die in der Pandemie angesammelten Ersparnisse den Konsum stützen. Wohnimmobilien profitieren von steigenden Mieten, vor allem aufgrund höherer Löhne und Eigenheimpreise.
Auf die Fundamentaldaten kommt es an
Alles in allem glauben wir, dass eine höhere Inflation gut positionierten Immobilienunternehmen nützt.
In manchen Marktsegmenten bleibt die Nachfrage hoch, sodass viele Unternehmen höhere Mieten durchsetzen können. Zugleich ist das Angebot aufgrund höherer Baukosten begrenzt. Wenn sich Investoren zwischen verschiedenen Marktsegmenten entscheiden müssen, sollten sie nicht zu kompliziert denken, sondern einfach auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage achten. Es hat die Märkte schon immer bestimmt. Wir halten Marktsegmente mit kurzfristigen Mietverträgen und Preismacht der Vermieter bei hoher Inflation für besonders interessant.
Neuberger Berman Gastautor Matthew Kaplan, Head of Almanac Realty Investors