Für die professionellen Beobachter der Fed waren die letzten Wochen spannend. Der Rücktritt von Vorstandsmitglied Adriana Kugler und ihr vorübergehender Ersatz durch Trump-Protegé Stephen Miran, die immer zahlreicheren Nachfolgekandidaten für Notenbankchef Powell und diverse geldpolitisch relevante Konjunkturdaten hielten die Fed-Watcher in Atem.
All das hat ein wieder deutlich größeres Interesse an der Fed und der künftigen Richtung der Geldpolitik zur Folge. Noch immer rechnet man am Markt mit Zinssenkungen, auch wenn die mal besseren und mal schlechteren Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten die Lage recht unübersichtlich machen.
Ein gutes Beispiel war der starke Produzentenpreisanstieg letzte Woche – um 0,9% z.Vm. und 3,3% z.Vj. Die zuvor bekannt gewordene, eher niedrige Verbraucherpreisinflation zählte da nicht mehr. Amerikanische Aktien und Anleihen gerieten aus dem Tritt.
Nachdem Aktien Anfang der Woche noch neue Höchststände erreicht hatten – weil die Kerninflation mit 3,1% z.Vj. im Juli den Erwartungen entsprach und man fest mit einer Zinssenkung der Fed im September rechnete –, ist jetzt alles anders. Der Kursanstieg am Aktienmarkt geriet ins Stocken, und die Staatsanleihenrenditen legten zu, vor allem bei kurzen Laufzeiten.
Aufgrund der Gesamtheit der Daten – einschließlich der recht stabilen Juli-Einzelhandelsumsätze vom Freitag – rechnen Anleger zwar immer noch mit einer Zinssenkung um einen viertel Prozentpunkt im September. Aber anders als vor einer Woche ist man sich dessen jetzt nicht mehr sicher.
Die Reaktion auf die Produzentenpreisdaten zeigt im Grunde zweierlei: Aktieninvestoren erkennen, dass die Inflation ihre Hoffnung auf eine weiche Landung und eine expansivere Geldpolitik zunichtemachen könnte. Anleiheninvestoren erwarten unterdessen eine noch längere Phase mit zu hoher Inflation, stärkerem Wirtschaftswachstum und weiteren Zweifeln an den Staatsfinanzen.
Und Small Caps?
Was Aktien und Anleihen zurzeit wirklich signalisieren, ist nicht leicht auszumachen. Viele exogene Faktoren beeinflussen die Form der Zinsstrukturkurve. Nicht wenige Anleiheninvestoren fürchten, dass die Geldpolitik aufgrund der hartnäckigen Inflation vielleicht doch nicht gelockert wird, selbst bei einem schwachen Arbeitsmarkt.
Viele Aktieninvestoren rechnen hingegen eher mit weiteren Zinssenkungen. Für das Geschäfts- und Konsumklima wäre das gut. Niedrigere Finanzierungskosten würden vor allem kleineren Unternehmen helfen, insbesondere Firmen aus recht zinssensitiven zyklischen Branchen.
Die Gewinne des Russell 2000 Small Cap Index in den letzten Wochen – nach der schon seit einigen Monaten guten Performance mit hohen Gewinnen qualitätsschwächerer Titel – scheinen diese These zu stützen. Offensichtlich rechnen Anleger mit einer expansiveren Geldpolitik und einer vielleicht wieder besseren US-Konjunktur.
Aber wann? Wir glauben, dass die US-Wirtschaft in den nächsten Wochen trotz einer gewissen Schwäche wohl der Rezession entgeht. Sie dürfte stabil bleiben, auch wenn die neuen Zölle Unternehmen und Verbraucher belasten.
Gut für Unternehmen und den mittelfristigen Wachstumsausblick sind auch die Deregulierungsbemühungen der Regierung und das gerade verabschiedete Steuer- und Ausgabengesetz. Es stärkt nicht nur die verfügbaren Einkommen und damit den Konsum, sondern dürfte gerade kleinen und mittleren Unternehmen helfen. Es enthält eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung von Innovationen, Investitionen und inländischer Produktion.
Lockerung nicht ausgemacht
Jetzt warten alle gespannt auf drei wichtige Datenveröffentlichungen in den nächsten Tagen: den PCE-Index für Juli sowie die Verbraucherpreisinflation und den Beschäftigungsbericht für August. Hinzu kommt das Notenbank-Symposium in Jackson Hole.
Besonders interessant dürfte der Arbeitsmarktbericht sein. Die Stärke oder Schwäche der Konjunktur wird aber auch Auswirkungen darauf haben, wie sich die Fed vor und nach Jackson Hole und der Septembersitzung äußert.
Kurzfristig spricht unserer Ansicht nach nur wenig gegen niedrigere Zinsen. Allerdings könnte jegliches Anzeichen dafür, dass die Dienstleistungspreisinflation nicht weiter fällt, die für 2026 geplanten Zinssenkungen infrage stellen. Dann könnte der Leitzins auch Mitte nächsten Jahres noch über 3,5% liegen.
Neuer politischer Druck auf die Fed könnte ebenfalls für steigende Renditen sorgen – weil er sie vielleicht von einer expansiveren Geldpolitik abhält.
August und September sind oft volatil, und 2025 ist keine wirkliche Ausnahme. Das ändert aber nichts an unserem grundsätzlich positiven mittelfristigen Ausblick.
Außerdem glauben wir, dass die Kombination aus niedrigeren Zinsen, Deregulierung und den wachstumsfreundlichen Elementen des Steuer- und Ausgabengesetzes weiter für Small und Mid Caps spricht. Deshalb ist das Asset Allocation Committee hier auch übergewichtet.
Von Shannon L. Saccocia, Chief Investment Officer - Wealth bei Neuberger Berman
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