Die europäischen Rentenmärkte dürften in der zweiten Jahreshälfte 2025 und bis ins Jahr 2026 hinein weiterhin von einer starken Kombination unterstützender makroökonomischer, monetärer, fiskalischer und technischer Faktoren profitieren. Unsicherheiten in der Innen- und Fiskalpolitik sowie in der Geopolitik geben Anlass zur Sorge. Das zeigt sich auch in den vielen Fragen von Anlegern zu den Themen.
Obwohl dies zu Volatilität führen könnte, sehen wir jede kurzfristigen Turbulenzen, insbesondere bei den Kreditspreads, als Chance, die Allokationen im gesamten europäischen Rentenuniversum zu erhöhen und attraktive Gesamtrenditen aus einer Anlageklasse mit starkem Fundament zu erzielen.
Unsere Grundlage für diese konstruktive mittelfristige Sicht ist unter anderem unsere anhaltende Erwartung einer geldpolitischen Lockerung, unterstützt durch moderaten Inflationsdruck und ein mittelfristig unter dem Ziel liegendes Wachstum, was die Märkte für Staatsanleihen sowie öffentliche und private Unternehmensanleihen der Eurozone weiterhin stärken wird.
Weitere Faktoren, die Unternehmensanleihen zugutekommen, sind unter anderem erhebliche Staatsausgaben für die Sektoren Infrastruktur und Verteidigung, der allgemeine Zustand der europäischen Unternehmensbilanzen, positive strukturelle Entwicklungen in bestimmten Märkten und technische Faktoren wie eine robuste Anlegernachfrage.
Zum Beispiel zogen auf Euro lautende Strategien für festverzinsliche Anlagen im ersten Halbjahr 92 Milliarden US-Dollar von insgesamt 165 Milliarden US-Dollar an, die in aktiv verwaltete OGAW-Fonds investiert wurden – ein deutliches Zeichen für das starke Anlegerinteresse an auf Euro lautenden Vermögenswerten.
Zusammen ergeben diese Faktoren eine Reihe von festverzinslichen Anlagemöglichkeiten, die differenzierte Risiko-Rendite-Profile für die Portfolios bieten, wie nachstehend beschrieben.
Staats- und Unternehmensanleihen
Trotz der jüngsten Volatilität bei französischen Staatsanleihen und speziell am langen Ende der Renditekurve erwarten wir, dass sich die europäischen Zinsmärkte in den kommenden Monaten insgesamt gut entwickeln werden, unterstützt durch eine nachlassende Inflation, eine anhaltende geldpolitische Lockerung und einen starken Euro.
Während wir Staatsanleihen mit mittleren Laufzeiten favorisiert hatten, deren absolute Renditen für europäische und US-Dollar-basierte Anleger auf währungsgesicherter Basis weiterhin relativ attraktiv sind, sehen wir nun auch im längerfristigen Marktsegment Potenzial. Dies gilt insbesondere für Deutschland.

Unsere konstruktive Sicht wird jedoch durch die Vorsicht in Bezug auf die finanzpolitische Stabilität von Frankreich und anderen Kernländern der Eurozone sowie durch weitere Volatilität am langen Ende der Kurve ausgeglichen. Die geplante Reform des niederländischen Rentensystems könnte möglicherweise zu Marktstörungen führen, da die Niederlande in der Vergangenheit ein wichtiger Käufer langfristiger Euro- Staatsanleihen waren.
Bei Unternehmensanleihen glauben wir, dass der europäische Markt für Investment-Grade-Anleihen von mehreren Faktoren profitieren wird, nicht zuletzt vom unterstützenden makroökonomischen Umfeld und der insgesamt starken Kreditqualität europäischer Unternehmen, die dazu beigetragen haben, die Spreads auf ein enges Niveau zu drücken.
Auch wenn eine weitere Spreadverengung begrenzt scheint, sehen wir weiterhin Gelegenheiten für Allokationen in Investment-Grade-Anleihen, insbesondere da die absoluten Renditeniveaus attraktiv bleiben.
Unter den für uns interessanten Branchen sind wir im Immobiliensektor übergewichtet – obwohl wir zunehmend selektiv sind –, positiv in Bezug auf Banken und Versicherer und sehen Chancen bei ausgewählten Unternehmen in der europäischen Automobilbranche.
High-Yield-Anleihen
Dieselben makroökonomischen und technischen Faktoren unterstützen auch den europäischen Markt für Non- Investment-Grade-Anleihen, wo die Spreads eng sind, die absoluten Renditeniveaus jedoch im Vergleich zu Investment-Grade-Anleihen und Staatsanleihen attraktiv bleiben.
Wir sind der Ansicht, dass der Markt mittelfristig attraktiv bleiben wird, auch wenn Phasen erhöhter Marktvolatilität die Spreads kurzfristig weiter werden lassen, was potenziell Gelegenheiten zum Aufstocken des Engagements in dem Sektor schafft.
Insgesamt gibt es mehrere Gründe, warum wir den europäischen High-Yield-Markt positiv bewerten.
Das günstige makroökonomische Umfeld, klarere Konjunkturaussichten und erhebliche staatliche Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung sind wesentliche unterstützende Faktoren. Sie tragen dazu bei, Investmentflüsse von europäischen Anlegern anzuziehen, die lokale Märkte gegenüber US-Dollar-Allokationen bevorzugen, sowie von ausländischen Anlegern.
Gleichzeitig durchläuft der Markt einen strukturellen Wandel, der die Fähigkeit und Bereitschaft der Kreditnehmer verbessert, die Anleger zurückzuzahlen. So ist nun beispielsweise ein größerer Anteil des High Yield Index gesichert und hat kürzere Laufzeiten.
Schließlich hat der Markt unserer Ansicht nach erhebliche Verbesserungen der Kreditqualität erfahren – was sich in gesünderen und robusteren Unternehmensbilanzen widerspiegelt – und weist keine wesentlichen strukturellen Risiken auf. So sehen wir beispielsweise bei fremdfinanzierten Buyouts keine hohen Underwriting- Volumina, und es wird erwartet, dass die Ausfallraten auf dem historischen Durchschnittsniveau bleiben werden, was auf Marktstabilität hindeutet.
Private Unternehmensanleihen
Neben den Chancen auf den Märkten für öffentliche Anleihen sehen wir auch Chancen für institutionelle Anleger bei europäischen Privatkrediten, einem Markt mit einem Volumen von 4,5 Billionen US-Dollar, der in den letzten Jahren rasant gewachsen ist.
Der europäische Markt für (nicht gesponserte) Unternehmenskredite wird vom Bankensektor dominiert, aber es treten zunehmend alternative Kreditgeber und langfristige Anleger, darunter Neuberger Berman, in den Markt. Das liegt daran, dass sich die Kapitalkosten auf die Kreditvergabefähigkeit der Banken, insbesondere bei längerfristigen Laufzeiten, ausgewirkt haben. Im Gegenzug stellen neue Kreditgeber diese Finanzierung bereit und nutzen die angebotenen Laufzeit- und Liquiditätsprämien.
Diese bankfinanzierten Privatkredite sind in der Regel langfristig (fünf bis zwölf Jahre) und werden etablierten, größeren mittelständischen Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen und konservativen Finanzprofilen zur Verfügung gestellt, die sie in der Regel am Schnittpunkt von Investment-Grade und Non-Investment- Grade positionieren.
Daher weisen Anlagen in diesen Darlehen tendenziell höhere Renditen auf als gleichwertige öffentliche Darlehen und Anleihen, was in der Regel einen größeren Spread von bis zu 200 Basispunkten bietet.
Zusammen mit einem attraktiven Renditeprofil bieten die Darlehen Vorteile in Bezug auf die Branchen- und Länderdiversifizierung und eine begrenzte Korrelation zu liquideren öffentlichen Kreditmärkten. Anleger sind in der Regel auch durch finanzielle und nicht-finanzielle Auflagen geschützt und profitieren von einer umfassenden Due Diligence und einem ECAI-Rating.
Europäische Privatdarlehen bieten einen attraktiven Renditeaufschlag gegenüber Unternehmensanleihen mit Investment Grade
Quellen: Bloomberg, Factset, Neuberger Berman
Diese Kredite spielen eine wichtige Rolle bei der Finanzierung mittelgroßer bis großer privater Unternehmen in ganz Europa, den wichtigsten Segmenten der europäischen Wirtschaft. Da dieser Markt weiter wächst, könnte eine Allokation in die Anlageklasse als Teil eines ausgewogenen Rentenportfolios sinnvoll sein.
Von Paul Grainger, Senior Portfolio Manager bei Neuberger Berman
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