Für Anleiheninvestoren sind die hohen Staatsausgaben einiger großer Länder das zurzeit wichtigste Thema. Für Aktieninvestoren ist es die Lockerung der Geldpolitik, lässt sie doch auf neues Wachstum hoffen.
Das erklärt zumindest teilweise, warum internationale Aktien in diesem Quartal bislang kräftig zulegten und ihre deutliche und vor allem breite Rallye seit dem Kurseinbruch Anfang April fortsetzen.
Nicht amerikanische Titel – etwa aus China, Europa, den Emerging Markets und Japan – haben den S&P 500 mit seinen 10% Plus seit Jahresbeginn klar übertroffen.
Immer besser entwickeln sich aber auch amerikanische Large Caps außerhalb der Magnificent 7 – und nicht zuletzt auch Small Caps. Der Russell Microcap Index ist seit dem 8. April um über 45% gestiegen.
Unterdessen haben sich Anleiheninvestoren wegen ihrer Sorgen um die Staatsfinanzen aus länger laufenden Staatstiteln zurückgezogen. In den USA, Großbritannien, Japan und Frankreich stiegen die 30-Jahres-Renditen kräftig. In manchen Ländern waren sie letzte Woche sogar so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Zuletzt gingen sie zwar wieder etwas zurück, dürften wegen der großen und weiter steigenden Haushaltsdefizite aber hoch bleiben. Neuemissionen zu höheren Zinsen werden wahrscheinlicher, und es dürfte immer wieder zu starken Schwankungen kommen. Bei Redaktionsschluss war gerade der neue US-Arbeitsmarktbericht bekannt geworden – mit weiteren Argumenten für Zinssenkungen der Fed, wie von unserem Anleihenteam schon lange erwartet. Die US-Staatsanleihenrenditen fielen daraufhin; die Zehnjahresrendite betrug zuletzt nur noch gut 4%.
Der Markt wird breiter …
Die zunehmende Marktbreite bei Aktien und die volatilen langfristigen Staatsanleihenrenditen beschäftigen uns schon seit Jahresbeginn.
Mit mehr Marktbreite rechneten wir wegen der besseren Gewinnaussichten der Unternehmen zum Jahreswechsel, vor allem in den USA, aber auch in anderen großen Volkswirtschaften wie China, Europa und Japan. Die amerikanische Handels- und Zollpolitik hat das Wachstum zwar klar unter den Langfristtrend gedrückt, aber trotz allem spricht die große Stabilität der USA und anderer Industrieländer eher gegen eine Rezession. Deshalb, wegen der anhaltenden Lockerung der Geldpolitik und wegen der wachstumsfreundlichen Fiskalpolitik vor allem in den USA und Europa bleiben wir für die Konjunktur optimistisch.
Wie schon seit Jahresbeginn und erneut Anfang April hat die Marktbreite daher auch in diesem Quartal zugenommen.
Allein seit Anfang Juli ist der Russell 2000 Index, der amerikanische Small Caps abbildet, um 8,8% gestiegen, gegenüber 4% Plus beim S&P 500. Seit Jahresbeginn ist der Russell 2000 Index mit 6,4% zwar schwächer als der S&P 500 mit 10%, doch seit Anfang April liegen Small Caps meist vorn.
Auch für nicht amerikanische Aktien war das Quartal bislang gut. Sie knüpften an ihre Gewinne seit Jahresbeginn an und haben US-Titel in US-Dollar hinter sich gelassen. Das gilt vor allem für China: Der MSCI China Index ist seit Januar um beachtliche 32% gestiegen, gefolgt von Europa mit 24%, den Emerging Markets mit 20% und Japan mit 17%. Nicht amerikanische Industrieländeraktien liegen damit seit Jahresbeginn um 12 Prozentpunkte vor US-Titeln, der größte Abstand seit über 30 Jahren. Ein Grund dafür ist natürlich der schwache Dollar.
Diese regionalen Unterschiede haben viele Ursachen. Weder Wachstumsaussichten noch Geld- und Fiskalpolitik oder Aktienbewertungen sind überall gleich.
Noch wichtiger ist aber, dass die US-Unternehmensgewinne jetzt auf breiterer Front steigen.
So legten die Gewinne des S&P 500 im 2. Quartal um 12% z.Vj. zu, und auch ohne die Magnificent 7 wären es noch 8% gewesen – mit das stärkste Wachstum der letzten Quartale.
Außerdem haben sich die Gewinnerwartungen von Large Caps vieler Branchen in den letzten Monaten verbessert. In den kommenden Quartalen dürften die übrigen 493 S&P-Aktien hier zu den Magnificent 7 aufschließen.
Vielversprechend ist die Gewinnentwicklung auch bei Small Caps, vor allem im Vergleich zu Large Caps. Für den Russell 2000, den Small Cap Index, werden dieses Jahr etwa 30% Gewinnwachstum prognostiziert – mehr als für Large Caps. Damit dürfte der zweijährige Rückgang der Gewinnerwartungen von Small Caps enden. Für den S&P SmallCap 600 werden zwar nur 10% erwartet, was aber ähnlich wie bei Large Caps noch immer vielversprechend ist.
Ein Grund für diese Renaissance ist die Aussicht auf eine weitere Lockerung der US-Geldpolitik. Wichtig sind aber auch die Stabilität der US-Wirtschaft und der Weltwirtschaft insgesamt – zumal Small Caps eng mit Exporten, aber auch mit Investitionen korreliert sind.
… und es ist noch nicht vorbei
Kurzfristig rechnen wir zwar nur mit mäßigem Wirtschaftswachstum, doch gibt es auch Hinweise darauf, dass sich das ändern könnte. Im 2. Quartal ist die US-Wirtschaft nach den revidierten Zahlen annualisiert um 3,3% gewachsen (nach einer ersten Schätzung von 3%). Nach dem ISM-Index von letzter Woche verbessert sich auch die amerikanische Dienstleistungskonjunktur wieder, die fünf Monate lang eher schwach war.
Nicht übersehen sollte man dabei aber den schwächeren Arbeitsmarkt. Der Beschäftigungsbericht von letzter Woche und auch der ADP-Bericht waren schwach; die Erstanträge auf Arbeitslosengeld hoch. Das dürfte die Fed aber darin bestätigen, noch im September die Zinsen zu senken. Das wäre wiederum gut für das Wachstum und könnte die Marktbreite weiter fördern.
Von Joseph V. Amato, President und Chief Investment Officer – Equities, Neuberger Berman
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