CIO Weekly | Die Notenbanken kämpfen mit sich selbst

Die Zinssenkungen und Zinspausen der letzten Woche zeigten, wie sehr die Notenbanken mit sich kämpfen. Das sorgt für Unsicherheit – und Chancen durch Bewertungsunterschiede. Neuberger Berman | 26.09.2025 07:36 Uhr
Ashok Bhatia, CFA, Chief Investment Officer und Global Head of Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Ashok Bhatia, CFA, Chief Investment Officer und Global Head of Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman

Wie erwartet hat die Fed ihren Leitzins letzte Woche um 25 Basispunkte gesenkt. Die Märkte bekamen, womit sie gerechnet hatten. Aber der Ausblick war enttäuschend.

Alles in allem schien die Fed von ihrer Entscheidung nicht wirklich überzeugt. Zu unterschiedlich waren die Einschätzungen der Offenmarktausschussmitglieder – zur Konjunktur und zum Umgang mit dem schwächelnden Arbeitsmarkt und einer Inflation über dem Zielwert.

Aber nicht nur die Fed schien unentschlossen. Die Zinssenkung der Bank of Canada um 25 Basispunkte und die unveränderten britischen und japanischen Leitzinsen bestätigten das Dilemma. Den Notenbanken fällt es nicht leicht, die richtige Antwort auf diese doppelte Herausforderung zu finden und frühzeitig Klarheit über die künftige Geldpolitik zu schaffen.

Wir halten Tempo und Ausmaß der anstehenden Zinssenkungen in den wichtigsten Industrieländern jetzt für unsicher wie selten – und das, obwohl die meisten Beobachter mit weltweiten Zinssenkungen rechnen, mit der Fed an der Spitze.

Natürlich will die Fed zu den anderen Notenbanken aufschließen, die die Zinsen schon früher und stärker gesenkt haben. Dennoch bleibt die Geldpolitik unsicher – und schafft damit interessante Anlagemöglichkeiten durch Bewertungsunterschiede zwischen den Ländern. Im 4. Quartal und auch darüber hinaus sind unsere Portfolios darauf gut vorbereitet.

Chancen durch Unsicherheit

Für eine der interessantesten Anlagechancen halten wir zurzeit die Bewertungsunterschiede zwischen amerikanischen und europäischen Anleihen, eine Folge der zurzeit unterschiedlichen Geldpolitik in den USA, Großbritannien und dem Euroraum.

Die EZB beließ ihren Leitzins am 11. September unverändert bei 2%. Er ist damit halb so hoch wie letztes Jahr. In den USA beträgt der Leitzins hingegen 4% bis 4,25%, in Großbritannien 4%.

Die EZB ließ ihre Leitzinsen zwar seit Juni unverändert, doch rechnen wir bis zum Jahresende noch mit einer weiteren Senkung. Das wäre gut für Anleihen aus vielen Mitgliedsländern.

Interessante Entwicklungen sehen wir auch an den Staatsanleihenmärkten Großbritanniens, Kanadas und Japans.

Ausblick für die Fed

Die Fed will zu den anderen Notenbanken aufschließen und hat klargemacht, dass sie die Zinsen jetzt senkt. Wir erwarten drei weitere Senkungen bis Anfang 2026, mit einem neutralen Leitzins zwischen 3,25% und 3,75%.

Unklar bleibt aber der Weg dahin.

Die Einschätzungen der Offenmarktausschussmitglieder liegen recht stark auseinander. Das zeigt sich etwa im aktualisierten Dotplot für 2025, in dem jedes Mitglied den aus seiner Sicht am Jahresende angemessenen Leitzins notiert.

Sieben der 19 Mitglieder erwarten für dieses Jahr keine weiteren Zinssenkungen mehr, weitere zwei rechnen mit nur einer. Die Median-Erwartungen verdecken, wie gespalten der Ausschuss ist. Ein Mitglied hält sogar 125 Basispunkte weniger bis zum Jahresende für sinnvoll – offensichtlich der neue Vorstand Stephen Miran. Er hat als Einziger die Zinsentscheidung nicht mitgetragen und für eine stärkere Senkung votiert. Zwei Mitglieder, die früher gegen den Konsens gestimmt hatten –Christopher Waller und Michelle Bowman –, trugen die Entscheidung für eine kleinere Zinssenkung diesmal mit.

Wir glauben, dass Mirans abweichendes Votum und seine Dotplot-Projektionen erste Hinweise darauf liefern, wie der nächste Fed-Vorsitzende 2026 mit dem neutralen Zins umgeht.

Abwarten in der Praxis

Fed und Bank of Canada hatten ihre Leitzinsen letzte Woche gesenkt, die Bank of England und die Bank of Japan ließen sie unverändert. Sie folgten damit dem Beispiel der EZB.

Die EZB ist für die Euroraumkonjunktur, den Arbeitsmarkt und die Inflation optimistisch, bleibt aber bei der Inflation wachsam und warnte, dass höhere Zölle und ein zunehmender internationaler Wettbewerb das Wachstum bis zum Jahresende bremsen könnten.

Für die Bank of England sind die hartnäckig hohe Inflation und das schwache Wachstum wesentlich drängendere Herausforderungen. Sie zwingen die Notenbank zu einem Leitzins von unverändert 4%. Bis zum Jahresende erwarten wir nur noch eine weitere Senkung.

Auffällig ist auch, dass die Bank of England ihr Quantitative Tightening zurückfährt, also den Verkauf von Staatsanleihen aus ihren Beständen. Er soll von 100 auf 70 Milliarden Pfund jährlich gesenkt werden, damit die Staatsanleihenrenditen nicht mehr so stark steigen. Dennoch sollen die Wertpapierverkäufe von 13 auf 21 Milliarden Pfund erhöht werden, weil weniger Titel endfällig werden.

Die Bank of Japan, die ihre Geldpolitik tendenziell strafft, ließ den Leitzins unverändert bei 0,5% – keine einstimmige Entscheidung. Außerdem teilte sie mit, dass sie ihre ETF-Bestände verkaufen wolle. Jährlich sollen sie um umgerechnet etwa 4,2 Milliarden US-Dollar verringert werden. Außerdem sind Verkäufe von REITs geplant, um die Normalisierung der Geldpolitik zu unterstützen.

Zwei Ausschussmitglieder stimmten dagegen, so viele wie noch nie in Kazuo Uedas Amtszeit. Offensichtlich wächst der Druck, die Zinsen noch dieses Jahr anzuheben.

Trotz einer gewissen Unsicherheit (wegen der Zölle) rechnen wir damit, dass die Bank of Japan ihren Leitzins bis zum Jahresende erhöht.

Ausblick für 2026

Letztes Jahr war die Geldpolitik noch ein Randthema. Die wirtschaftlichen Folgen der Fiskal- und Zollpolitik schienen wichtiger. Aber das änderte sich, als die Fed wieder mit Zinssenkungen begann.

Die Staatsfinanzen werden weiter Sorgen machen. Das Thema dürfte wieder in den Fokus rücken, was gewisse Turbulenzen bei lang laufenden Staatsanleihen auslösen könnte. Kurzfristig scheint aber vor allem die Geldpolitik die Märkte zu bestimmen.

Trotz einer gewissen Unsicherheit über Tempo und Ausmaß der Zinssenkungen in den USA und in anderen wichtigen Volkswirtschaften (wegen der Entwicklung von Beschäftigung und Inflation) rechnen wir mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik. Das könnte für interessante Chancen durch Bewertungsdifferenzen sorgen – in den letzten Monaten dieses Jahres und darüber hinaus.

Von Ashok Bhatia, CFA, Chief Investment Officer und Global Head of Fixed Income
Von Olumide Owolabi, Senior Portfolio Manager und Head of U.S. Rates
Von Robert Dishner, Senior Portfolio Manager und Head of Trading London

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