Russland-Ukraine-Konflikt: Mögliche Auswirkungen auf Wachstum, Zentralbankpolitik und Finanzmärkte

La Française Systematic Asset Management | 28.02.2022 14:38 Uhr
François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM / © La Française AM
François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM / © La Française AM
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Bei Erstellung dieser Einschätzung hat Russland militärische Operationen in der Ukraine eingeleitet, nicht nur in den Separatistengebieten im Osten, sondern auch in anderen Regionen in der Nähe von Kiew. Bis Donnerstag, den 25. Februar, bestand die Hoffnung, dass der Konflikt mit leichten Sanktionen gegen Russland bewältigt werden könnte: Das ist nun nicht mehr der Fall.

Wir sind keine Experten für geopolitische Analysen oder Prognosen und werden daher nicht über den wahrscheinlichen Ausgang des Konflikts spekulieren.  Vielmehr werden wir uns auf das konzentrieren, was wir über die aktuelle Situation wissen, und Annahmen formulieren, um die möglichen Folgen des Konflikts für die Finanzmärkte zu diskutieren.

Der Russland-Ukraine-Konflikt birgt große Risiken, vor allem eine langfristige und eskalierende Energiekrise in Europa. Die zunehmenden Spannungen könnten die europäische Wirtschaft mittels der Energiemärkte, insbesondere Erdgas, beeinflussen. Russland ist der größte Erdgaslieferant Europas und deckt 30 bis 40 % des europäischen Jahresbedarfs. In jüngster Zeit ist der Anteil des von Russland gelieferten Erdgases jedoch deutlich zurückgegangen. Die europäischen Länder haben ihren Verbrauch von Erdgas auf Flüssiggas umgestellt, das von den USA und Katar geliefert wird. Steigende Erdgaspreise dürften sich auf die Gesamtnachfrage in Europa auswirken, auch wenn staatliche Subventionen die negativen Auswirkungen wahrscheinlich abfedern werden.

Andere Rohstoffmärkte könnten auch in Mitleidenschaft gezogen werden, vor allem diejenigen, bei denen Russland zu den größten Produzenten gehört: Nickel, Palladium, Uran und Düngemittel. In diesem Fall würde die Inflation durch höhere Lebensmittelpreise, höhere Halbleiterpreise usw. noch stärker zu spüren sein.  Dies bedeutet jedoch nicht, dass der gesamte Handel zwischen Russland und Europa zum Erliegen kommen würde. So gab es beispielsweise sogar während des Zweiten Weltkriegs und während des Kalten Krieges immer Handelsbeziehungen.  Es ist dennoch wahrscheinlich, dass der Russland-Ukraine-Konflikt zu einer Rohstoffrisikoprämie führt.

Die Zentralbanken werden vor einem Dilemma stehen und gezwungen sein, zwischen zwei Optionen zu wählen, die beide negative wirtschaftliche Auswirkungen haben könnten. Die erste Option bestünde darin, ihre Mandate einzuhalten und damit ihre Glaubwürdigkeit zu wahren. Die Geldpolitik würde weiter gestraft, um die steigende Inflation zu bekämpfen. Da die Verbrauchernachfrage möglicherweise unter Druck steht, könnte sich dies als eine problematische Option erweisen, die negative Auswirkungen auf das Wachstum haben könnte. Die zweite Option bestünde darin, die Zinserhöhungen aufzuschieben, bis sich die Lage beruhigt hat. Dies birgt das Risiko, dass sich die Inflation verfestigt. 

Unserer Meinung nach ist derzeit nicht damit zu rechnen, dass geopolitische Risiken den Offenmarktausschuss der US-Notenbank davon abhalten werden, die Zinssätze auf seinen nächsten Sitzungen kontinuierlich um jeweils 25 Basispunkte zu erhöhen. Wir denken, dass die geopolitische Unsicherheit die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte im März verringert. 

Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte sich in einer anderen Lage befinden. Die Krise könnte sich stärker negativ auf das europäische Wachstum auswirken als auf das US-Wachstum, und die Inflation steht auf einer weniger weiten Basis wie in den USA. Speziell der US-Arbeitsmarkt scheint nicht so angespannt zu sein wie in Europa, wo die Lohninflation im vierten Quartal 2021 nur 1,5 % betrug, während das Lohnwachstum in den USA laut dem Atlanta Wages Growth Tracker bei 5,1 % lag. Das EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann erklärte, dass der Ukraine-Konflikt den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik verzögern könnte. Das deutet darauf hin, dass die EZB bereit ist, gegebenenfalls eine weniger restriktive Haltung einzunehmen. 

Die Folgen für die Finanzmärkte hängen natürlich von der Entwicklung des Konflikts ab, so dass wir einige Annahmen treffen müssen. Wir gehen davon aus, dass die Situation sehr angespannt bleibt, mit einem fragilen Gleichgewicht zwischen Russland und der NATO, zumindest vorläufig. Eine große langfristige Energiekrise in Europa schließen wir vorerst aus. Man sollte aus der Geschichte lernen. In der Vergangenheit gab es mehrere geopolitische Ereignisse, die wertvolle Hinweise darauf geben, wie man sich in diesem Umfeld verhalten sollte. Was das Markt-Timing anbelangt, so zeigt die Erfahrung, dass militärische Invasionen fast immer Kaufgelegenheiten für Aktien darstellen. Diese Erkenntnis könnte im Falle eines Konflikts, der zu höheren Energiepreisen führt, weniger gültig sein. 

In Anbetracht all dessen würden wir uns gegen eine massive Reduzierung des Risikos aussprechen. Die Aktienmärkte werden wahrscheinlich sehr volatil sein, und in den kommenden Tagen könnte es zu heftigen Ausschlägen nach oben oder unten kommen, was Investitionsentscheidungen erschweren würde.

Dies sollte nicht als eine sehr positive Einschätzung risikoreicher Anlagen auf mittlere Sicht interpretiert werden. Die Inflation tendiert weiterhin nach oben und zwingt die Zentralbanken zu einer restriktiveren Politik. Wir halten es für möglich, dass die Nachfrage mittelfristig enttäuschen könnte. Vor diesem und dem Hintergrund hoher Rohstoffpreise sind wir mittelfristig positiv für Energie- und Grundstoffaktien eingestellt und behalten eine abnehmende Gewichtung in unseren Rentenportfolios bei.

François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM

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