Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus werden die Aussichten für die US-Wirtschaft und die Zinspolitik der US-Notenbank (Fed) um eine neue Dimension erweitert.
Vor acht Jahren, als Donald Trump das erste Mal zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, waren die US-Staatsanleihenrenditen viel niedriger, als sie es heute sind, und die Fiskalausgaben waren kein dominierendes Thema. Aktuell ist die Zehnjahresrendite um mindestens 200 Basispunkte höher als zum Zeitpunkt von Trumps erstem Amtsantritt im Januar 2017.
Diese Renditedifferenz zeigt, dass wir es heute mit einem ganz anderen wirtschaftlichen Umfeld zu tun haben. Die Inflation ist einfach viel höher. Die Zinsen in den USA sind immer noch hoch, obwohl die Fed die Zinssätze in Reaktion auf die Abschwächung am Arbeitsmarkt und den Rückgang der Inflation von ihrem Nach-Corona-Hoch um 75 Basispunkte gesenkt hat.
Während sich der Rest der Welt seit der Pandemie nur langsam erholt, hat sich die US-Wirtschaft vor allem dank hoher Staatsausgaben gut gehalten. Für Unterstützung hat dabei insbesondere die solide finanzielle Lage der Unternehmen und privaten Haushalte gesorgt, die deutlich besser ist als nach der globalen Finanzkrise.
Die Finanzmärkte haben Trumps Wahlsieg gefeiert. Der marktbreite S&P 500 Aktienindex bewegt sich in der Nähe historischer Höchststände, der Dollar-Index notiert so hoch wie zuletzt vor einem Jahr, die Credit Spreads haben sich weiter verengt und der als „Angstbarometer“ bekannte VIX Index ist gesunken.
„America First“’
Trumps „America First“-Politik umfasst das Versprechen, Importzölle zu erheben und die Einwanderung einzudämmen. Außerdem hat der designierte Präsident Steuersenkungen, Deregulierung und einen Abbau von Bürokratie versprochen. Könnte Trumps Politik ein vorzeitiges Ende des Lockerungszyklus der Fed bedeuten? Wie wird sich Trumps Politik auf Inflation und Wachstum auswirken? Und mit welchen Auswirkungen muss an den Anleihenmärkten gerechnet werden?
Im Wahlkampf hat Trump Zölle von 60 Prozent auf Importe aus China und 10 bis 20 Prozent auf alle übrigen Importe angekündigt, um die heimische Produktionskapazität zu stärken und die USA zu einem Investitionsziel zu machen. Kurzfristig würde ein solcher Schritt unserer Ansicht nach zu einer höheren Inflation in den USA führen, da sich die Importe verteuern würden und das Wachstum in stärker exportabhängigen Volkswirtschaften wie China und Deutschland gebremst werden würde.
Ein weiteres wichtiges Vorhaben für Trump sind höhere Nominallöhne für Arbeitnehmer, vor allem am unteren Ende des Arbeitsmarktes. Die hohe Inflation seit Ende der Pandemie hat zu einem Rückgang der Reallöhne geführt. Massenabschiebungen könnten jedoch das Arbeitskräfteangebot verringern, die inländischen Löhne in die Höhe treiben und die Margen der Unternehmen schmälern.
Die Renditen länger laufender Anleihen sind seit den ersten Zinssenkungen in diesem Zyklus Mitte September gestiegen und haben sich auf diesem höheren Niveau gehalten. Grund dafür sind die Anlegersorgen über das US-Wachstum, die inflationären Auswirkungen der genannten politischen Vorhaben und eine mögliche Ausweitung des bereits sehr hohen Haushaltsdefizits.
Öffentliche Ausgaben
Angesichts der hohen Anleihenrenditen haben einige Marktteilnehmer die Tragfähigkeit der US-Staatsfinanzen und die Schuldendienstfähigkeit der USA in Frage gestellt. Wir halten derartige Bedenken für unbegründet, da US-Anleihen in der Landeswährung Dollar ausgegeben werden. Darüber hinaus könnte die Zentralbank bei Bedarf auf eine quantitative Lockerung zurückgreifen, um die Renditen zu senken.
Der aktuelle Marktkonsens geht davon aus, dass das Haushaltsdefizit unter einer Trump-Regierung steigen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich dazu jedoch noch nicht viel sagen, nicht zuletzt, weil noch kein Finanzminister ernannt wurde. Allerdings soll Trump den S&P500 während seiner ersten Amtszeit täglich verfolgt haben – daher erscheinen weitere Konjunkturmaßnahmen wahrscheinlich.
Das starke Wachstum und die höheren Zinsen haben auch zur Stärke des Dollars beigetragen. So notiert der Dollar-Index derzeit auch auf dem höchsten Stand seit einem Jahr. Die Geschicke des Dollars sind eng mit dem Anleihenmarkt verbunden und beide waren in den letzten Jahren sehr stark miteinander korreliert, obwohl der Anstieg der Anleihenrenditen weniger mit den jüngsten Bewegungen des Dollars zu tun zu haben scheint.
Ein starker Dollar führt in der Regel zu einer Verschärfung der weltweiten Finanzierungsbedingungen, was die Kapitalflüsse in die USA weiter verstärkt. Daher hängt der Ausblick für den US-Anleihenmarkt auch entscheidend vom Ausblick für den Dollar ab. Die Stärke des Dollars könnte jedoch Trumps Bemühungen um eine Stärkung der amerikanischen Warenexporte zuwiderlaufen.
Eine wichtige bekannte Unbekannte ist der Einfluss der Geopolitik. US-Staatsanleihen bewegen sich seit einiger Zeit in einer engen Spanne und die Credit Spreads sind niedrig. Wenn eine Dollar-Stärke mit steigenden Rohstoff- und Ölpreisen einhergeht, kann es dazu kommen, dass Anleiheninhaber aufgrund einer Dollarknappheit Teile ihrer Dollarreserven verkaufen. Das kann zu Verwerfungen an den Anleihen- und Kreditmärkten führen. In diesem Zusammenhang muss die geopolitische Lage, vor allem im Nahen Osten und der Ukraine, genau im Blick behalten werden.
Zinssenkungspfad
Derzeit hängt das Wachstum der US-Wirtschaft in hohem Maße von anhaltenden Stimulusmaßnahmen ab. Der Aufschwung dürfte jedoch kaum lange andauern, da die Realzinsen auf dem höchsten Stand seit 2008 sind, was letztlich das Wachstum des Privatsektors bremsen und zu einer Abwertung des Dollars führen wird. Ein derartiges Szenario wird die Duration stützen und zu einer Rotation in attraktiv verzinste Schwellenländeranleihen beitragen.
Mit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus haben die Zweifel in Bezug auf Tempo und Ausmaß der in den nächsten Monaten zu erwartenden Fed-Zinssenkungen zugenommen, da seine politischen Maßnahmen zunächst zu einer höheren Inflation und dann zu einem Wachstumsrückgang führen könnten. Interessanterweise hat der Fed-Vorsitzende Jerome Powell signalisiert, dass es die Zentralbank angesichts der Stärke der Wirtschaft nicht eilig mit weiteren Zinssenkungen hat.
Ob die Fed die Zinsen im Dezember senkt, bleibt abzuwarten. Die aktuell von den Märkten eingepreisten Zinserwartungen spiegeln diese Unsicherheit wider - der eingepreiste Endzinssatz liegt um mindestens 70 Basispunkte über dem neutralen Zinssatz der Fed. Für die Fed dürften die ersten 100 Basispunkte der einfachere Teil ihres Zinssenkungszyklus sein. Wie es 2025 weitergeht, bleibt offen. Letztlich werden jedoch das hohe Ausgangsniveau der Realzinsen und der starke US-Dollar in Verbindung mit den von Trump vorangetriebenen politischen Veränderungen das Wachstum und die Inflation weltweit dämpfen. Das ist jedoch nur eine vorübergehende Anpassung. Wenn die Zinsen sinken und die Investitionen weltweit zunehmen, werden Wachstum und Inflation zurückkehren und das Makroumfeld im Jahr 2025 und darüber hinaus volatil bleiben.
Von Mark Nash, Huw Davies und James Novotny, Investment Manager Fixed Income - Absolute Return bei Jupiter Asset Management