Die Hoffnung auf eine baldige Normalisierung der Inflation und eine damit einhergehende Abflachung der weltweiten Zinsanhebungen hat im September einen Dämpfer erhalten. Die US-Inflation für August war höher als erwartet und die FED hat in ihrer Sitzung den Zinspfad für die nächsten Quartale deutlich nach oben geschraubt. Der S&P 500 handelte über den Monat 9,2% tiefer und der NASDAQ 100 verlor 10,3%. Die europäischen Indizes kamen etwas glimpflicher davon, der EURO STOXX 50 gab um 5,5% nach und der DAX-Index verlor im Monatsverlauf 5,6%. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen stieg um 0,6% auf 3,83%, Bundesanleihen verzeichneten ebenfalls einen kräftigen Anstieg auf 2,11%.
Es waren wieder einmal die Inflationssorgen, die im September die Stimmung der Investoren verhagelte. Anfang September sorgte bereits die Meldung, dass auch im August in den USA mehr neue Arbeitsplätze geschaffen wurden als erwartet, für Sorgenfalten. Eigentlich sollten es gute Nachrichten sein, wenn in einer Wirtschaft neue Arbeitsplätze entstehen. Aber im aktuellen Marktumfeld sorgte dies für noch mehr Zinsanhebungsfantasien bei den Investoren. Diese Erwartungen wurden dann durch die FED bestätigt, die ihre eigene Zinsprognose Mitte September deutlich nach oben korrigierte und damit einen weiteren Abverkauf an den Aktienmärkten befeuerte. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen stieg auf knapp 4%, das höchste Niveau seit 2010. Die Investoren agieren somit weiter im Krisenmodus und überspitzt formuliert könnte man sagen: es wird zuerst verkauft und danach überlegt. Ein weitgehend robuster Arbeitsmarkt sollte der Wirtschaft und damit den Unternehmensgewinnen tendenziell mehr helfen, als eine mögliche zusätzliche Zinsanhebung an Schaden anrichten kann. Es wirkt fast so, als würden sich die Investoren einen sofortigen wirtschaftlichen Crash wünschen, um damit weitere Zinsanhebungen zu vermeiden. Das von der FED angestrebte „soft landing“ mit einer graduellen wirtschaftlichen Abschwächung der Wirtschaft scheint uns jedoch die attraktivere Alternative zu sein.
In Europa ist die Situation deutlich verzwickter. Die Gaspreise sind im September zwar gesunken, der Energiepreisschock bleibt jedoch gewaltig und wird mittelfristig wirken. Die Suche nach alternativen Gaslieferanten geht zwar voran, wird aber frühestens 2024 die Versorgungslage entspannen. Die Kosten werden ohnehin deutlich höher sein als in der Vergangenheit und der Staat kann diese Mehrbelastung trotz modern vermarktetem „Doppel-Wumms“ nur teilweise auffangen. Dies wird auch die Konsumlaune zunehmend belasten. Die Gewinnerwartungen spiegeln dies in Gänze noch nicht wider, was die scheinbar günstige Bewertung europäischer Aktienindizes relativiert.
Die Perspektive für die USA sehen wir daher deutlich positiver. Die Inflation sollte bis zum Jahresende merklich zurückgehen, getrieben vom gesunkenen Ölpreis sowie eines bereits spürbaren Nachfragerückgangs in einigen Branchen. Dementsprechend sehen wir die vielzitierte „Peak Hawkishness“ nun zeitlich sehr nah und möglicherweise haben wir sie im September bereits gesehen. Damit sollte es auch bald wieder Zeit sein, optimistischer auf den US-Aktienmarkt zu blicken.