Auch im Oktober bleibt der Kapitalmarkt zwischen der Hoffnung auf eine Normalisierung der Inflation und den Sorgen einer möglichen Rezession gefangen. Der S&P 500 handelte über den Monat hinweg +8,1% höher und der NASDAQ 100 legte um +4,0% zu. Der EURO STOXX 50 stieg um +9,1% und der DAX-Index um +9,4%. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen handelte erstmals seit 2008 wieder über der +4% Marke und beendete den Monat bei +4,04%. Bundesanleihen rentierten zum Monatsende nahezu unverändert bei +2,14%.
Trotz der Berichtssaison für das 3. Quartal standen wieder die Zentralbanken im Fokus. Europäische Aktien erhielten Rückenwind von der EZB, die kleinere Zinsschritte in Aussicht gestellt hat. Die erfolgte Erhöhung der Leitzinsen im Oktober um 75 Basispunkte war dabei erwartet worden. Auch die FED stellte zwar kleinere Zinsschritte in Aussicht, dies jedoch garniert mit der Möglichkeit einer höheren „Terminal Rate“. Das bedeutet, es wird ab Dezember möglicherweise kleinere Zinsanhebungen geben, aber dafür in mehreren Schritten als bislang erwartet. Dies war nicht der „FED-Pivot“, den die Investoren erhofft hatten. Die FED sieht die Korrektur am Aktienmarkt und den entstehenden Wohlfahrtsverlust als wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Inflation. Daher ist sie sehr bemüht keine Entspannung oder gar Euphorie bei den Investoren aufkommen zu lassen. Es gilt also weiterhin die Börsenweisheit „don’t fight the FED“.
Als langfristig orientierter Investor bleibt es in dieser hektischen Marktphase daher umso wichtiger, die fundamentale Entwicklung der Unternehmen im Blick zu behalten. Die bisherige Berichtssaison lieferte dafür neue Erkenntnisse. US-Unternehmen mit relevantem Geschäft außerhalb Europas bekommen die Dollarstärke nun deutlich zu spüren. Der in Europa generierte Umsatz ist in Dollar nicht mehr so viel wert – ein Hauptgrund für die aktuell schlechtere Entwicklung der US-Indizes gegenüber Europa. Eine Schwäche des US-Konsumenten ist in der Breite hingegen noch nicht festzustellen. Bislang sind weiterhin die Sektoren betroffen, die in der Pandemie stark profitiert haben, was eher als negativer Aufholeffekt zu bezeichnen ist. Die größten Enttäuschungen der momentanen Berichtssaison kamen von den Big Tech Unternehmen. Meta Platforms und Amazon verzeichneten nach ihren jeweiligen Veröffentlichungen Kursverluste von über -20%, bei Alphabet waren es immerhin -10%. Meta Platforms ist bei den Investoren schon länger in Ungnade gefallen. Mark Zuckerberg und die Investitionen in das „Metaverse“ sind den Anlegern derzeit ein Dorn im Auge. Bei Amazon ist das E-Commerce Geschäft auch im dritten Quartal defizitär gewesen. Das Vertrauen, Amazon werde wie immer „in die Kostenbasis hineinwachsen“, trägt nicht mehr. Dies führt zur vielleicht wichtigsten Erkenntnis der Berichtssaison: wenn selbst bei den Börsenlieblingen wie Amazon und Alphabet das Vertrauen der Anleger verloren geht, kann der Boden gefühlt nicht mehr weit entfernt sein. Und dann werden auch die Kurse von Alphabet und Amazon wieder steigen – so die Annahme.
Bis Jahresende wird es an den Börsen wacklig bleiben. Deutliche Kursverluste erwarten wir in den USA jedoch nicht mehr. Mit Anleihen ist auf mittlere Sicht wieder ein realer Ertrag zu erzielen. Wenn die bereits erfolgten Zinsanhebungen den Weg in die Wirtschaft gefunden haben, ist ein Rückgang der Renditen wahrscheinlich. Dies wird erst im nächsten Jahr zum Thema werden, aber es ist opportun sich auf dieses Szenario vorzubereiten und auch Anleihen mit längerer Laufzeit wieder einen Platz im Portfolio einzuräumen.