Die Inflationsrate im Euro-Raum ist im Juni um 0,9 Prozentpunkte auf 6,1% gesunken. Wie in Deutschland ist der seit Wochen beobachtbare Rückgang der globalen Rohstoffpreise spürbar bei den Verbrauchern angekommen und hat für Entlastung bei den Preisen von Nahrungsmitteln und vor allem Energie gesorgt. Auch bei den Konsumgütern und den Dienstleistungen hat der Preisauftrieb im Juni nachgelassen, weshalb die Kerninflation den zweiten Monat in Folge leicht gesunken ist. Vor allem im Dienstleistungsbereich läuft der Prozess allerdings sehr schleppend und gegenläufige Entwicklungen können in den kommenden Monaten nicht ausgeschlossen werden. Zum einen sind die Lohnkosten in diesem Bereich besonders stark gestiegen. Zum anderen haben die Unternehmen bis zuletzt noch ihre Margen erfolgreich ausgeweitet. Herausfordernd für die Geldpolitik ist zudem, dass die Inflationsdynamik auf Länderbasis auch im Juni noch sehr heterogen war. Während die Teuerung in Italien noch bei 8,3% lag, hat sie sich in Spanien mit 2,9% bereits an das Inflationsziel der EZB angenähert.
Aussichten für Anleger
Insgesamt zeigen die Mai-Daten zur Preisentwicklung, dass der Inflationsgipfel auch in Europa überschritten ist und sich auch die Kernrate schrittweise in die richtige Richtung bewegt. Dies wirkt den Konjunktursorgen entgegen und bietet eine willkommene Entlastung für die Finanzmärkte. Für Entwarnung an der Preisfront ist es aber zu früh. Zwar dürfte die Inflation in den kommenden Monaten weiter sinken und könnte bis zum Jahresende in einen Bereich zwischen 3 und 4% fallen. Vor allem für die letzten Meter in Richtung Inflationsziel ist aber wohl ein anhaltend restriktiver Kurs der Geldpolitik notwendig. Darauf deuten unter anderem die nach wie vor angespannte Lage am Arbeitsmarkt sowie die erhöhten Inflationserwartungen hin, welche das Risiko für Zweitrundeneffekte der vergangenen Preisanstiege hochhalten. Eine Zinspause à la FED kommt für die EZB im Juni deshalb noch zu früh.
Von Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz