Auf ihrer heutigen Sitzung hat die EZB ihren Leitzins (Einlagensatz) wie erwartet erneut um 25 Basispunkte auf 3,25% gesenkt. Auch der Hauptrefinanzierungssatz, zudem sich Banken laufend mit Liquidität bei der Notenbank versorgen können, wurde um 25 Basispunkte auf 3,40% gesenkt. EZB-Präsidentin Lagarde hat auf der Pressekonferenz betont, dass sich der Disinflationstrend zuletzt fortgesetzt hat und sogar etwas rascher ausgefallen ist als erwartet. Der EZB-Rat sieht eine Erreichung des 2%-Ziels nun etwas früher im kommenden Jahr als bisher. Deshalb und angesichts der zuletzt schwächeren Konjunkturdaten hat der EZB-Rat auf der Sitzung auch einen größeren Zinsschritt um 50 Basispunkte diskutiert. Da die Inflation in den kommenden Monaten aufgrund von Sondereffekten zunächst aber wieder etwas steigen dürfte und der inländische Lohn- und Preisdruck nach wie vor relativ hoch ist, hat sich der Rat aber einstimmig für eine „normale“ Zinssenkung entschieden. Eine weitere Zinssenkung bereits im Dezember erscheint aus heutiger Sicht dennoch wahrscheinlich. Denn die Finanzierungskonditionen sind aus Sicht der EZB weiter restriktiv, und die Dynamik von Konsum und Investitionen bleibt schwach.
Aussichten für Anleger
Die EZB wird ihren Zinssenkungskurs fortsetzen. Im kommenden Jahr sollte sie auf quartalsweise Senkungen einschwenken und die Zinsen in Richtung der Landezone im Bereich von 2 bis 2,5% steuern. Ein solcher Kurs ist angebracht, solange die Wirtschaft im Euro-Raum nicht in die Rezession rutscht und die Inflation in der Nähe der aktuellen Werte verbleibt. Am Finanzmarkt rechnen Investoren mit einem noch etwas rascheren Zinssenkungskurs. Gleichzeitig sind die Konjunktur- und Gewinnerwartungen für 2025 relativ optimistisch. Anleger sollten sich dieser Diskrepanz bewusst sein.
Von Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz