Auf ihrer Mai-Sitzung hat die Fed ihre Zinspause fortgesetzt und ihre abwartende Haltung bestätigt. Die Obergrenze für die Leitzinsen liegt weiter bei 4,5%. Die letzte Zinssenkung wurde im Dezember und damit noch vor der Amtsübernahme durch Präsident Trump beschlossen. Auf ihrer heutigen Sitzung diagnostizierte die Fed eine insgesamt weiterhin robuste US-Konjunktur, einen stabilen Arbeitsmarkt und eine deutlich gesunkene Inflationsrate. Die Notenbank sieht sich deshalb nicht unter Druck, die Geldpolitik rasch zu ändern. Mit Blick auf die erratische Wirtschaftspolitik der Trump-Administration hat Fed-Chair Powell gleichzeitig die hohe Unsicherheit und die gestiegene Wahrscheinlichkeit für einen konjunkturellen Abschwung und einen gleichzeitigen Anstieg der Inflation im weiteren Jahresverlauf betont. Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit für Anpassungen der Geldpolitik in beide Richtungen gestiegen. Betont unbeeindruckt hat sich Powell erneut gegenüber den Forderungen nach Zinssenkungen durch Präsident Trump geäußert.
Aussichten für Anleger
Die Fed hat erneut ein klares Signal der Unabhängigkeit in Richtung Trump-Administration und Investoren gesendet. Entscheidend für die künftigen Zinsentscheidungen bleiben die Daten und Projektionen zur Entwicklung von Konjunktur und Inflation. Das sollte selbstverständlich sein und ist unabdingbar, um das Vertrauen in den US-Dollar nicht weiter zu beschädigen. Gleichzeitig bedeutet dies, dass die Unsicherheit zum Kurs der Geldpolitik zunächst sehr hoch bleibt. Und der wahre Test für die Glaubwürdigkeit der Fed steht noch aus. Denn in den kommenden Monaten könnten weiter steigende Inflationsrisiken und eine Abschwächung der Konjunktur durch die Zollpolitik in einen echten Zielkonflikt mit Blick auf das duale Mandat führen. Dann dürfte auch der Druck der Trump-Administration weiter steigen und die Fed zu einer noch klareren Positionierung zwingen. Bis dahin wird die Fed die Zinsen unverändert halten.
Von Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz