USA
In der abgelaufenen Woche waren relevante Konjunkturdaten rar. Erwähnenswert ist der Auftragseingang für langlebige Güter. Dieser stieg im April um magere 0,2 % gegenüber dem Vormonat und konnte damit das starke Minus aus dem Vormonat (-3,7 % p.m.) quasi gar nicht aufholen. Stabil auf niedrigem Niveau präsentierten sich die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, die in der Woche zum 19. Mai bei 370 Tsd. lagen. Für Mai ergibt sich damit bisher ein Wert von 371 Tsd. verglichen mit 384 Tsd. im April. Die positive Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt setzt sich ebenfalls fort. So legten sowohl die Verkäufe bestehender Häuser als auch die Neubauverkäufe von hohem Niveau aus gegenüber dem Vormonat zu. Gleichzeitig kletterte der FHFA Hauspreisindex im März kräftig um 1,8 % p.m.
Kommende Woche stehen mit dem ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe und dem Arbeitsmarktbericht die beiden wichtigsten Indikatoren des Monats an. Für den ISM Index rechnen wir mit einem merklichen Rückgang auf 53 Punkte. Hierfür spricht das kräftige Minus bei den beiden regionalen Umfragen aus Philadelphia und Richmond. Für den Arbeitsmarktbericht sind wir dagegen optimistisch gestimmt, dass nach den beiden enttäuschenden Zahlen im März und April für Mai wieder ein stärkerer Beschäftigungsanstieg ausgewiesen wird. Insbesondere die Entwicklung der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sowie das hohe Niveau der Beschäftigungskomponenten der beiden ISM Indices stützen diese Annahme. Weitere aus Marktsicht relevante Veröffentlichungen sind die Daten zu den persönlichen Einkommen und Konsumausgaben (Fr) sowie die erste Revision der vorläufigen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal (Do). Letztere dürften von den ursprünglich gemeldeten +2,2 % p.a. ann. auf unter 2 % revidiert werden. Ursache ist der unerwartet schwache Anstieg der Lagerinvestitionen im März. Ebenfalls nicht gut stehen die Vorzeichen für das Verbrauchervertrauen des Conference Boards (Di). Der scharfe Rückgang des wöchentlichen Bloomberg Verbrauchervertrauens spricht für eine merkliche Stimmungseintrübung bei den US Konsumenten.
Darüber hinaus werden in der nächsten Woche der ADP Beschäftigungsbericht sowie der Chicago PMI (beide Do) veröffentlicht.
Mit dem Rebound an den Aktienmärkten der letzten Tage ging auch das US-Renditeniveau in der letzten Woche geringfügig nach oben (zehnjährige Renditen +10 BP auf 1,79%). Auf dem aktuellen – historisch tiefen - Renditeniveau ist zwar einiges an Angst wegen eines Griechenland-Austritts eingepreist – die Marktturbulenzen im Fall eines tatsächlichen Austritts nach den Wahlen würden das Renditeniveau aber wohl noch auf zumindest 1,5 % drücken. Da ein Austritt noch vermieden werden kann gehen wir in unserem Basisszenario und damit in unseren Prognosen bis auf weiteres weiterhin von einem Verbleib im Euro aus. Aber auch in diesem Fall erwarten wir für die US-Anleiherenditen bis zur Griechenland-Wahl nur ein Schwanken um die aktuellen Niveaus – einen nachhaltigen Anstieg retour auf 2 % dagegen erst wenn sich abzeichnet, dass die Krise ausgestanden ist. Kurzfristig würde diese Woche am ehesten noch ein (recht wahrscheinlich) besserer Arbeitsmarktbericht Aufwärtsdruck auf die Renditen machen.
Eurozone
Der informelle EU-Gipfel ist am Mittwoch ohne große Überraschung zu Ende gegangen. Obwohl er grundsätzlich dem Thema Wachstum gewidmet war, stand einmal mehr Griechenland im Mittelpunkt. Im Falle der Eurobonds reichte es nicht zu mehr als zu heftigen Diskussionen, da Deutschland bekannterweise nicht die Meinung der Befürworterländer (Frankreich, Spanien, Italien) teilt. Bei der Erweiterung des Fiskalpakts um den von Hollande forcierten Wachstumspakt wurden ebenso nur kleine Fortschritte erzielt (siehe Shortnote vom 23.5.). Im Zuge des Gipfels sprachen sich die EU Kommission sowie die Staats- und Regierungschefs erneut für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone aus, allerdings fordern sie die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. Kompromissbereitschaft zeichnet sich lediglich durch verstärkten Einsatz von EU-Strukturfonds zur Wachstumsförderung ab. Des Weiteren wurde schon im Vorfeld des Gipfels bekannt, dass auf Ebene der Mitgliedsländer nationale Notfallpläne für einen möglichen Austritt Griechenlands erarbeitet und die EZB einen Krisenstab für diesen Fall eingerichtet hat. So entsteht allmählich der Eindruck, dass der unbedingte Wille für einen gemeinsamen Weg nicht mehr vorhanden ist. Sollten Reformgegner die Wahl am 17. Juni gewinnen, könnte ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone unmittelbar bevorstehen. Die Ergebnisse der letzten Meinungsumfragen aus Griechenland unterstreichen dies: Je nach Institut kommt Nea Demokratia – welche zu den mit den internationalen Kreditgebern ausverhandelten Pakt steht – auf 29,4 % bzw. 26 %. Syriza, die den eingeschlagenen Reformweg ablehnt, liegt zwischen 28,8 % und 30 %. Indessen hat der griechische Bankenrettungsfond (HFSF) am Mittwoch endlich die Freigabe der von der EU zur Verfügung gestellten Mittel zur Bankenrekapitalisierung erteilt. Nachdem die EZB vier griechischen Banken aufgrund einer vollends aufgezehrten Eigenkapitalbasis die weitere Versorgung mit Liquidität im Rahmen ihrer geldpolitischen Geschäfte verweigert hatte, sollen diese nun bis spätestens Montag EUR 18 Mrd. in Form von EFSF-Anleihen erhalten. Dem HFSF stehen somit noch EUR 7 Mrd. zur Verfügung, weitere EUR 23 Mrd. sind aus dem EU-Hilfspaket für die Rekapitalisierung der Banken noch ausständig.
Die am letzten Donnerstag veröffentlichten Konjunkturvorlaufindikatoren für die Eurozone passen zu dem belasteten politischen Umfeld. Die Erstschätzungen für die Einkaufsmanagerindizes (PMI) für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland, Frankreich und den gesamten Euroraum sind unter die Tiefs von letztem November zurückgefallen. Selbst beim deutschen ifo-Index, welcher sich im Gegensatz zur tatsächlichen Wirtschaftssituation auf Boom-Niveau befindet, hat die überfällige Abwärtskorrektur mit einem deutlichen Rückgang eingesetzt. Die PMI für den Dienstleistungsbereich blieben für Frankreich und Deutschland zwar unverändert. In Summe ist aber anhand dieser Ergebnisse im laufenden (Frankreich, Euroraum) bzw. kommenden Quartal (Deutschland) von negativen BIP-Wachstumsraten auszugehen.
In der kommenden Woche werden die noch ausständigen PMI für das verarbeitende Gewerbe für diverse Länder veröffentlicht. Laut Erstschätzungen ist der Rückgang für den Euroraum den Einbrüchen in Deutschland und Frankreich geschuldet, sodass für Italien und Spanien weitgehend unveränderte Ergebnisse anzusetzen sind. Auch wenn sich das EUR-Konsumentenvertrauen unerwartet verbessern konnte, gehen wir bei den EU-Sentimentumfragen für die Gesamtwirtschaft und Industrie von Rückgängen aus. Diese sollten sich an den in vielen Ländern eingetrübten Geschäftsklimaindikatoren (DE, FR, BE) orientieren. Dagegen dürften die Konsumausgaben in Frankreich im Vergleich zum Vormonat ein wenig zulegen (die Vormonate sind verzerrt durch heftige Ausschläge bei der Energienachfrage). Die zahlreich publizierten Inflationsdaten dürften allesamt ein ähnliches Bild widerspiegeln – im Vorjahresvergleich lässt der Preisdruck weiter Stück für Stück nach. Durch Umschichtungen wird die Zunahme beim Geldmengenaggregat M3 nach oben verzerrt (kurzlaufende Anleihen verzeichneten ein Plus von rund 20 % p.a.). Dies dürfte sich auch im April fortsetzen. Der dennoch geringe Inflationsdruck sollte durch die anämische Kreditentwicklung dokumentiert werden.
Die Divergenz in den Anleiherenditen von Kern- und Peripherieländern wird zumindest bis zu den Wahlen in Griechenland auf momentan hohen Niveaus bestehen bleiben, da wir für deutsche Anleiherenditen bis Mitte Juni kein nennenswertes Aufwärtspotenzial sehen. In unserem Basisszenario gehen wir dann mit der vorübergehenden Lösung der Griechenland-Problematik bis zum Jahresende von einer Entspannung auf den Märkten aus. Unsere revidierten Prognosen sehen 10-jährige deutsche Anleiherenditen auf Jahressicht dann bei 1,9 %, was ein Einlaufen der Risikoaufschläge für Peripherieländer (auf jedoch noch immer hohen Niveaus) zur Folge hätte. Sollte tatsächlich ein rasches Ausscheiden Athens aus der Eurozone erfolgen, ist natürlich ein nochmaliger deutlicher Renditerückgang bei langlaufenden deutschen Anleihen sowie eine neuerliche Ausweitung der Aufschläge für Peripherieländer auf Rekordniveaus zu erwarten. Am Primärmarkt sind in der kommenden Woche nur wenige Auktionen angesetzt. Italien begibt am Montag Anleihen und am Dienstag, ebenso wie Frankreich, Schatzanweisungen.
Marktausblick Aktienmärkte
USA
Die Lage an den US-Börsen hat sich in der abgelaufenen Woche etwas stabilisiert, wenngleich die Nachrichten aus Europa noch nicht wirklich für mehr Euphorie sorgen und die US-Konjunkturindikatoren weiterhin uneinheitlich ausfallen. Die insgesamt sehr erfreulich verlaufene – aber eben schon ausgelaufene – Unternehmens-Berichtssaison kann auch nicht mehr als Stütze herhalten. Einzig die weiterhin im Überfluss vorhandene Liquidität bietet immerhin einiges an Halt. Wir setzen aber ganz klar nach Ablauf der aktuellen Turbulenzen wieder auf steigende Aktiennotierungen.
Europa
Die Ungewissheit über den weiteren Verbleib Griechenlands in der Eurozone bzw. die aus einem möglichen Austritt resultierenden Auswirkungen auf andere Peripherieländer sorgen derzeit für kräftige Verunsicherung an den europäischen Aktienmärkten. Bis zu den Neuwahlen in Griechenland dürfte diese noch hoch bleiben. Trotz alledem gehen wir dennoch davon aus, dass nach dem anstehenden Urnengang eine Regierung gebildet werden kann, welche sich auch zu dem eingeschlagenen Reformweg bekennen wird. Ein Ausscheiden aus der Eurozone wäre dadurch vorläufig vom Tisch. Als Folge dessen rechnen wir damit, dass es zu einer markanten Entspannung an den europäischen Aktienmärkten kommt und bis September wieder höhere Kurse erreicht werden.
Japan
Die Investoren zeigen sich nach wie vor risikoscheu. Dementsprechend gaben japanische Aktien weiter ab. Gleichzeitig festigte sich der Yen. Für Negativ-Schlagzeilen sorgte die Herabstufung der Bonität Japans (auf A+ mit negativem Ausblick) durch die Ratingagentur Moody’s. Dies zeigte eindrücklich, dass das Land mit der höchsten Staatsschuldenquote (>200 % im Vergleich zum BIP) unter den Industrienationen seine Hausaufgaben anzugehen hat, um nicht ebenfalls in den Schuldenstrudel zu geraten. Positiv ist immerhin, dass jüngst die Rückkehr zu Wirtschaftswachstum glückte. Durch die jüngsten Kursrückschläge haben sich die Bewertungen wieder merklich moderiert. Auch in den Portfolios der „Profis“ werden japanische Aktien aktuell stark untergewichtet. Das spricht mittelfristig für ein Comeback. Kurzfristig wird allerdings alles von den Ereignissen in Griechenland bestimmt.
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