Die "Happy Hour" bei Anleihen ist endgültig vorbei
Hochprozentiges gibt’s auf den europäischen Rentenmärkten nicht mehr, nicht einmal in den "Beinahe-Pleitestaaten" der Euro-Peripherie. Serviert werden – um im Bild zu bleiben – nur noch stark verdünnte Drinks mit minimalen Renditen. Und selbst die oft nur, wenn Sie mindestens für die nächsten fünf bis zehn Jahre an der Bar sitzen bleiben. Sie brauchen deswegen bitte nicht sofort zum Ausgang zu stürmen. Aber wirklich vergnüglich wird es in der "Anleihe-Bar" so schnell nicht mehr. Auch und gerade für konservativ ausgerichtete Anleger könnte es daher einer der lohnendsten Ausflüge aller Zeiten sein, einen vorsichtigen Schritt ins Nachbarlokal "Zum gemischten Fonds" zu setzen und sich genauer umzuschauen. Dort sind bekanntlich nicht nur die inzwischen weitgehend "ausgelutschten" Anleihen, sondern auch einige Aktien als Beimischung im Menü enthalten. Selbst wenn Sie um Aktien bisher eher einen Bogen gemacht haben, sollten Sie jetzt weiterlesen – es lohnt sich!
Willkommen in der neuen Welt:Künftig ist (fast) alles eine Nummer kleiner!
Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass sich das volkswirtschaftliche Gleichgewicht nachhaltig verändert hat. Das aktuelle Umfeld von Minirenditen, niedriger Inflation und minimalem Wirtschaftswachstum ist keine kurze Episode, sondern könnte durchaus bis zum Ende dieses Jahrzehnts anhalten. Möglicherweise auch weit darüber hinaus. Zum einen bedeutet das kaum noch Erträge für Anleihebesitzer, zum anderen werden die Aktienerträge wahrscheinlich deutlich niedriger liegen als die ca. 8 % bis 10 % p. a., die man in den letzten vier Jahrzehnten noch erzielen konnte. Doch jetzt die gute Nachricht: Mit Aktien dürften sich mit Sicht auf die kommenden zehn bis zwanzig Jahre dennoch erheblich höhere Erträge erzielen lassen als mit Anleihen. Einerseits liegen die Dividendenrenditen bereits seit geraumer Zeit deutlich über jenen für Anleihen, andererseits gibt es gerade – aber nicht nur – in Europa ein gutes Potenzial für Kurssteigerungen.
Letzteres mag viele überraschen – woher sollen diese bei einer schwachen Konjunktur denn kommen? Bekanntlich gibt es neben den Unternehmensgewinnen einen zweiten Hauptfaktor, der die Aktienkurse langfristig massiv beeinflusst: das allgemeine Zinsniveau. Bei diesem hat es eine fundamentale Verschiebung gegeben, die an den europäischen Aktienmärkten noch gar nicht richtig angekommen ist. Denn derzeit gehen die meisten Marktteilnehmer davon aus, dass die aktuelle Periode niedriger Zinsen vor allem von den Notenbanken herbeigeführt worden ist und demnach schon recht bald wieder zu Ende sein kann. Sie trauen den niedrigen Zinsen daher noch immer nicht so recht und legen bei den Aktienbewertungen das seit Jahrzehnten gewohnte Zinsniveau als Messlatte an.
Dauerhaft niedrige Zinsen sind zusätzlicher Treibstoff für Aktienkurse
Doch diese Betrachtungsweise dürfte sich nach und nach ändern. Es deutet sehr viel darauf hin, dass es gar nicht mehr in erster Linie die Notenbanken sind, die den Zins künstlich tief halten. Vielmehr gehören offenbar ein dauerhaft niedrigeres Wachstum wie auch ein deutlich geringerer "neutraler" Realzins als in den zurückliegenden Jahrzehnten zum neuen volkswirtschaftlichen Gleichgewicht. (Beim "neutralen" Realzins befinden sich Wachstum, Beschäftigung und Inflation in einem annähernd gesunden Gleichgewicht.) Das wiederum bedeutet ein generell sehr viel niedrigeres Zinsniveau als gewohnt. Genau das aber hätte äußerst positive Auswirkungen auf die Aktienkurse. Denn stark vereinfacht gilt in der langfristigen Betrachtung: Je niedriger das allgemeine Zinsniveau ist, umso höher ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das die Marktteilnehmer akzeptieren. Und damit auch die Preise, die sie für Aktien zu zahlen bereit sind. Damit könnte das vom Markt als fair angesehene langfristige KGV rund 20 % bis 30 % höher liegen als zuvor. Mit anderen Worten: Für denselben (gleichbleibenden) jährlichen Unternehmensgewinn könnten die Marktteilnehmer künftig einen 20 % bis 30 % höheren Aktienkurs als das neue faire Preisniveau akzeptieren.
Gemischte Fonds – auch und gerade für auf Sicherheit bedachte Anleger
Gerade jetzt lohnt es sich also zu überlegen, ob man nicht zumindest einen Teil des bisher festverzinslich veranlagten Kapitals in Aktienfonds oder gemischte Fonds umschichten sollte. Selbst mit einem sehr moderaten, sprich konservativen Aktienanteil von 10 % bis 25 % (und dem Rest weiterhin in Anleihen) könnte in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren der Ertrag des Gesamtportfolios weit über dem Wert liegen, der sich mit einer reinen Anleiheveranlagung erzielen lässt. Zudem sind die Vorteile eines gemischten Anleihe- und Aktienportfolios ja auch seit vielen Jahrzehnten empirisch klar belegt: in Relation höhere Erträge als allein mit Anleihen und weit geringere Wertschwankungen als bei einer reinen Aktienveranlagung. Selbstverständlich können aber auch bei konservativ ausgerichteten gemischten Fonds Kapitalverluste eintreten. Erträge ganz ohne Risiken lassen sich mit ihnen nicht herbeizaubern.
Weitere Informationen: www.rcm.at