"Mauricio Macri ist zweifellos ein Mann der Tat: In weniger als 10 Monaten hat er bereits die wichtigsten seiner Wahlversprechen umgesetzt: Freigabe der Währung, Abschaffung hoher Exportzölle und Kapitalverkehrskontrollen, Erleichterung der Importe und vor allem – nach 15 Jahren internationaler Isolation – die Rückkehr Argentiniens an den Finanzmarkt. Im April hat das südamerikanische Land 16,5 Milliarden Dollar an Staatsanleihen platziert. Die Papiere waren bei den Anlegern aufgrund der hohen Zinsen (für 10-jährige Anleihen gab es 7,5 %) in einem freundlichen Marktumfeld so begehrt, dass die Nachfrage sogar deutlich höher war. Ende Juni wurden dann weitere 2,8 Milliarden Dollar Staatsanleihen am Markt platziert.
Dass Argentinien und argentinische Unternehmen wieder Zugang zum internationalen Kapitalmarkt haben, ist der Lösungsorientiertheit Macris geschuldet: 2001 (und später nochmals 2014) war Argentinien zahlungsunfähig geworden. Mit den meisten Geldgebern konnte man sich auf einen Schuldenerlass und einen Umtausch von Anleihen einigen, doch ein paar Hedgefonds bestanden auf der vollen Auszahlung und zogen in den US vor Gericht. Macri hatte versprochen, die kompromisslose Ablehnung dieser Forderung (seitens seiner Amtsvorgängerin Kirchner) zu beenden und eine Einigung mit den Investoren zu erzielen. Die Emission der Staatsanleihen eröffnete auch den lokalen Provinzen und Unternehmen den Kapitalmarktzugang und viele machen im aktuell liquiden Marktumfeld davon Gebrauch.
Die Argentinische Zentralbank spielt innerhalb dieser rasanten Transformation eine zentrale Rolle. Mit der Freigabe der Peso wurden die Zinsen massiv erhöht, auch Interventionen wurden zur Stabilisierung unternommen. Im Zuge der Aufwertung im 2. Quartal wurden dann die Zinsen laufen reduziert. Der Kurs der argentinischen Währung bewegte sich in den letzten Monaten zwischen 14 und 16 zum Dollar – eine Schwankungsbreite mit der sich die Zentralbank offenbar wohlfühlt. Unter Kirchner war die Ausfuhr von Nahrungsmitteln durch hohe Exportzölle behindert, inzwischen sind auch diese Zölle fast vollständig abgeschafft, was die Agrarexporte unterstützt. Die saisonalen Agrarexporte sind nämlich eine wesentliche Quelle für US-Dollar und stützen den Peso. Zusätzliche Einnahmen erwartet der Staat über eine Steueramnestie für nicht deklarierte Vermögen in Devisen und Peso sowie Immobilienbesitz. Geschätzte 200 Mrd. US-Dollar hat die argentinische Bevölkerung im Ausland oder zu Hause geparkt, weil sie ihren Regierungen nicht traut. Private Schätzungen gehen allerdings von einem weit höheren Betrag – nämlich 500 Mrd. US-Dollar – aus. Die argentinische Regierung erhofft sich etwa 20 Mrd. US-Dollar Einnahmen dadurch. Um die Zustimmung im Kongress zu erhalten, hat Präsident Mauricio Macri die Amnestie gleichzeitig in einem Abstimmungspaket mit höheren Pensionsauszahlungen an mehr als zwei Millionen Rentnern (die diesen seit 13 Jahren zustehen) abstimmen lassen. Diese sollen aus den Steuereinnahmen der Amnestie finanziert werden.
Viele der Reformen haben kurzfristig einen negativen Einfluss auf die Konjunktur, daher war es wichtig, sofort den Rückenwind nach der Wahl zu nutzen. Die Abwertung der argentinischen Währung – ca. 50 % seit der Freigebe – und die kräftig gestiegenen Energiekosten (aufgrund reduzierter Subventionen) treiben die Inflation nach oben. Sie liegt – auf Jahresbasis – bei etwa 40 %. Erst 2017 – und nicht wie schon heuer angepeilt – sollte diese bei 20 % liegen. Auch die Wirtschaft durchläuft gerade eine reformbedingte Durststrecke und wird 2016 voraussichtlich um ca. 0,5 % schrumpfen. Auch die wirtschaftlichen und politischen Probleme des wichtigsten Handelspartners Brasilien, wirken aktuell negativ auf die argentinische Wirtschaft.
Der bürgerliche Macri setzt klar auf Dialog und ist um eine gute Gesprächsbasis mit seinen politischen Kollegen im In- und Ausland bemüht. Er weiß, dass sein „Honeymoon“ vorerst einmal vorbei ist, und er auf die weitere Zusammenarbeit mit anderen Parteien im Kongress angewiesen ist. Zwar steht eine Mehrzahl der Argentinierinnen und Argentinier noch immer hinter ihrem Präsidenten und seiner politischen Tatkraft, doch spüren sie inzwischen auch die unmittelbaren Folgen der Reformen. Steigende Lebenskosten und der drohende Verlust des Arbeitsplatzes können die Stimmung im Land leicht zum Kippen bringen, wie erste Demonstrationen in Buenos Aires zeigen. Die Aufgabe ist groß: Macri muss nichts weniger, als dem Land wieder zu Wachstum verhelfen, ohne dabei den Sanierungskurs zu verlassen, da die nächsten wichtigen Wahlen 2017 folgen.
Der positive Reformwille und das immer noch attraktive Zinsniveau sprechen aus Anlegersicht aktuell für ein Engagement in der Währung. Auch die USD-Staatsanleihen sind im aktuellen Marktumfeld und trotz zuletzt deutlich gestiegener Kurse immer noch attraktiv."