Die Argumentation für den positiven Aktienausblick der letzten Monate ruhte vor allem auf fundamentalen Faktoren: positiver Wirtschaftsausblick, steigende Unternehmensgewinne, nur langsam steigende Inflation. Dieses für Aktien positive Umfeld hat dazu geführt, dass sich die Märkte nach der Korrektur wieder erholt haben. In der Zwischenzeit hat sich die Gesamtsituation jedoch etwas eingetrübt. Einige Wirtschaftszahlen lagen zuletzt unter den Erwartungen und das Gewinnwachstum hat seinen Höhepunkt überschritten. Nur um sicher zu gehen: das Niveau ist weiterhin gut, aber der Ausblick hat sich ein wenig verschlechtert. Und in aller Regel ist für die Finanzmärkte letzteres wichtiger als ersteres. Das allein hätte aber noch nicht gereicht, um Aktien vorsichtiger zu positionieren, auch technische Faktoren sprechen auf kürzere Sicht für eine Reduktion dieser Assetklasse.
So hat beispielsweise die steile Erholung in den letzten Wochen dazu geführt, dass die Märkte übergekauft sind und es daher unwahrscheinlich ist, dass die charttechnischen Widerstände bald überwunden werden können. Die Gewichtung von Positionen ist allerdings nicht nur eine Frage bei den Aktien, sondern mehrdimensional. Wenn Aktien bevorzugt werden, müssen natürlich andere Kategorien geringer gewichtet sein. Wir hatten diese Übergewichtung der Aktien zulasten von Euro Staatsanleihen. Diese sind zuletzt spürbar gefallen, somit war die Positionierung durchaus vorteilhaft. Die Gründe für die Rückgänge waren zum Teil jedoch andere als erwartet. Nicht nur der positive Wirtschaftsausblick hat zu steigenden Renditen geführt, sondern insbesondere das neuerliche Auflodern des politischen Risikos in Italien hat vor allem die Anleihen der Südländer belastet. Politische Risiken führen regelmäßig zu steigenden Schwankungen an den Märkten. Allzu oft stellt sich jedoch – gemäß der Börsenweisheit, dass politische Märkte kurze Beine haben – nach absehbarer Zeit eine Beruhigung ein. Die Situation in Italien wird da keine Ausnahme bleiben. Folgerichtig setzen wir nun vermehrt wieder auf Anleihen.
Staatsanleihen: Märkte von politischen Querelen in Italien geprägt
Ausgehend von sehr hohen Niveaus trübten sich die Konjunkturindikatoren insbesondere in Europa ein. Alles beherrschend ist die Divergenz zwischen europäischen Peripherie-Renditen und Kerneuropa-Renditen, die durch die politischen Querelen in Italien verursacht wurde. Der geldpolitisch begründete Anstieg des US-Dollar erhielt gegenüber dem Euro, aufgrund einer nun wieder aus Tapet gebrachten möglichen Euro-Krise, weiteren Antrieb.
Unternehmensanleihen: Risikoprämien steigen und belasten Segment
An den europäischen Unternehmensanleihe-Märkten sind die Risikoprämien in den letzten paar Wochen stark angestiegen. Verursacht wurde diese Entwicklung durch die Turbulenzen rund um die Regierungsbildung in Italien. In den europäischen High-Yield Anleihe-Indizes beträgt das Gewicht italienischer Emittenten rund 10 % und belastete somit dieses Segment vergleichsweise deutlich. Vielen Emittenten fällt es im aktuellen Umfeld schwerer, sich zu refinanzieren und gestiegene Primärmarktprämien ziehen die Spreads am Sekundärmarkt vorerst weiter mit nach oben.
Anleihen Emerging Markets: US-Zinsen und „hausgemachte“ Themen treten in Vordergrund
Der Anstieg der realen US-Renditen wirkte sich negativ auf Schwellenländer-Anleihen aus. Sowohl die Finanzierungsbedingungen als auch die relative Anlageattraktivität verschlechterten sich damit. Auf der Währungsseite bewirkten zusätzlich zu den global wirkenden US-Zinsen auch "hausgemachte" Themen wie in der Türkei und Brasilien teilweise dramatische Abwertungen. Das wirtschaftliche Bild bleibt grundsätzlich positiv, auch wenn die Gegenkräfte – Trump'sche Handelspolitik, US-Zinsen, hausgemachte Probleme – zuletzt stärker wurden.
Entwickelte Aktienmärkte: Volatilität steigt bei intaktem Konjunkturumfeld
Die entwickelten Aktienmärkte konnten in den letzten Wochen zulegen. Eine Entspannung bei einigen Belastungsthemen der letzten Monate (Ängste vor einem globalen Handelskrieg, Liquiditätsrückführung durch die Notenbanken) unterstützte diese Entwicklung. Wir erwarten jedoch, dass diese Themen auch in den kommenden Monaten immer wieder für Volatilität an den Märkten sorgen werden. Das fundamentale Umfeld (Konjunkturumfeld und Ausblick für Unternehmensgewinne) präsentiert sich nach wie vor positiv – wenngleich etwas schwächer als noch vor ein paar Wochen angenommen. Nach den Kursanstiegen der letzten Wochen sind wir aber wieder etwas vorsichtiger gestimmt.
Aktienmärkte Schwellenländer: Gewinnentwicklung weiterhin positiv
Die Euphorie, die im Jänner an den Emerging Markets geherrscht hat, ist einigermaßen verflogen. Dabei hat sich an den fundamentalen Gegebenheiten kaum etwas geändert. Vielmehr handelt es sich hierbei wohl um eine Anpassung einer überhöhten Positionierung von Investoren in dieser Assetklasse. Sieht man sich die Gewinnentwicklung der einzelnen EM-Regionen an, geht der Trend weiterhin den richtigen Weg. Insbesondere der asiatische Raum zeigt eine sehr ansprechende Entwicklung. Gesamt bleiben Emerging Markets-Aktien relativ attraktiv bewertet.
Ingrid Szeiler, Chief Investment Officer, Raiffeisen KAG