Was lange Zeit eher Inbegriff für Teenager-Partys und Studentenleben war und sich zumeist auf Pizza, Pasta oder Reisgerichte vom Chinesen um die Ecke beschränkte, ist zu einem echten Massenphänomen geworden: Essenslieferungen (Food Delivery) nach Hause oder ins Büro. Millionen von fertig zubereiteten Gerichten werden inzwischen täglich an Privathaushalte überall auf der Welt ausgeliefert, Tendenz rasch steigend. Die Schweizer Großbank UBS geht in einer unlängst veröffentlichten Studie davon aus, dass 2018 Essen im Wert von 30 Milliarden Euro online bestellt wurde. Ihren Schätzungen zufolge wird sich dieses Volumen bis 2030 mehr als verzehnfachen, auf jährlich gut 350 Milliarden Euro. Für die Verfasser der UBS-Studie scheint es durchaus möglich, dass in nicht allzu ferner Zukunft in vielen Haushalten erheblich weniger oder gar nicht mehr gekocht wird. Wohnungen mit viel kleineren Küchen oder mit Gemeinschaftsküchen für mehrere Wohneinheiten oder gar Apartments ganz ohne Küche sind auf dem Vormarsch.
Technologie + Zeitgeist = glänzende Wachstumsaussichten
Doch warum ist Food Delivery gerade jetzt zu einem solchen Megatrend herangewachsen und nicht schon vor 20 Jahren?
Die Antwort: technologischer Fortschritt plus gesellschaftlicher Wandel. Zum einen haben oder nehmen sich immer weniger Menschen Zeit für die Zubereitung von Essen. Zum anderen bedient Food Delivery den generellen Trend zu immer mehr Bequemlichkeit. Statt einkaufen zu gehen, lässt man liefern. Statt selbst zu kochen, lässt man kochen. Statt essen zu gehen, lässt man das Restaurant zu sich kommen.
Food Delivery ist in erster Linie ein Logistik-Geschäft. Diverse Apps und Plattformen bieten per Internet hunderte, ja tausende Restaurants und Gerichte in verschiedensten Qualitätsstufen auf einen Klick, mit Kundenbewertungen, Preisvergleichen oder Rabattaktionen. Selbst verschiedene Restaurants in einer Bestellung sind möglich, sodass etwa bei Gruppenbestellungen ganz unterschiedliche Geschmäcker bedient werden können. Ein Heer von – oft niedrig entlohnten – Auslieferern und neuerdings sogar auch Drohnen und selbstfahrenden Lieferfahrzeugen sorgen dafür, dass Lieferzeiten und Lieferkosten im akzeptablen Rahmen bleiben bzw. tendenziell sogar weiter sinken könnten.
Für Restaurants ein zweischneidiges Schwert mit Gewinnern und Verlierern
Während für die Essensbesteller Vorteile und Annehmlichkeiten auf der Hand liegen, ist der Food Delivery Trend für die Restaurants ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ermöglicht er zusätzliches Geschäft, ohne weitere Ausgaben für Service oder neue Restaurantflächen. Ebenso kann er helfen die Auslastung der Küche zu verbessern, und erlaubt tiefere Einblicke in die Bedürfnisse und Wünsche vieler Kunden. Restaurants können somit effizienter einkaufen und anbieten. Auf der anderen Seite fließt ein erheblicher Teil des zusätzlichen Umsatzes an die entsprechenden Plattformen und Zustelldienste. Mehr noch: Viele Restaurants verdienen generell kaum am Essen, sondern vor allem an den Getränken. Diese werden aber bei Online-Lieferungen weit weniger bestellt.
Zunehmend etablieren sich „Geister-Restaurants“, die Gerichte ausschließlich für Online-Bestellungen zubereiten und lediglich aus Küchen bestehen. Sie haben gegenüber herkömmlichen Restaurants und sogar gegenüber dem privaten Kochen daheim erhebliche Kosten- und Effizienzvorteile, speziell beim Einkauf der Zutaten. Für einige Restaurants ist der Food Delivery Trend daher durchaus ein Gewinn, vor allem in den weniger dicht besiedelten Gebieten – wie etwa in so manchen Kleinstädten und Vororten. Für andere ist er tendenziell eine Bedrohung.
Demographie und Urbanisierung bieten gewaltigen Rückenwind
Food Delivery ist aufgrund der logistischen Rahmenbedingungen derzeit primär für Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte geeignet und profitiert damit von der steigenden Urbanisierung. 2010 lebten erstmals mehr Menschen weltweit in Städten als auf dem Land. Heute sind es 55 %, 2050 werden rund 68 % in Städten leben (Quelle: UN World Urbanization Prospects, 2018). Inzwischen schreiten aber auch schon Projekte mit Drohnenlieferung voran, etwa in bergigeren Regionen Chinas. Der Trend dürfte also auch über die urbanen Zentren hinausgehen.
Ein weiterer Faktor, der die Ausbreitung von Food Delivery Plattformen begünstigt, ist die demographische Entwicklung. Nahezu alle Studien zeigen eine deutlich höhere Affinität jüngerer Menschen dafür, fertiges Essen anstelle von Zutaten zu kaufen. Zugleich scheint in etlichen Ländern ein wachsender Teil der neuen Generationen schon gar nicht mehr kochen zu können. Das mag man aus gesellschaftlich-kultureller Sicht vielleicht beklagen, aber es dürfte Essenszulieferern langfristig und dauerhaft gute Geschäfte bescheren.
Food Delivery im Raiffeisen-MegaTrends-Aktien
Beim Thema Food Delivery treffen also mehrere Megatrends aufeinander. Zum einen machen es ein allgegenwärtiges Internet und eine immer bessere Logistik so leicht wie nie, Essen zu bestellen bzw. Essen intelligent bestellbar zu machen. Zum anderen führen veränderte gesellschaftliche Rollenbilder und Prioritäten der nachkommenden Generationen eine wachsende Zahl von Menschen weg vom selber Kochen bzw. weg von Restaurantbesuchen hin zum Bestellen von Essen.
Im Raiffeisen-MegaTrends-Aktien investiert das Fondsmanagement primär in die Plattformen und nicht in einzelne Restaurants. Wir sind davon überzeugt, dass langfristig vor allem die Organisatoren und Logistikanbieter vom Megatrend Food Delivery profitieren werden. Eine Ausnahme dabei: große Restaurantketten. Hier erwarten wir uns gewaltige Möglichkeiten an Personalisierung und maßgeschneiderten Angeboten durch „Big Data“. Große Ketten können und werden es sich vielfach auch leisten, (parallel) ihre eigenen Lieferdienste aufzubauen. Sie haben somit auch bessere Kontrolle über die Kundeninformationen und über die Kostenseite der neuen „Food Delivery“- Welt.
Gegenwärtig (per 24. April 2019) ist der Fonds in sechs Einzeltitel investiert, die unseren strengen Auswahlkriterien entsprechen. China ist auch bei diesem Trend, wenig überraschend, in der vordersten Reihe beim Marktpotenzial zu finden.