Das erste Halbjahr des Jahres 2019 liegt hinter uns. Die ersten sechs Monate haben für Anlegerinnen und Anleger einige Überraschungen parat gehalten. Vor allem mit der Marktentwicklung hatte in dieser Form wohl kaum jemand gerechnet. Wer hätte gedacht, dass die Rendite einer 10jährigen deutschen Bundesanleihe um mehr als einen halben Prozentpunkt auf nunmehr minus 0,3 % fallen und das US-Pendant unter 2 % liegen würde? Dass sowohl in den USA als auch in der Euro-Zone Zinssenkungen auf die Tagesordnung kommen? Dass die Aktienmärkte deutlich zweistellig zulegen könnten, und und und. Wenigstens auf etwas ist Verlass: die Unberechenbarkeit des US-Präsidenten. Die Fondsperformance liegt vor diesem Hintergrund weit über den Erwartungen. Über alle Risikokategorien hinweg, übertrifft die aktuelle Wertentwicklung bei weitem jene, die für das gesamte Jahr erwartet worden war. Eine besondere Herausforderung stellt die immer extremere Zins- und Renditesituation in der Euro-Zone dar. Einige Marktsegmente sind von der Anlageklasse zum Spekulationsobjekt mutiert, denn die wichtigste Eigenschaft einer Anlageklasse, der laufende Ertrag, ist in manchen Fällen nicht mehr vorhanden. Bei einer negativen Rendite kann man nur Ertrag erwirtschaften, wenn der Kurs steigt und die Rendite noch weiter fällt. Über die Auswirkungen dieses Befundes nachzudenken, könnte lohnenswert sein.
Staatsanleihen: Inflationsziel von 2 % p.a. in Euro-Zone außer Reichweite
Mittlerweile notiert rund ein Viertel aller global handelbaren Staatsanleihen bei einer negativen nominellen Rendite. Vor allem in der Euro-Zone scheint das Inflationsziel von 2 % p.a. weit außer Reichweite und bezüglich der Wirkung des abermaligen Einsatzes geldpolitischer Stimulus-Maßnahmen bleiben wir vorerst skeptisch. Daher sind wir weiterhin vorsichtig was europäische inflationsindexierte Staatsanleihen betrifft und geben weiterhin Schwellenländer-Staatsanleihen den Vorzug.
Unternehmensanleihen: Rückenwind durch geldpolitischen Stimulus
Unternehmensanleihen profitierten im Juni von gesunkenen, risikoarmen Staatsanleiherenditen und niedrigeren Risikoprämien. Trotz eines bereits außerordentlich guten Refinanzierungsumfeldes in der Euro-Zone dürfte der erwartete geldpolitische Stimulus (u.a. Anleihekäufe) dieser Assetklasse zusätzlichen Rückenwind verleihen.
Emerging-Markets-Anleihen profitierten von geldpolitischen Unterstützungsmaßnahmen
Die Risikoprämien von Schwellenländer-Hartwährungs-Anleihen engten sich im Juni deutlich ein. Emerging-Markets-Anleihen konnten unserer Einschätzung nach in erster Linie von abermals erwarteten geldpolitischen Unterstützungsmaßnahmen der globalen Notenbanken profitieren. Dies hatte zur Folge, dass die Anleiherenditen sanken und der Risikoappetit der Investoren angeregt wurde.
Entwickelte Aktienmärkte: expansive Geldpolitik wird freudig zur Kenntnis genommen
Die entwickelten Aktienmärkte konnten in den letzten Wochen Kurszuwächse verbuchen, wobei aber weniger Fundamentaldaten im Mittelpunkt standen, als vielmehr erneut politische Themen (Handelspolitik & Geldpolitik). Als wichtigster Unterstützungsfaktor erwiesen sich einmal mehr die internationalen Notenbanken. Die Aussicht auf Zinssenkungen (USA) bzw. nochmalig expansivere Geldpolitik (EZB) wurde an den Aktienmärkten freudig zur Kenntnis genommen.
Aktienmärkte Schwellenländer: gute Entwicklung gegenüber entwickelten Aktienmärkten
Die wichtigsten Fakten wurden einmal mehr in diesem Monat von Seiten der Notenbanken geschaffen: So wurde auf beiden Seiten des Atlantiks sehr klar kommuniziert, dass es zu neuerlichen geldpolitischen Lockerungen kommen wird. Hauptprofiteure lockerer Geldpolitik sind zweifelsohne die Emerging Markets. Das hat auch seinen Niederschlag in der Wertentwicklung von Schwellenländer-Aktien gefunden und auch zu einer vergleichsweise guten Performance gegenüber entwickelten Aktien geführt. Zudem sind erstmals Anzeichen einer Stabilisierung des negativen Gewinntrends bei asiatischen Aktien erkennbar.
Rohstoffe: zyklische Energierohstoffe und Industriemetalle geben Großteil der Kursgewinne ab
Nach einem sehr starken ersten Quartal musste der Rohstoffbereich zuletzt Kursverluste verbuchen. Vor allem die zyklischeren Energierohstoffe und Industriemetalle gaben einen Großteil der Kursgewinne wieder ab. Edelmetalle konnten hingegen von der Aussicht auf erneut expansivere Geldpolitik profitieren. Generell sind viele Segmente im Rohstoffbereich weiterhin von einer angespannteren Angebotssituation gekennzeichnet. Dies spiegelt sich auch in einer (für Investoren) positiveren Kurvenstruktur wider.
Ingrid Szeiler, CIO, Raiffeisen KAG