Ein ereignisreiches Jahr geht dem Ende zu. Ein Jahr, das wir gerne hinter uns lassen werden. Das Jahr 2021 wird ein gutes, zumindest wenn es nach unserer Erwartung für die Aktienmärkte geht. Dies fußt zunächst auf der Entwicklung der globalen Konjunktur. Nach beispiellosen Einbrüchen im Jahr 2020 wird im neuen Jahr eine spürbare Erholung eintreten. Diese könnte sogar stärker ausfallen, als es aktuell von den Volkswirten erwartet wird. Hand in Hand mit einer besseren Wirtschaftsdynamik werden sich auch die Unternehmensgewinne erholen. Zweistellige Zuwachsraten sind möglich. Wie schon in den letzten Jahren wird eine lockere Geldpolitik als unterstützender Faktor bleiben und auch die Fiskalpolitik wird weiterhin großzügig sein. Was gibt es schöneres, als Geld auszugeben, das man zwar nicht hat, aber freigiebig von der Notenbank zur Verfügung gestellt bekommt – ein „No-Brainer“ für jeden Politiker.
Hier liegt auch ein wesentliches Risiko für das positive Marktszenario begraben. Sollten die Notenbanken gezwungen sein, ihre Liquiditätsinjektionen zu reduzieren oder einstellen zu müssen, hätte das starke Auswirkungen auf viele Marktsegmente. So hat nur die EZB seit Ausbruch der Krise ihre Bilanz um EUR 340 Mio. ausgeweitet – pro Stunde, 24/7. Dieses Geld ist zunächst in Staats- und Unternehmensanleihen geflossen. Kein Wunder, dass wir hier die Renditetiefstände wieder erreicht haben. Aber frei nach dem Motto „Das Wasser findet seinen Weg“, waren natürlich auch Hochzinsanleihen und Aktien begünstigt. Was wäre also dieser „Game-Changer“, der zu einem Umdenken bei den Notenbanken führen würde? Eine solche Entwicklung sähen wir nur im Fall eines starken Anstiegs der Inflation. Das ist nicht unsere Erwartung, aber zweifellos eines der Risikoszenarien für 2021.
Staatsanleihen: US-Papiere bieten derzeit die größten Chancen
Kerneuropäische Staatsanleihen, insbesondere der Länder Deutschland und Frankreich, betrachten wir aktuell als weniger attraktiv im Vergleich zu anderen Staatsanleihen wie jenen der europäischen Peripherie, beispielsweise Italien und Spanien. Wobei auch diese im Verlauf des Jahres 2020 an Attraktivität verloren haben. Aktuell sehen wir die größten Chancen innerhalb dieser Assetklasse bei US-Staatsanleihen.
Unternehmensanleihen: Hohe Schuldenlast wird in die Zukunft transferiert
Die Spreads von Euro-Investmentgrade-Unternehmensanleihen sind im November auf Vor-Covid-Niveaus abgesackt. Es sind eher technische und weniger fundamentale Gründe, die für diese Anleiheklasse sprechen. Denn Europa befindet sich im Gegensatz zu den meisten Regionen im Lockdown und die Ausfallsraten steigen, während sie in den USA bereits sinken. Doch: Der Refinanzierungskanal ist weit geöffnet und dem Unternehmenssektor gelingt es gut, seine hohe Schuldenlast in die Zukunft zu transferieren.
Emerging-Markets-Anleihen: Risiken aufgrund möglicher Covid-19-Lockdowns
Schwellenländer-Hartwährungsanleihen haben sich zweifelsohne gut entwickelt. Aufgrund möglicher weiterer Covid- Lockdowns in den USA und den Emerging Markets bleiben wir bei dieser Anleiheklasse dennoch zurückhaltend.
Entwickelte Aktienmärkte: unverändert positives Kapitalmarktumfeld
Die internationalen Aktienmärkte konnten im November zum Teil die stärksten monatlichen Kurszuwächse der letzten 40 Jahre verbuchen. Besonders zulegen konnten dabei zyklische Marktsegmente. Neben positiven Gewinnrevisionen wurde diese Kursentwicklung vor allem von positiven Nachrichten bezüglich potenzieller Covid-Impfungen befeuert. Kurzfristig mahnen verschiedene Stimmungsindikatoren zwar zur Vorsicht (überkaufte Marktsituation), wir erwarten aber auf Sicht der nächsten Monate ein unverändert positives Kapitalmarktumfeld und sind daher nun einen Aktienschritt übergewichtet.
Schwellenländer-Aktien: Asiatischer Raum Insel der Seligen
Während eine zweite, heftige Welle des Virus über Europa fegt, ist der asiatische Raum weiterhin eine Insel der Seligen. Damit sind die beiden Kontinente einmal mehr nicht vergleichbar. Insbesondere China lässt kaum mehr Einschränkungen der wirtschaftlichen Leistungen durch Corona erkennen. Das lässt sich auch an der Gewinnentwicklung der asiatischen Unternehmen ablesen, die sich sehr fest entwickelt. In der Peripherie der Emerging Markets (Lateinamerika und Osteuropa) sind die Spuren dafür deutlicher - eine Verbesserung zeichnet sich aber auch hier ab.
Rohstoffe: Zyklische Industriemetalle konnten stark zulegen
Innerhalb der Rohstoffsektoren konnten die zyklischen Industriemetalle besonders stark zulegen. Positive Konjunkturdaten aus China und die Aussicht auf eine global stärkere Konjunktur in den nächsten Quartalen haben für Unterstützung gesorgt. In diesem sehr freundlichen Marktumfeld präsentierten sich Edelmetalle hingegen schwächer. Wir halten in der Taktischen Asset Allocation weiterhin eine Position im Bereich Edelmetalle (mittels Derivaten auf Rohstoffindizes). Die unverändert sehr expansiven globalen Notenbanken in Kombination mit deutlich negativen Renditen bei sicheren Staatsanleihen unterstützen diesen Sektor.
Ingrid Szeiler, CIO der Raiffeisen KAG