Ein Jahr und ein paar Tage sind vergangen, seit die Weltbörsen im März letzten Jahres ihren Tiefpunkt infolge der Covid-19-Krise erreicht hatten. Dieser damals extrem negativen Vorwegnahme künftiger fundamentaler Entwicklungen folgte ein sehr deutlicher Einbruch bei den Unternehmensgewinnen. Das zweite Quartal 2020 hat mit einem Minus von 31 % den stärksten Gewinnrückgang im Jahresvergleich seit der globalen Finanzkrise 2008 hervorgebracht. Zu beachten ist allerdings, dass mit der Berichterstattung über exakt dieses sehr negative zweite Quartal 2020 ein Phänomen begonnen hat, das wir inzwischen bei jeder nachfolgenden Berichtssaison und auch nahezu im selben – historisch gesehen, weit überdurchschnittlichen – Ausmaß beobachten konnten: Die Tendenz der deutlich positiven Überraschungen in Relation zu den Analystenschätzungen. Denn für das genannte zweite Quartal 2020 war ein noch wesentlich dramatischerer Gewinneinbruch infolge der Gesundheitskrise und der wirtschaftlichen Auswirkungen erwartet worden. Der Markt blickt jedoch meist mit einem gewissen Grundoptimismus voraus und honoriert einerseits diese positiven Überraschungseffekte und preist andererseits infolge dessen eine ähnliche Tendenz auch für das nächste Quartal. Zurecht, wie bereits erwähnt. Denn seit dem zweiten Quartal 2020, konnten insbesondere US-Unternehmen die Erwartungen des Marktes nicht nur erfüllen, sondern Quartal für Quartal bei weitem übererfüllen. Bereits das vierte Quartal 2020 hat schon wieder eine leicht positive Gewinnentwicklung gegenüber dem Vorjahr hervorgebracht. Nun folgen mit dem ersten und zweiten Quartal 2021 jene beiden Berichtsphasen, die erwartungsgemäß infolge des Basiseffekts und der klaren Erholungstendenzen der Weltwirtschaft die im heurigen Jahr höchsten positiven Veränderungsraten bei den Unternehmensergebnissen aufweisen sollten.
Staatsanleihen: weiterhin Zurückhaltung bei deutschen und französischen Papieren
Bei Euro-Staatsanleihen – vor allem bei französischen und deutschen Papieren – bleiben wir weiterhin zurückhaltend. Ausgenommen sind italienische Staatsanleihen, die wir neutral sehen. Schwellenländer-Hartwährungsanleihen sehen wir im Vergleich zu globalen Staatsanleihen (vor allem aus den USA und aus Japan) als chancenreicher.
Unternehmensanleihen: erwarteter Newsflow sollte Anleiheklasse unterstützen
Euro-Unternehmensanleihen (Non-Financials) betrachten wir gegenüber Euro-Staatsanleihen als bessere Wahl. Ebenso gegenüber anderer Euro-Non-Sovereign-Anleihen (Quasi Government, Collateralized Bonds). Der von uns beobachtete und erwartete kurzfristige Newsflow sollte diese Anleiheklasse weiter unterstützen.
Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen: Risikoprämien ohne wesentlichen Aufwärtsdruck
Schwellenländer-Hartwährungsanleihen sehen wir weiterhin positiv und sind entsprechend positioniert. Emerging Markets-Hartwährungsanleihen mussten seit Anfang 2021 im Zuge stärker steigender US-Renditen und einer steileren US- Zinskurve leichte Verluste hinnehmen. Ihre Risikoprämien blieben jedoch nahezu unverändert. Wir denken, dass die Risikoprämien von Schwellenländer-Hartwährungsanleihen keinen wesentlichen Aufwärtsdruck verspüren werden.
Entwickelte Aktienmärkte: positives Kapitalmarktumfeld zu erwarten
Die internationalen Aktienmärkte konnten in den letzten Wochen weiter zulegen, wobei die Gewinnerliste von zyklischeren Marktsegmenten angeführt wird. Trotz negativer Nachrichten zum Thema Covid-19 (weitere Mutationen) stützen die positiven Gewinnrevisionen sowie der Impffortschritt etwa in den USA. Kurzfristig mahnen verschiedene Stimmungsindikatoren zwar zu Vorsicht (überkaufte Marktsituation), wir erwarten aber auf Sicht der nächsten Monate ein unverändert positives Kapitalmarktumfeld.
Schwellenländer-Aktien bleiben zuletzt hinter entwickelten Märkten zurück
Auch bei Aktien aus den Emerging Markets ist in den letzten Wochen ein klarer Trend gut erkennbar: Aktien des Wachstumsbereichs ("Growth") sind im aktuellen Marktumfeld steigender Renditen deutlich mehr belastet als Aktien aus dem Wertebereich ("Value"). Nachdem mittlerweile Aktien aus dem Wachstumsbereich im Emerging-Markets-Index sehr hoch gewichtet sind, kommt es aktuell zu einer Underperformance von Emerging Markets vs. entwickelter Märkte. Der Aufholprozess zyklischer aufgestellter Regionen setzt sich fort.
Rohstoffe: Energiepreise befinden sich in Konsolidierungsphase
Die Rohstoffmärkte zeigen sich in diesem Jahr weiterhin von der starken Seite. Nach den Anstiegen im Jänner und Februar befinden sich zuletzt vor allem die Energiepreise in einer Konsolidierungsphase. In diesem sehr freundlichen Marktumfeld, mit steigenden Renditen in den USA, präsentierten sich Edelmetalle hingegen schwächer.
Ingrid Szeiler, CIO, Raiffeisen KAG