Das mittlerweile massiv erhöhte Zinsniveau zur Eindämmung der Inflationsdynamik bringt unweigerlich stark veränderte Finanzierungskonditionen mit sich und schafft dadurch in vielfacher Hinsicht neue Rahmenbedingungen. Infolge der extremen fiskalischen Unterstützungsmaßnahmen aus der Zeit der Pandemie, aber auch infolge der zuvor langjährigen Niedrig- bzw. Nullzinsphase scheinen sich diese neuen Rahmenbedingungen noch nicht in jeder Hinsicht und deutlich zeitverzögerter als in vergleichbaren Phasen zu manifestieren. Das nunmehr sukzessive Auslaufen der Fiskalmaßnahmen, in Kombination mit der einsetzenden dämpfenden Wirkung der straffen Geldpolitik, dürfte aber immer mehr in der Realwirtschaft ankommen. Sowohl die wesentlichen Makro-Frühindikatoren wie auch die stark inverse Zinsstruktur signalisieren bereits seit geraumer Zeit einen deutlichen Wirtschaftsabschwung. In der Euro-Zone befinden sich bereits weite Teile der Industrie, insbesondere in der größten Volkswirtschaft Deutschland, in einer Rezession. Überraschend stark zeigte sich bislang der Arbeitsmarkt – für die Notenbanken einerseits der wichtigste (wenn auch nachlaufende) Indikator für den Zustand der Gesamtwirtschaft und andererseits eine wesentliche Inflationsquelle über steigende Löhne/Gehälter. Zuletzt wurde die Devise „higher for longer“ ausgegeben, zumal die Inflationsraten noch deutlich über dem unveränderten 2%-Ziel liegen. Am Rentenmarkt wurde die verlängerte Zinshochphase über weiter ansteigende Renditen – insbesondere bei lang laufenden Staatsanleihen – auch entsprechend eingepreist. Des Weiteren verstärken die erhöhten Haushaltsdefizite und der Abbau der Bilanzsummen der Zentralbanken den Druck auf die Anleiherenditen. Der Aktienmarkt hingegen zeigte sich bis vor Kurzem recht unbeeindruckt und weist seit Jahresbeginn immer noch deutliche Kursgewinne auf. Wir gehen jedoch davon aus, dass diese wohl nicht haltbar sein werden.
Nominelle Renditen risikoarmer Staatsanleihen etwas höher
In einem risk-off Szenario Ende September sind die nominellen Renditen risikoarmer Staatsanleihen ebenso angestiegen wie Risikoprämien risikobehafteter Staatsanleihen. Vor allem der Anstieg der realen Zinsen führte zu höheren Renditen und nicht höheren Inflationserwartungen. Wir erachten die aktuellen Renditen von Euro-Staatsanleihen als attraktiv, insbesondere US-Staatsanleihen.
Unternehmensanleihen: Risikoprämien steigen bislang nur moderat
Die Unternehmensanleihemärkte zeigten sich von den Verwerfungen an den Aktien- und Staatsanleihemärkten weitestgehend unbeeindruckt. Risikoprämien tendierten nur moderat gegen Norden. Auch der Primärmarkt war zuletzt durchaus belebt, mit Emissionen von Investmentgrade- und High-Yield Emittenten. In Summe diskontiert dieser Markt die fundamentale Schwäche de facto kaum. Wir bleiben hier vorsichtig positioniert.
Emerging Markets: schwache Konjunkturdaten aus China
Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen behaupteten sich weiterhin vergleichsweise gut. Wir beobachten aber v.a. aus China sehr schwache Konjunkturdaten und ein Verpuffen der dortigen Stimulus-Maßnahmen. In Summe erwarten wir kein Abkoppeln der Schwellenländer-Anleihespreads von den Risikoprämien in den entwickelten Märkten, wo wir derzeit eher mit einem Anstieg derselben rechnen.
Entwickelte Aktienmärkte: restriktives Zinsumfeld könnte in den nächsten Monaten belasten
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen deutlich schwächer. Während die Aktienmärkte im heurigen Jahr von den steigenden Zinsen lange Zeit relativ unbeeindruckt waren, hat sich dieses Bild zuletzt etwas gedreht. Auch wenn die Märkte kurzfristig etwas überverkauft erscheinen, erwarten wir, dass das restriktivere Zinsumfeld in den nächsten Monaten belastend für die Aktienmärkte wird.
Schwellenländer-Aktienmärkte: US-Dollar-Finanzierungen könnten sich deutlich erschweren
Für den Immobiliensektor in China gibt es nach wie vor keine Lösung, dies liegt wohl auch an der massiven Gesamtverschuldung, unter der China mittlerweile leidet. Eine Bereinigung wäre hier notwendig, ist aber mit Schmerzen verbunden, die die chinesische Führung nicht bereit ist, auf sich zu nehmen. Generell ist zu befürchten, dass die prekärer werdende Liquiditätssituation, ausgelöst durch globale Notenbanken, auch die US-Dollar-Finanzierung in Emerging Markets deutlich erschweren wird. Darauf muss man in den nächsten Wochen ein achtsames Auge werfen.
Rohstoffmärkte: Energiebereich zeigt sich zuletzt sehr fest
In den letzten Wochen präsentierte sich vor allem der Edelmetallbereich schwächer und der Energiebereich bis Ende September sehr fest. Die erneuten deutlichen Renditeanstiege und ein gleichzeitig sehr fester US-Dollar lasteten auf der Stimmung im Edelmetallbereich.
Von Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG