Relativ schwach zeigten sich allerdings einmal mehr die chinesischen Aktienindizes, die nahezu unverändert blieben. Begleitet bzw. stark unterstützt wurde die Aktienrallye durch kräftige Renditerückgänge in den USA und Europa, sowie nachgebende Öl- und Gaspreise. Die Inflations- und Wirtschaftsdaten der vergangenen Wochen stützen das Szenario einer „sanften Landung“ der US-Konjunktur, also eine wirtschaftliche Abkühlung ohne eine größere oder länger anhaltende Rezession. Im Zuge dessen preisten die Finanzmärkte deutlich raschere und stärkere Zinssenkungen der US-Notenbank sowie der Europäischen Zentralbank ein. Es bleibt abzuwarten, ob sie damit diesmal richtig liegen, oder einmal mehr voreilig sind. Dasselbe gilt für die „sanfte Konjunkturlandung“ in den USA, die zwar etwas wahrscheinlicher geworden, aber keinesfalls sicher ist.
Nach den kräftigen Kurszuwächsen der letzten Wochen könnte erst einmal eine Konsolidierung anstehen. Aus heutiger Sicht spricht aber einiges für einen zumindest freundlichen Jahresausklang. Die starken geopolitischen Spannungen sollten als Risikofaktor bei all dem aber nicht aus den Augen verloren werden, auch wenn sie an den Märkten derzeit kaum eine Rolle spielen.
Zweistellige Kursanstiege in Lateinamerika
Während chinesische Aktien der Ausreißer nach unten waren, ragten auf der positiven Seite die lateinamerikanischen Märkte mit zumeist zweistelligen prozentualen Kurssteigerungen heraus. Der Star im November war zweifellos Argentinien mit rund 40% Kursanstieg, nachdem die Präsidentschaftswahlen zu einem Machtwechsel an der Spitze des Landes führten. Was der sehr kontroverse, zum Teil schwer einschätzbare, neue Präsident Argentiniens tatsächlich bewegen kann und wird, muss sich zwar erst zeigen, die Finanzmärkte der Region sind diesbezüglich aber offenkundig optimistisch.
Inflation geht teilweise schneller zurück als erwartet
Nicht ganz stimmig mit der Aktieneuphorie der letzten Wochen ist allerdings das globale Konjunkturbild. Zwar gehen die Inflationsraten weiter deutlich zurück – und das teilweise schneller als erwartet. Dass dies umgehend zu Zinssenkungen in den USA (noch im ersten Quartal 2024) führen wird, scheint aber eine gewagte Wette der Kapitalmärkte zu sein. Der US-Notenbank (Fed) ist zwar nach eigener Aussage bewusst, dass sich die bremsenden Wirkungen ihrer Zinsanhebungen noch gar nicht voll in der Volkswirtschaft entfaltet haben, und dass von daher noch Risiken für die Konjunktur in den kommenden Quartalen drohen. Dass sie darauf aber präventiv mit Zinssenkungen reagieren wird, ist eher unwahrscheinlich, zumal die Kernrate der Inflation im ersten Quartal 2024 voraussichtlich noch nicht auf oder unter das Zielniveau der Fed gesunken sein wird.
Rezession in den USA 2024?
Eine Rezession in den USA im kommenden Jahr scheint mit den jüngsten Daten zwar etwas unwahrscheinlicher geworden zu sein, vom Tisch ist sie aber keineswegs. Sollte eine Rezession eintreten, dann aber wohl eher in der zweiten Jahreshälfte und es sieht auch nicht danach aus, dass sie allzu tief verlaufen wird. Für die Aktien- und Anleihemärkte der Schwellenländer ist das insofern relevant, als dass diese erfahrungsgemäß stark auf die Bewegungen der US-Anleiherenditen und des US-Dollars reagieren. Beide könnten in einem solchen Rezessionsszenario nachgeben, was im Normalfall positiv für Schwellenländer-Vermögenswerte wäre.
Positiver Ausblick für Schwellenländer-Anleihen
Für Emerging-Markets-Anleihen als Assetklasse ist der Ausblick für die kommenden 12 bis18 Monate recht positiv. Historisch attraktive Renditen für Lokalwährungsanleihen und ein recht hoher Risikoaufschlag bei Schwellenländer-Anleihen in US-Dollar gegenüber US-Staatsanleihen bilden gute Grundlagen für ein solides Ertragspotenzial. Das gilt natürlich nicht für jedes Land und jeden Emittenten gleichermaßen – eine gute Selektion war und bleibt enorm wichtig. Bei den Aktien ist das Bild ebenfalls konstruktiv, dürfte aber auch recht stark von länderspezifischen Faktoren abhängen, ebenso vom Grad der Exponiertheit zu Chinas Wirtschaft. Diese hat sich zwar stabilisiert und wartete zuletzt mit wieder etwas besseren Zahlen auf. Für das chinesische Wirtschaftswachstum – und damit auch für die Importnachfrage der nächsten Quartale – ist aber keine größere Belebung in Sicht, es sei denn, der Staat greift mit deutlich stärkerem Stimulus ein. Für letzteres gibt es derzeit aber keine Anhaltspunkte, zumal die Stabilisierungstendenzen der letzten Monate ein größeres „Notfallpaket“ derzeit auch nicht notwendig erscheinen lassen.