Q&A: Kursrückgänge bei erneuerbaren Energien bieten Chancen

Erneuerbare Energien haben in den letzten zwei Jahren einen deutlichen Einbruch erlitten. In Anbetracht der weltweiten politischen Commitments – weg von fossilen Energien hin zu den Erneuerbaren – fragt man sich, warum das so ist. Raiffeisen Capital Management | 22.02.2024 14:50 Uhr
Hannes Loacker, Fondsmanager des Raiffeisen-SmartEnergy-ESG-Aktien / © e-fundresearch / Raiffeisen Capital Management
Hannes Loacker, Fondsmanager des Raiffeisen-SmartEnergy-ESG-Aktien / © e-fundresearch / Raiffeisen Capital Management

Investoren in erneuerbare Energien haben in den letzten zwei Jahren starke Nerven oder eine große Gelassenheit gebraucht. Was waren bzw. sind die Gründe, für die starken Performanceeinbrüche?

Hannes Loacker, Fondsmanager des Raiffeisen-SmartEnergy-ESG-Aktien: Die hohen Zinsen waren für viele Unternehmen der Branche eine sehr große Herausforderung und haben die Aktien unter Druck gebracht. Doch nicht nur das: Es gab auch Lieferschwierigkeiten, Projektverzögerungen und einen ziemlich harten Wettbewerb mit China, speziell in Hinblick auf Photovoltaik-Module. Hinzu kommt, dass einige Unternehmen im Vorfeld verabsäumt hatten, Inflationsanpassungen bei Projekten zu vereinbaren, auch das hat zu den Schwierigkeiten beigetragen.

Im letzten Quartal 2023 erholte sich der Markt teilweise deutlich. Wieso?

Ganz allgemein präsentierten sich die internationalen Aktienmärkte in den letzten Wochen deutlich stärker. Neben den in Summe besser als erwarteten Konjunkturdaten, vor allem in den USA, gab es in den letzten Wochen Rückenwind für die Aktienmärkte aufgrund des deutlichen Rückgangs bei den Anleiherenditen – und den gleichzeitig aufkommenden Zinssenkungshoffnungen.

Im August 2022 wurde in den USA der Inflation Reduction Act (IRA) verabschiedet. Was bedeutet dieser mittelfristig für die Erneuerbaren?

Das Gesetz ist enorm wichtig. In den USA sind einzelne Titel gleich nach der Ratifizierung kurzfristig um 40% in die Höhe katapultiert. Der IRA ist die wichtigste Klimagesetzgebung in der Geschichte der USA und soll die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40% unter das Niveau von 2005 senken. Mehr als 370 Mrd. US-Dollar sollen in saubere Energien, Umweltgerechtigkeit und Klimaschutz fließen. Mit den vorgesehenen Maßnahmen im nächsten Jahrzehnt sollen Investitionen im Wert von 3.500 Mrd. US-Dollar in neue Energieinfrastrukturen angestoßen werden, vor allem in Windkraft- und Solaranlagen, aber auch in die Produktion von Wasserstoff und in die Bereitstellung von Komponenten für saubere Energie wie Batterien, oder die Gewinnung und Verarbeitung kritischer Mineralien. Das sollte der Branche und somit dem Aktienmarkt einen wichtigen Schub verleihen.

Das Gesetz fördert sehr stark die US-amerikanische Produktion – auch als Antwort auf Chinas Billigangebote. Was setzt die Europäische Union dem entgegen?

Die EU begrüßt grundsätzlich die Zielsetzung des IRA, den globalen Klimawandel zu bekämpfen und die politischen Ziele eines grünen Übergangs zu fördern. Sie befürchtet aber auch, dass sich das breite Spektrum der Inlandsanteilklauseln im IRA auf EU-Hersteller in Schlüsseltechnologiesektoren wie Automobilbau, Batterien, Wasserstoff und erneuerbare Energien negativ auswirken wird. Und es gibt auch schon erste Beispiele von Standortflucht. So hat einer der wenigen Hersteller von Solar-Zellen und Solar-Modulen, das Schweizer Unternehmen Meyer Burger, angekündigt, seinen Produktionsstandort von Deutschland in die USA zu verlegen. Die europäische Politik ist also gefordert, hier schneller nachzuziehen und speziell im Solarbereich der Übermacht Chinas etwas entgegenzusetzen, wenn es in diesem Sektor nicht in die Bedeutungslosigkeit abdriften will. Global betrachtet ist die Solarindustrie aber ein sehr interessanter Investitionsbereich und hat – befeuert durch den IRA und die globalen Klimaziele – noch großes Wachstumspotenzial.

Auch die Windkraft hat zuletzt wieder Fahrt aufgenommen nach einer längeren Flaute…

Ja, hier drückten vor allem die gestiegenen Rohstoffpreise auf die Margen. Aber es gab auch politische Hürden. So hat Großbritannien im September, in seiner 5. Auktionsrunde, bei der die Regierung den Preis für Offshore-Windkraftanlagen festlegt, einen viel zu niedrigen Preis, nämlich nur 44 Pfund pro Megawattstunde einschließlich der Kosten für den Netzanschluss angesetzt. Doch angesichts der Inflation der Kosten für Offshore-Windkraftanlagen in den letzten zwei Jahren ist unmöglich, solche zu diesem Preis zu bauen. Daher hat sich auch kein einziges Offshore-Windprojekt an der Auktion beteiligt. So wurde der britischen – und wohl auch anderen Regierungen – ein Denkzettel erteilt. Denn zur Erreichung der Klimaziele kann auf derart wichtige Projekte nicht verzichtet werden. Bei der nächsten Auktionsrunde hat die britische Regierung den Preis daher auch auf 73 Pfund pro Megastunde erhöht.

Die Aussichten für Windkraft sind also intakt?

Ja, Unternehmen wie Vestas oder Nordex verzeichnen bei Windturbinen Auftragseingänge in Rekordhöhe. Nicht nur, dass es mehr Aufträge gibt, diese sind auch deutlich attraktiver als in der Vergangenheit und bieten bessere Margen. Der Ausblick hat sich hier deutlich verbessert.

Wasserstoff war lange Zeit ein großer Hoffnungsträger innerhalb der Erneuerbaren. Ist in nächster Zeit mit Wasserstoff zu rechnen?

Das Thema grüner Wasserstoff hat letztes Jahr gar nicht funktioniert. Kapazitäten werden hier nur sehr langsam aufgebaut – langsamer als ursprünglich gedacht. Die Unternehmen, die hier aktiv sind, verbrennen einfach noch zu viel Cash. Dennoch ist davon auszugehen, dass es längerfristig funktionieren wird. Und für die Erreichung von Netto-Null-Emissionen brauchen wir ganz einfach grünen Wasserstoff. Aktuell ist jedoch der richtige Zeitpunkt für umfangreichere Investments aus meiner Sicht noch nicht gekommen.

Im November wurde die COP28 in Dubai abgehalten. Ein Erfolg für die Erneuerbaren?

Positiv ist jedenfalls, dass sich die teilnehmenden Länder erstmals offiziell dazu verpflichtet haben, die erneuerbare Energien bis 2030 zu verdreifachen und eine Abkehr von fossilen Brennstoffen – neben Kohle auch Öl und Gas – beschlossen wurde. Es darf jetzt halt nicht bei bloßen Lippenbekenntnissen bleiben, damit das ein Erfolg wird. Grundsätzlich geht der Trend schon jetzt in die richtige Richtung. Die IEA, die Internationale Energie Agentur, hat errechnet, dass weltweit mittlerweile für jeden US-Dollar, der für fossile Brennstoffe ausgegeben wird, 1,7 US-Dollar in saubere Energie fließt. Das ist ein Erfolg. Vor fünf Jahren lag das Verhältnis noch bei 1:1. Der globale Anteil an erneuerbaren Energien ist seit 2020 um 40% gestiegen, und im Jahr 2023 werden 80% der neuen Kapazitäten, die aufgebaut werden, aus den erneuerbaren Energien kommen. Fossile Energien werden eine immer geringere Rolle spielen.

Das sollte mittel- bis längerfristig auf Investments in Erneuerbare einzahlen…

Davon gehe ich aus. Derzeit fließt weltweit an jedem einzelnen Tag im Jahr eine Milliarde US-Dollar in Solarinvestments. Das ist massiv. In China beispielsweise werden die Investitionen in Photovoltaik und Offshore Wind 2030 dreimal so hoch sein, wie 2021. Wenn man sich den Anteil der fossilen Energieträger am Gesamtmarkt global in den letzten Jahrzehnten angesehen hat, dann lag dieser immer bei rund 80%. Jetzt ist er erstmals auf 73% gesunken mit weiter fallender Tendenz. Die IEA geht davon aus, dass die Nachfrage an fossilen Energiequellen noch vor 2030 ihren Peak erreichen wird. Auch die Entwicklung der Elektromobilität gleicht diesem Bild: 2020 war weltweit eines von 25 neuzugelassenen Autos weltweit ein Elektroauto. 2023 war eines von fünf elektrisch betrieben. Dennoch – das ist leider auch Fakt – steigt der Verbrauch an Rohöl kontinuierlich weiter. Grund dafür ist die Flugindustrie und der Petro-Chemieindustrie.

Gibt es auch hier Entwicklungen hin zu mehr Nachhaltigkeit beim Fliegen?

Da passiert schon etwas. Aber das wird noch viel Zeit brauchen. Hinzu kommt, dass man nicht genügend Mengen an nachhaltigem Benzin, Sustainable Aviation Fuels, hat. Es ist wichtig, dass auch hier etwas passiert, und es gibt Kooperationen, aber das dauert noch. Grüner Wasserstoff kann hier durchaus eine Rolle spielen. Es gibt erste Flugzeugmodelle hierzu von Airbus, aber die sollen erst ab 2035 auf den Markt kommen, und wahrscheinlich wird sich das noch weiter verzögern und ist somit in weiter Ferne.

Wenn wir nun die nähere Zukunft – die nächsten 12 Monate betrachten. Welche Erwartungen gibt es für Investments in Erneuerbare?

Ich denke für Investoren gibt es viele Gründe optimistisch zu sein. Es fließen enorme Summen in erneuerbare Energien nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, wo wir seitens der EU den Green Deal verfolgen, der sich ebenfalls positiv niederschlagen wird. Die Aktien sind derzeit auf tiefen Niveaus, in der Nähe eines zyklischen Tiefpunkts. Mit den ersten Zinssenkungen der großen Zentralbanken sollten die Aktien wieder besser performen. Die KGVs haben sich seit 2021 teilweise halbiert. Da gibt es viele sehr gute Kaufgelegenheiten. Im Moment hängen diese Aktien extrem von der Entwicklung der Zinsen ab und das wird auch in den nächsten Monaten noch so bleiben. Aber wenn die Zinsen wieder nach unten gehen, dann werden wieder andere Faktoren in den Vordergrund rücken. Dann kann es sehr schnell, sehr heftige Bewegungen nach oben geben, denn die Investition in erneuerbare Investitionen steigen jedes Quartal. Und das wird noch sehr lange so weitergehen.

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