Zuletzt konnte man schon feststellen, dass sich die Datenlage zur globalen Konjunktur nach einem Aufwind bis ins Frühjahr ab Sommerbeginn tendenziell eingetrübt hat. Auch am bislang so robusten Arbeitsmarkt zeigen sich mittlerweile vermehrt Anzeichen einer Abkühlung. Der Kapitalmarkt hat diese Eintrübung der Makrodaten bisweilen mit „bad news are good news“ im Hinblick auf baldige Zinssenkungen interpretiert, doch das hat sich nun ganz offensichtlich geändert. Auch der aktuelle „reality check“ im Rahmen der Berichtssaison über die Unternehmensergebnisse im zweiten Quartal fällt eher ernüchternd aus, zumal die Quote an positiven Überraschungen niedriger liegt als in den letzten Quartalen und einzelne Aktien nach enttäuschenden Zahlen brutal abverkauft werden. Die gesamte Gemengelage hat das bisherige „goldilock“-Szenario, das die Beste aller Welten in Kombination von soliden Unternehmensergebnissen bei stabilem Wachstum und niedriger Inflation beschreibt, schnell verfliegen lassen. Am Aktienmarkt dürften die zuletzt schon erhöhte Volatilität, die deutlichen Sektorrotationen und der Favoritenwechsel bereits Anzeichen für ein verändertes Narrativ gewesen sein. Der deutliche Abverkauf von „risky assets“ infolge von schwächeren US-Industrie- und Arbeitsmarktdaten bestätigen das fragile Umfeld. Passend zu diesen aktuellen, zur Vorsicht mahnenden, Entwicklungen fallen die statistisch schwächsten Börsenmonate August und September. Jedenfalls gilt es zu beobachten, ob sich die Wirtschaftsdaten nicht nur in Relation zu den Erwartungen immer negativer darstellen und folglich in Richtung Rezession tendieren oder ob mithilfe der nun umso mehr erwarteten Zinssenkungen durch die Notenbanken ein „soft landing“ und damit ein Durchstarten der Konjunktur gelingen kann. Wesentliche Impulse sind im August auch vom alljährlichen Notenbankentreffen in Jackson Hole (USA) wie auch vom restlichen Verlauf der Berichtssaison zu erwarten. Darüber hinaus könnte eine Eskalation in den geopolitischen Konflikten für eine weitere Verunsicherung an den Märkten sorgen. Wir haben Anfang Juli – nahe dem Höchststand am Aktienmarkt – Kursgewinne mitgenommen und haben zeitgleich Anleihen auf tiefem Niveau mit attraktiven Renditen zugekauft.
Staatsanleihen: Renditen europäischer Staatsanleihen könnten weiter sinken
Die Renditen risikoarmer Staatsanleihen sind im Juli abermals gesunken. Die Risikoprämien europäischer Peripherie-Anleihen (inkl. Frankreich) hingegen noch nicht. Wir erwarten weiterhin sinkende europäische Staatsanleiherenditen, gehen jedoch davon aus, dass risikoreichere Staatsanleihen (Frankreich, Italien) noch besser performen werden.
Unternehmensanleihen: Risikoprämien von High-Yield-Anleihen weiter gestiegen
Hochrisikoanleihen (High-Yield-Anleihen) bleiben weiterhin weniger gefragt als noch zu Jahresbeginn. So sind Risikoprämien von High-Yield-Anleihen im Juli abermals angestiegen. Im Gegensatz dazu behaupteten sich Investmentgrade-Unternehmensanleihen weiterhin mit historisch niedrigen Spreads. Wir bleiben – solange sich keine globale wirtschaftliche Abschwächung andeutet – bei IG-Unternehmensanleihen (Spreadrisiko) weiterhin engagiert, lassen aber die Finger von High-Yield-Spreadrisiken. Zuletzt waren zwar u.a. schwächere Arbeitsmarktdaten zu beobachten, doch ist es unserer Meinung nach noch zu früh, Investmentgrade-Spreadrisiken gänzlich zu meiden.
Emerging Markets: schwächere Daten aus China wirken belastend
Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen konnten die Renditerückgänge von US-Staatsanleihen zuletzt nicht mitmachen, dementsprechend sind deren Risikoprämien angestiegen. Belastend wirkten u.a. schwächere Daten aus China sowie geopolitische Risiken mit enormem Eskalationspotenzial (Israel/Iran etc.). Wir behalten unsere Positionen von Hartwährungs-Schwellenländeranleihen vorerst bei, weil wir hier nach wie vor ein gutes Risiko-/Ertragsprofil sehen.
Entwickelte Aktienmärkte: Konsolidierung an internationalen Aktienmärkten
An den internationalen Aktienmärkten kam es in den letzten Wochen zu einer Konsolidierung. Im Bereich der Konjunkturdaten gab es in den letzten Wochen mehrheitlich schwächere Daten, während die Berichtssaison zum zweiten Quartal gut gestartet ist. Nach der sehr starken Kursentwicklung seit Jahresbeginn und einer gleichzeitig nachlassenden Konjunkturdynamik steigt das Risiko für Kursrücksetzer. Wir bleiben daher nach der Rücknahme unserer Aktienübergewichtung Anfang Juli bei unserer neutralen Positionierung.
Schwellenländer-Aktienmärkte: deutliche Korrektur
Auch Aktien aus den Emerging Markets haben die letzten Wochen im Einklang mit den entwickelten Märkten deutlich korrigiert. Besonders schwach stellen sich die Sektoren Grundstoffe und Immobilien dar. Positiv sticht der Versorgersektor hervor. Das Gewinn-Momentum der Unternehmen muss nach wie vor als mau bezeichnet werden. Die Bewertungen sind regional sehr unterschiedlich, was auch der Sektorstruktur der unterschiedlichen Märkte geschuldet ist. Dennoch sind für Kursanstiege verbesserte Gewinne notwendig, die bisher jedoch auf sich warten lassen.
Rohstoffmärkte: Preisrückgänge bei zyklischen Industriemetallen
Die internationalen Rohstoffmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen etwas schwächer. Vor allem die zyklischen Industriemetalle sowie der Energiesektor verzeichneten Preisrückgänge. Schwächere Konjunkturdaten deuten auf ein verhalteneres Nachfragebild hin. Der Edelmetallbereich konnte hingegen von der Erwartung auf weiter fallende Leitzinsen und einem Rückgang der Renditen profitieren.
Von Karin Kunrath, Chief Investment Officer der Raiffeisen KAG