Raiffeisen KAG CIO Kunrath: Märkte im Bann der Zollankündigungen

Raiffeisen Capital Management | 08.04.2025 10:49 Uhr
Karin Kunrath, Chief Investment Officer der Raiffeisen KAG / © e-fundresearch.com / Raiffeisen Capital Management
Karin Kunrath, Chief Investment Officer der Raiffeisen KAG / © e-fundresearch.com / Raiffeisen Capital Management

Die Ankündigung umfassender Zölle durch US-Präsidenten Trump Anfang April („Tag der Befreiung“/“Liberation Day“) hat eine starke Marktreaktion ausgelöst und in den letzten Tagen zu weltweit deutlich fallenden Aktienkursen geführt. An den globalen Märkten herrscht Verunsicherung über die möglichen Auswirkungen auf den weltweiten Handel (Stichwort Gegenzölle), die Gewinnsituation der Unternehmen, die Inflationsentwicklung und die Weltwirtschaft. Denn eines ist klar: Das Risiko einer Rezession in den USA ist – auf Basis der aktuell vorliegenden Informationen – deutlich gestiegen. Allerdings deutet die kommunizierte Tarifmethodik auch darauf hin, dass das Weiße Haus an Verhandlungen interessiert sein könnte. Wichtige Ausnahmen für Halbleiter, kritische Mineralien, Energie und Pharmazeutika zeigen die Anerkennung strategischer Lieferkettenprioritäten. Welche politische Strategie verfolgt Trump mit dieser Politik? Präsident Trump hat klare Anreize, die Märkte zu stärken und Investitionen in die US-Fertigung vor der nächsten Wahl anzuziehen. Zölle könnten als Druckmittel verwendet werden, um Zugeständnisse zu erzwingen und wirtschaftliche Aktivitäten im Inland zu generieren. Ob das gelingt, ist ebenso offen wie die weitere Entwicklung und wird von den Marktteilnehmern genau beobachtet.

Die Nachrichtenlage – und damit die gestiegene Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in den USA - hat dazu geführt, dass wieder drei Leitzinssenkungen durch die Fed im weiteren Jahresverlauf gepreist werden. In der Eurozone werden zumindest noch zwei weitere Senkungen erwartet. Allerdings haben in der EZB zuletzt auch die restriktiveren Stimmen wieder zugenommen. Nicht zuletzt aufgrund der Zeitenwende in der EU-Fiskalpolitik, insbesondere in Deutschland, nach der Aufhebung der bisherigen Schuldenbremse. Der Plan, mit enormen Fiskalpaketen nicht nur die staatlichen Investitionen in die lange vernachlässigte deutsche Infrastruktur, sondern nun auch in gebotener Eile die Militärbudgets in allen europäischen Ländern sehr deutlich auszuweiten, hat Anfang März kurzzeitig am Euro-Rentenmarkt einen sprunghaften Anstieg bei Renditen deutscher Bundesanleihen ausgelöst. Was den Ausblick für den globalen und weiterhin US-dominierten Aktienmarkt betrifft, wäre die Kombination von steigenden Inflationsraten und stagnierender Wirtschaft in Richtung einer Stagflation eine ungünstige Konstellation. Der jüngste Bruch des bisherigen Aufwärtstrends (Mitte März) im globalen Aktienindex, der sich mit der Bewegung der letzten Tage weiter fortgesetzt hat, mahnt zur Vorsicht und seitens der Makrodaten mehren sich ausgehend von den USA die Anzeichen für einen Wirtschaftsabschwung. Wir haben daher unsere taktische Positionierung neutralisiert. Mit weiterer Volatilität, sowohl bei Aktien- als auch Anleihenmärkten, ist in den nächsten Wochen zu rechnen.

Staatsanleihen reagieren klar positiv

Die Reaktion der Anleihenmärkte auf die Entwicklung der letzten Tage war klar positiv, sowohl US-Treasuries als auch EUR-Staatsanleihen sind gestiegen (und die Renditen gefallen).

Wir sind daher bei US-Staatsanleihen wieder vorsichtiger positioniert. Die Politik der US-Administration forciert inflationsfördernde und wachstumsschwächende Maßnahmen gleichzeitig, was den Interessen des US-Staates eigentlich zuwiderläuft. Aufgrund fehlender Einschätzbarkeit der US-Administration, bleiben wir bei US-Staatsanleihen vorerst Duration-neutral positioniert. Wir bevorzugen EUR-Staatsanleihen, insbesondere französische und italienische Papiere.

Unternehmensanleihen: Financials verlieren mehr als Non-Financials

Die Credit Spreads haben sich im Zuge der Ankündigungen Trumps ausgeweitet. High Beta und High Yield haben bereits stärker korrigiert. Am Markt für Unternehmensanleihen waren und bleiben wir bei US High-Yield-Unternehmensanleihen zurückhaltend. Die von US-Präsident Trump präferierte Wirtschaftspolitik dürfte den dort verhafteten Unternehmenssektor vermutlich weiter schwächen. Wir rechnen mit weiter steigenden Risikoprämien und sind bei dieser Anleiheklasse daher bis auf weiteres vorsichtig. Am Markt für EUR Unternehmensanleihen bleiben wir vorerst neutral positioniert. Der EUR Credit-Markt präsentiert sich etwas resilienter, Financials haben zuletzt etwas mehr verloren als Non-Financials.

Emerging-Markets-Anleihen: lokale Anleihemärkte reagieren überwiegend positiv

Die deutlicher als erwarteten Maßnahmen, insbesondere gegenüber Asien, führen zu einer moderaten Risk-off Reaktion auf Eurobondseite. Der Spread-Anstieg, der naturgemäß im schlechteren Ratingbereich stärker ausfällt, wird allerdings zu einem guten Teil von den fallenden US-Renditen kompensiert. Die lokalen Anleihenmärkte reagieren angesichts des schlechteren (globalen) Wachstumsausblick überwiegend positiv. Die Emerging-Markets-Währungen verlieren allerdings parallel mit dem US-Dollar gegenüber dem Euro. Lediglich lateinamerikanische Währungen halten sich gegenüber dem Euro stabil, weil sie deutlich gegen den US-Dollar aufwerten: Mexiko ist von den reziproken Zöllen nicht und Brasilien nur wenig betroffen. Bei Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen bleiben wir defensiv positioniert. Ausschlaggebend ist für uns die erwartet höhere Risikoaversion von USD-Anleihen-Investoren. Die Risikoprämien von Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen sind zwar ab Mitte Februar 2025 moderat angestiegen, in Summe diskontiert das aktuelle Spreadniveau die inhärenten Risikofaktoren unserer Meinung nach nur ungenügend.

Entwickelte Aktienmärkte korrigieren deutlich

Schon vor der Ankündigung von umfangreichen Zöllen durch die USA hat sich die Stimmung an den globalen Aktienmärkten in den letzten Wochen markant eingetrübt. Die erratischen Maßnahmen aus den USA führen vor allem zu einem: Unsicherheit. Die Ankündigung der Zölle durch US-Präsidenten Trump hat in der Folge eine starke Marktreaktion, insbesondere in den USA, aber auch in anderen Regionen ausgelöst. Geringeres Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig höheren Inflationsraten wird auch den Unternehmenssektor belasten. Beim Einpreisen einer Rezession dürften auch Banken unter Druck kommen. Insbesondere wurde aber auch der IT-Sektor stark abverkauft, da viele Unternehmen Komponenten aus dem Ausland importieren bzw. im Ausland über Produktionsstätten – auch für den Import fertiger Produkte in die USA – verfügen. Eine Verlagerung der Produktion in die USA wird von den Unternehmen angekündigt. Bis zur Realisierung dürften aber Jahre vergehen. Unsere Indikatoren haben sich unabhängig von den angekündigten Zöllen zuletzt eingetrübt und wir nehmen unsere Aktienpositionierung daher auf eine neutrale Gewichtung zurück.

Emerging Markets: Vietnam und China besonders stark von Zöllen betroffen

Die Einführung zusätzlicher Zölle ist unerfreulich für betroffene Unternehmen in den Emerging Markets. Besonders stark betroffen sind dabei Vietnam und China. Wobei im Fall von China die US-Exporte nur 3% des BIP ausmachen und wir hier fiskalische Maßnahmen der chinesischen Regierung erwarten, um diesen negativen Impact auszugleichen. Taiwan und Südkorea sind ebenfalls betroffen, Halbleiterprodukte sind von diesen Zöllen aber ausgenommen, gleiches gilt für Indien, wo Pharmaexporte (Indien exportiert sehr viele Generikaprodukte in die USA) von den Zölllen ausgenommen sind. Seit Jahresbeginn konnten Emerging-Markets-Aktien weiter in Relation zu US-Aktien aufholen, wenngleich von sehr geringem Niveau. Die fundamentale Bewertung für die Schwellenländer-Region ist weiter recht günstig. Im für den Index sehr wichtigen asiatischen Bereich erwarten wir zudem eine Erholung bei der Gewinnentwicklung. Seit Jahresbeginn konnten insbesondere die Sektoren Telekom und zyklischer Konsum profitieren. 

Rohstoffmärkte im Bann der Zollankündigungen

Auch die internationalen Rohstoffmärkte stehen aktuell ganz im Bann der Zollankündigungen durch die USA. Während sich Edelmetalle aufgrund der markant gestiegenen Unsicherheit sehr gut halten konnten, mussten der Energiesektor und die Industriemetalle angesichts der Aussicht auf deutlich niedrigere Wirtschaftswachstumsraten deutliche Verluste hinnehmen. Wir halten im Rahmen der Taktischen Asset Allocation aktuell keine Position in der Anlageklasse Rohstoffe.

Von Karin Kunrath, Chief Investment Officer der Raiffeisen KAG

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