"Eine Doppelbesteuerung der Fondsanleger soll auf jeden Fall vermieden werden", gab Barbara Hendricks, die Parlamentarische Staatssekräterin im Bundesfinanzministerium, Dienstag abend Entwarnung. Die Besteuerung der Kapitalerträge solle auch künftig beim Anleger stattfinden und nicht beim Fonds. Doch die Realität sieht anders aus.
Wie BVI-Sprecher Andreas Fink berichtet, sieht die Kabinettsvorlage vom heutigen Mittwoch die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen sowohl auf Fonds- als auch auf Anlegerebene vor. "Anleger hätten danach Gewinne auf Fondsebene mit dem persönlichen Einkommensteuersatz von bis zu 48,5 Prozent jährlich zu versteuern – zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer", verdeutlicht Fink.
Klare Benachteiligung der Fondsanleger
Ein Beispiel zeigt die Auswirkung: Realisiert ein Direktanleger mit einer Aktie einen Kursgewinn von 50 Euro, muss er künftig 15 Prozent Abgeltungssteuer auf den halben Gewinn (Halbeinkünfteverfahren) zahlen, mithin also 3,75 Euro. Realisiert hingegen ein Fondsmanager den gleichen Gewinn im Fonds, muss der betroffene Anleger (mit einem angenommenen Steuersatz von 40 Prozent) am Geschäftsjahresende zehn Euro abführen (40 Prozent auf die Hälfte von 50 Euro Gewinn). Eventuell muss er sogar 20 Euro Steuern Zahlen, denn noch immer ist nicht klar, ob das Halbeinkünfteverfahren auch für Aktienfonds gelten soll.
Ungerechtigkeiten und kein Ende
Doch damit nicht genug, lassen sich noch sehr viel mehr kritische Situationen konstruieren. Etwa bei dem Anleger, der einen Fonds kauft, kurz bevor der Manager Aktien mit Gewinn verkauft. Wertsteigerungen hat es dabei nicht gegeben, wohl aber steuerpflichtige Scheingewinne. Besser stellt sich hingegen der Anleger, der die Wertsteigerungen eines Fonds zwar mitnimmt, dann aber die Anteile verkauft, kurz bevor der Fondsmanager steuerpflichtige Kursgewinne realisiert. Zumindest um diesen Teil der Steuer käme er herum. Klar, dass sich diese Fälle kaum systematisch realisieren lassen. Doch es sollte schon genügen, dass sie theoretisch möglich sind.
Die Hoffnung ruht auf Nachbesserungen
Die Branche hofft nun, dass es gelingt, den Gesetzentwurf nachträglich zu ändern. Ansonsten fürchtet etwa BVI-Chef Stefan Seip, dass die Investmentbranche in ihrer Existenz gefährdet sei. Zumindest dürften sich ausländische Fondsanbieter die Hände reiben. Denn wer einen ausländischen Aktienfonds, der thesauriert und also keine Ausschüttungen vornimmt, in einem Auslandsdepot verwahrt, muss auch die Kursgewinne auf Fondsebene nicht versteuern.
Hier fällt die Steuerpflicht erst beim Verkauf der Fondsanteile an. Allerdings ohne die Möglichkeit des Halbeinkünfteverfahrens in Höhe von 15 Prozent auf den Veräußerungsgewinn. Oder, falls der Kaufpreis nicht mehr nachgewiesen werden kann, in Höhe von pauschal 1,5 Prozent auf zehn Prozent des Veräußerungserlöses. Fall sich Eichel und Co hier nicht noch eine Strafbesteuerung ausdenken.