Economics Forum: Griechenland vor wirtschaftlicher Erholung?

Jüngst veröffentlichte Frühindikatoren lassen auf eine konjunkturelle Stabilisierung hoffen, doch steht Griechenland wirklich schon so knapp vor einer substantiellen wirtschatlichen Erholung? Ökonomen und Chefstrategen von Amundi, Bellevue AM, DekaBank, DNB AM, Dexia AM, ERSTE-SPARINVEST, Semper Constantia AM, Petercam und UBS mit ihren Einschätzungen. Economics | 13.06.2013 02:00 Uhr
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Aktuelle Frage im Economics Forum:

"Griechenland vor wirtschaftlicher Erholung? Nach dem politischen Showdown in Athen im Juni 2011 und der Umschuldung im Juni 2012 könnten nun die ersten Zeichen einer wirtschaftlichen Stabilisierung im Juni 2013 erkennbar werden. Wie schätzen Sie die weitere konjunkturelle Entwicklung ein und welche Signale ergeben sich dadurch für die Integrität der Eurozone?"


Current question in the Economics Forum:

"Greek economic recovery ahead? After the political showdown in June 2011 and the debt restructuring in June 2012 the first signs of economic stabilisation could become visible in June 2013. What is your assessment of the economic development and what kind of signals will this create for the integrity of the Eurozone?”


Bart Van Craeynest
Bart Van Craeynest

"Greece has made clear progress on cost competitiveness and public finances. It is now allowed to reduce its fiscal efforts somewhat, which brings some relief. Leading indicators have clearly been improving, suggesting that Greece is getting close to stabilizing economic activity. However, government debt dynamics are still not under control, there is hardly any progress on structural issues and unemployment is unacceptably high. Greece seems on track to get back to positive growth in 2014, but this will be modest at best, low to reduce debt and unemployment levels.

This dismal economic situation still holds important risks of a further deterioration of the domestic political situation. This political risk (throughout the periphery) fueled by a lack of growth remains the main threat for the integrity of the Eurozone."


Anton Brender
Anton Brender

"There are many signs of improvement in the Greek economic situation: the pace of contraction of the economy has slowed significantly, the manufacturing sector confidence indicator has trended upwards and is now, for the first time since 2010 above the euro average. Moreover, the government deficit has been reduced significantly, the primary Budget being now close to balance. Clearly 2013 will mark the end of the first episode of the dramatic adjustment of the Greek economy started in 2010. This is a positive development not only for Greece but also for the whole euro area in that it shows that a heavily unbalanced economy can adjust without leaving the euro. But the Greek crisis is far from over and for the proof to be complete, Greece now has to cope with the huge number of unemployed and the massive debt burden it is left with. This will be possible only if there is a turnaround in the way the euro area is handling the present crisis: supporting growth in the periphery countries by boosting domestic demand in the rest of the euro area and paving the way for an “official sector involvement” to alleviate their debt burdens should be two components of this new strategy."


Dr. Ulrich Kater
Dr. Ulrich Kater

"Alles hat ein Ende – auch eine Rezession. Tatsächlich stabilisieren sich derzeit die griechischen Frühindikatoren. Freilich noch sind nicht alle Voraussetzungen für eine Rückkehr zum Wachstum erfüllt. Die Konsolidierung ist zwar vorangekommen und die Wettbewerbsfähigkeit steigt wieder an. Aber nach wie vor hemmen die kurzfristig negativen  Folgen der Strukturreformen, die viel zu schwache Kreditvergabe und die Verunsicherung der Wirtschaftsteilnehmer die konjunkturellen Auftriebskräfte. Noch stehen Griechenland also Quartale mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung bevor, doch die Phantasie steigt, dass ein Ende des Schrumpfungskurses erreicht werden wird. In letzter Zeit ist Griechenland daher auch ein wenig aus dem Fokus der Schuldenkrise geraten."


Dr. Dag Lindskog
Dr. Dag Lindskog

"The Greek GDP has by 2014 shrunk with one quarter and domestic demand with one third since the outbreak of the crisis according to OECD’s new forecast. This catastrophe has probably already wiped out or will very soon wipe out all weak private companies. Left will be competitive enterprises due to for example technological prowess or owners’ strong capital base in different industries from manufacturing to tourism. They will form the basis for the Greek recovery. The first signs may turn up as early as towards the end of the year.

However, simple calculations of how long it will take for Greece to return to the situation that prevailed before the crisis are discomforting. Presume Greek domestic demand start to recover in 2015 with a strong 4% annual growth rate. If so, Greek domestic demand would not reach the 2007 level until 2025! Such a development would likely also imply that at least one out of ten citizens has to emigrate in line with the experience of the Baltic States. Surely, if the Greeks have the stamina for this hardship they send a very strong signal of the attraction of Eurozone membership."


Dr. Andreas Höfert, UBS-Chefökonom (11.06.2013):

"Ich bleibe weiterhin sehr skeptisch bezüglich der Entwicklung in der sogenannten europäischen Peripherie. Selbst, wenn Griechenland dieses und nächstes Jahr weniger schrumpft als auch schon, es schrumpft weiter. Am Ende 2013 wird das griechische Bruttoinlandprodukt ca. 23% unter seinem Niveau vor 5 Jahren liegen. Zum Vergleich, während der Grossen Depression lag das Bruttoinlandprodukt der USA, 1934 ca. 19% unterm Niveau von 1929 und die Vereinigten Staaten waren damals wieder am wachsen.

Eine vielleicht noch extremere Zahl ist die griechische Arbeitslosenquote. Sie lag bei 27.2% im März, Tendenz weiter steigend. Deutschland erreichte 1932 einen Höhepunkt in der Arbeitslosigkeit mit einer Quote von 31%. Die griechische Jugendarbeitslosigkeit liegt über 50% und bereits 15% der Bevölkerung können nicht mehr ohne karitative Organisationen auskommen.

Prognosen für eine Verbesserung Griechenlands haben seit Beginn der Krise massiv daneben gelegen. So behauptete der Internationale Währungsfond noch in seiner Frühjahrsprognose 2011, Griechenland würde 2012 mit 1.1% zum Wachstum zurückfinden, mittlerweile weiss man, dass Griechenland 2012 mit ca. -6.4% geschrumpft ist, im Herbst 2012 wurde das griechische Wachstum für 2013 bei 2.5% gesehen, mittlerweile geht man von einem -4.2% aus.

Wenn fast ein Drittel der Bevölkerung eines Landes arbeitslos ist, ist es meines Erachtens geschmacklos von „Stabilisierung“ zu reden. Griechenland bleibt für mich neben Zypern, Portugal, Spanien, Italien und neu auch Frankreich weiterhin ein akuter Risikofaktor für die Einheitswährung und das Paradebeispiel ihres Scheiterns."


Gerhard Winzer
Gerhard Winzer

"Griechenland befindet sich in einer Depression. Das reale BIP wird heuer um 4,2% schrumpfen und die Arbeitslosigkeit auf 27% ansteigen. Die Ursache liegt darin, dass alle Wirtschaftsagenten zur gleichen Zeit sparen (Staat, Banken, Unternehmen, Konsumenten, aber auch viele Handelspartner im Ausland). Trotz des restriktiven Sparkurses werden die Staatsschulden in Prozent des nominellen BIP ansteigen und heuer 175% erreichen, während die Neuverschuldung des Staates auf knapp 7% nach 9% im vergangenen Jahr fallen wird. Auf der positiven Seite ist zu vermerken, dass die Primärbilanz (Neuverschuldung exklusive Zinszahlungen) 2013 in den positiven Bereich (rund 1%) kommen könnte. Sie bleibt aber noch deutlich von dem Niveau entfernt, ab dem die Staatsverschuldung in % des BIP nicht mehr ansteigt. Auch das hohe Leistungsbilanzdefizit (ein sehr guter Indikator für die Verletzlichkeit eines Landes) hat aufgrund des Anpassungsprozesses einen fallenden Trend eingeschlagen (2013: 5,3% vom BIP). Darüber hinaus sind die Lohnstückkosten rückläufig.

Bemerkenswert ist die Verbesserung von einigen hochfrequenten Wirtschaftsindikatoren. So befinden sich das Wirtschaftsvertrauen (Europäische Kommission) und der Einkaufsmanagerindex für den Fertigungsbereich (Markit) seit Monaten in einem ansteigenden Trend. Das hat die Annahmen bekräftigt, wonach es im nächsten Jahr zu einer Stabilisierung kommen könnte. Die Europäische Kommission unterstellt für das Jahr 2014 ein reales BIP-Wachstum von 0,6%.

Aufgrund der schmerzhaften Anpassungs- und Reformprozesse auf der nationalen Ebene, sowie der Schaffung von Institutionen auf der Euro-Ebene (TSGC, ESM, OMT, SSM) ist die Integrität der Eurozone nicht mehr gefährdet, solange das politische Commitment zur EWU Bestand hält."


Lucio Soso
Lucio Soso

"There are clear signs that the situation of the Eurozone banking system is stabilizing and even improving. Since June 2012, banks have been able to repay 55% of the emergency loans granted by the ECB in previous years. Banks are starting to lend to each other again, deposit flight has ended and bank deposits are growing again in Spain or Italy. However, the problem of the Eurozone is structural. When countries abandoned their national currency to join the Euro, they lost the ability to devalue their currency and to reflate the economy (=print money) during financial crises. Because of this, economic conditions are still deflationary in peripheral countries and it is too early to call the end of the Eurozone crisis. A number of projects, such a “banking union” and later ”fiscal union” are in the making, but will take years before they are implemented."


Mag. Ronald Plasser
Mag. Ronald Plasser

"Das wirtschaftliche Umfeld in Griechenland scheint sich zu stabilisieren. Zwar lag das reale Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal noch immer 5,6 % unter dem Niveau des Vorjahres, aber einige Konjunkturvorlaufindikatoren deuten darauf hin, dass sich die Rezession nun allmählich abmildert. Angesichts der Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung sind auch keine nennenswerten zusätzlichen Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen mehr zu erwarten, es muss lediglich das bisher beschlossene Konsolidierungsprogramm umgesetzt werden.Bei der für 2013 geplanten Defizitreduktion von 1,4 % des Bruttoinlandsproduktes liegt Griechenland bisher im Plan, wobei eine mögliche Rekapitalisierung griechischer Banken noch zu Rückschlägen führen könnte. Trotz positiver Signale rechnen wir auf absehbare Zeit mit keinem ausreichend starken Konjunkturaufschwung, der die Arbeitslosenrate von derzeit 26,8 % nach unten führen könnte. Für die gesamte Eurozone ist ein Aufatmen noch zu früh – dafür liegen noch zu viele Unsicherheiten im Weg.


Tristan Perrier
Tristan Perrier

"While the Greek economy will be contracting in 2013 for the sixth consecutive year and unemployment will remain very high, a number of signs of improvement have appeared since 2012. Strong macro-economic adjustments have been achieved : the country has been moving closer to a primary surplus (no public deficit before interests) and has strongly reduced its external current account deficit. This has surely been a very painful process, involving deep cuts in government spending, salaries and imports. Yet the bigger part of these efforts seems to have been completed as of today. The Eurozone also remains committed to keeping the country in the Eurozone. Although new debt relief measures from the country’s international creditors may prove necessary, the “Grexit” scenario’s probability now appears very low, at least over the medium term, and the country has a good chance to return to economic growth in 2014."


Economics Forum: Investment Strategen und Ökonomen antworten

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