Werden die Auswirkungen eines Grexits unterschätzt?
„Immer öfter bekommen wir von Seiten der Medien, aber auch von Seiten der verschiedenen Regierungen zu hören, dass ein Grexit keine dramatischen und nachhaltigen Auswirkungen auf andere Länder der Eurozone haben würde. Die unbequeme Wahrheit ist jedoch, dass zum heutigen Zeitpunkt kein Mensch abschätzen kann, welche Folgen ein solches Vorkommnis mit sich bringen würde“, so Philipp Waechter, Chefvolkswirt von Natixis Global Asset Management gegenüber e-fundresearch.com.
Parallelen zwischen Lehman Brothers Konkurs und Grexit
Die aktuelle Situation erinnert Waechter ein wenig an den Lehman Brothers Konkurs von 2008: „Auch damals wurden seitens der Regierungsbehörden ähnlich besänftigende Statements vermittelt und die Auswirkungen in weiterer Folge deutlich unterschätzt“, so Waechter. Zwar vermutet Waechter im Falle eines tatsächlichen Grexits keinen unmittelbaren Ausbruch einer globalen Finanzkrise im Ausmaß von 2008, dennoch sei ein Grexit seiner Meinung nach „das wahrscheinlich schlechteste Szenario“ für alle beteiligten Parteien.
Für Waechter, der einen Grexit sowohl als Ausscheiden aus der Eurozone als auch aus der Europäischen Union definiert, sei insbesondere das Fehlen eines regelnden Rahmenwerks der Grund dafür, dass die Folgen eines Grexits kaum abschätzbar sind: „Sämtliche Rahmenwerke der EU liegen einer Erweiterungsstrategie zugrunde. Der genaue Ablauf eines Austritts ist darin bis dato nie behandelt worden“, so Waechter. Änderungen der Rahmenverträge wären laut Waechter zwar grundsätzlich möglich, würden aber genauso unbekannte Folgen mit sich bringen: „Wie werden Investoren andere Staaten aus den europäischen Peripherie einstufen, sollten sich die Rahmenwerke der EU grundlegend ändern?“, fragt sich Waechter und verweist einmal mehr auf die ungewissen Folgen eines Grexits.