Economics Forum: Entwicklung in Frankreich

Wie beurteilen Sie die makroökonomische Situation in Frankreich im Vergleich zu den anderen AAA-Staaten in Europa (D, A, FIN, LUX, NL) und welche Maßnahmen sind notwendig, damit Frankreich weiterhin EFSF und EMS unterstützen kann. Wo sehen Sie mittelfristig die Chancen und Risiken für Frankreichs Volkswirtschaft? Funds | 12.08.2011 04:30 Uhr
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Mag. Gernot Mayr, Fondsmanager im Team Globale Anleihen bei Raiffeisen Capital Management (10.08.2011): Frankreich ist definitiv das schwächste unter den AAA-gerateten Staaten im Euro. Entscheidend für die Schlusslichtposition sind vor allem das mit Abstand höchste Budget- und Primärdefizit. Dazu kommen ein im Vergleich geringes Potentialwachstum sowie eine verhältnismäßig hohe strukturelle Arbeitslosigkeit.

Es besteht aus heutiger Sicht kein Zweifel, dass Frankreich auch weiterhin EFSF und EMS unterstützen kann und wird. Die Frage ist vielmehr, ob das Land das AAA-Rating in Zukunft noch halten kann. Wenn nicht, dann können EFSF bzw. EMS in ihrem geplanten Volumen nicht mehr unter AAA emittieren. Unmittelbar sieht es nicht danach aus, als würden die Ratingagenturen Frankreich das AAA entziehen, ein solcher Schritt wäre allerdings in den kommenden Monaten bzw. 2012 nicht überraschend. Frankreich ist, neben der Budgetproblematik, das einzige AAA-Land mit einem Leistungsbilanzdefizit.

Als Risiken sind vor allem das sich nicht großartig verbessernde Budgetdefizit (2010 -7%, 2011 geschätzte -5,8%) sowie die anstehenden Wahlen zu sehen. Im Zuge dieser wird wohl mit eingeschränkter Reformbereitschaft zu rechnen sein. Dabei könnte ein reformierter Arbeitsmarkt der Volkswirtschaft neue Impulse geben. Frankreich ist eines der EU-Kernländer und hat damit einiges politisches Gewicht, v.a. war das Land in der Vergangenheit immer wieder Garant für eine Pro-Europapolitik. Chancen und Risiken Frankreichs Wirtschaft werden wesentlich vom globalen Konjunkturverlauf bestimmt, dem aktuell größten Risikofaktor."

Gerhard Winzer, ESPA Chefvolkswirt (10.08.2011): "Die makoökonomischen Rahmenbedingungen in Frankreich sind jenen von anderen Industriestaaten sehr ähnlich. Zum geringen Wachstumspotenzial der Wirtschaft (2011: 1,1%) und der damit verbundenen Notwendigkeit von Strukturreformen (Soziales, Pensionen, Arbeitsmarkt,...) gesellen sich eine nicht nachhaltige Entwicklung der Staatsfinanzen (Bruttoverschuldung: 85,2, Neuverschuldung: 5,7; 2011, % vom BIP), eine hohe Arbeitslosenrate (9,3%), ein schwacher Finanzsektor (Abhängigkeit zur Euro-Staatsschuldenkrise), ein eingeschränkter Handlungsspielraum für die Wirtschaftspolitik (restriktive Fiskalpolitik, keine eigene Währung, akkommodabel ist zur Zeit nur die Geldpolitik der EZB), sowie ein Mangel an Visionen in der Politik. Nimmt man eine grobe Reihung der Industriestaaten anhand von volkswirtschaftlichen Indikatoren vor (Reales Wirtschaftswachstum pro Kopf, Neu- und Bruttoverschuldung, Leistungsbilanz, Inflation), so befindet sich Frankreich - im Unterschied zu D, A, FIN, LUX, NL -  nicht unter den ersten zehn. Wichtig ist, dass der politische Wille für das Überleben des Euro bekräftig wird und die dafür notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden (Strukturreformen, nachhaltige Staatsfinanzen, Fiskalunion, gemeinsame Wirtschaftspolitik). Dann wird Frankreich wieder ein "Best Quality Country". In der Zwischenzeit wird der Lender of Last Resort - die EZB - als Sicherheitsnetz dienen und im Bedarfsfall Staats- und / oder Bankanleihen kaufen."

Emile Gagna, Dexia Asset Management (10.08.2011): "We are not as worried as some may be on the French AAA. True, compared to other AAA euro area countries, usual indicators may seem rather unfavorable for France: France has the largest deficit and the highest debt to GDP ratios. But if government revenues are taken as a denominator though, the same indicators are less unfavorable. Also, indicators do not always tell the entire story. As could be seen from the political deadlock in the United States, the ability to manage public finances matters too. In this respect, France has already committed to rebalance its public finances and has actually started to do so. On top of this, S&P – the most severe rating agency, as shown by the latest US downgrade – has recently reaffirmed the French AAA."

Dr. Walter Metzler, Vontobel Asset Management (10.08.2011): "Frankreich weist einige Schwächen auf. Im fiskalischen Bereich ist dies neben der hohen Verschuldung vor allem das nach wie vor grosse Primärdefizit (Defizit ohne Zinszahlungen), Zudem hat Frankreich in der Vergangenheit keine grösseren Konsolidierungserfolge vorzuweisen. Positiv zu Buche schlagen die relativ lange Laufzeit der ausstehenden Schuld sowie die vorerst noch niedrigen Zinsen. Bei den wirtschaftlichen Faktoren fallen der eher niedrige Wachstumstrend sowie strukturelle Defizite in der Aussenwirtschaft negativ auf. Ein Verlust des AAA hätte eine weitere Verschärfung der Schuldenkrise in Europa zur Folge.

Die inzwischen hohe Staatsverschuldung Frankreichs stellt ein Risiko für die Wachstumsperspektiven dar. Eine Stärke liegt in der relativ geringen Verschuldung der privaten Haushalte und der guten Verfassung des Häusermarktes. Der private Konsum kann damit das Wachstum stützen."

Stuart Thomson, Chief Market Economist, Ignis Asset Management (11.08.2011): "We believe that France is the weakest of the major triple AAA economies within Europe and therefore most vulnerable to a downgrade. Its debt to GDP ratio is 85%, the highest amongst the group of triple sovereigns.  In its press conference following the decision to downgrade America’s sovereign credit rating, Standard and Poor’s admitted as much but differentiated the US and French situation by forecasting that France’s debt to GDP ratio would be on a downward trajectory by 2015 in contrast to the US.
 
This confidence rests crucially upon the Government’s commitment to financial austerity ahead of next year’s Presidential Elections as well as the pace of growth over the next few years. The economy performed well during the first quarter but the rapid slowdown in global leading indicators is likely to lead to no growth during the second quarter, followed by minimal growth in the second half of the year. Weak growth and the intensification of the sovereign debt crisis is likely to force the government to accelerate austerity during the autumn. However, the number of countries that have simultaneously achieved high growth, lower budget deficits and lower debt to GDP ratios amid weak global and regional growth is very low indeed and we believe that the rating agencies will be forced to reassess their ratings within the next couple of months.
 
Financial markets have already given their verdict. France’s 5yr sovereign CDS is trading at 175bps, above Mexico and Brazil, whose 5yr CDS rate is 155bps but are rated Baa1/BBB and Baa2/BBB- respectively. We believe that it is only a matter of time and weaker growth before France is downgraded to AA+ which would in turn threaten the rating of the single currency’s special investment vehicle the European Financial Stability Fund and the viability of the current rescue mechanism for peripheral economies."

 

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