3.) „Schwammige“ Prozesse
Böse Zungen behaupten, dass zu viel Kommunikation über Prozesse häuft über einen Mangel an Talent hinwegtäuschen soll. Die Geschichten an brillianten Prozessen bei Fonds mit mehr als mittelmäßigen Ergebnissen findet man häufig. Fairerweise muss man dem aber entgegenhalten, dass es auch eine Vielzahl von scheinbar talentierten, weniger regelgebundenen Fondsmanager gibt, die auch nicht mit ihren Ergebnissen zu überzeugen vermögen. Den einen Investmentprozess, der Erfolge garantiert, scheint wohl nicht zu existieren. Unterstellt, dass es trotzdem mehr als sinnvoll sein kann, den Investmentprozess eines Managers nachvollziehen zu können, stellen sich vielleicht folgende Fragen:
a) Macht der Manager wirklich das, was er in seinen Darstellungen vom Prozess behauptet?
b) Wissen nicht viele Fondsmanager, was Fondsselektoren unbedingt hören wollen?
c) Stimmt der vom Fondsmanager dargestellte Investmentprozess eigentlich mit dem Prozess überein, der in den Marketingunterlagen der Fondsgesellschaft erläutert wird?
Beim Aufwerfen solcher Fragen, die möglicherweise interessante Anknüpfungsdialoge zwischen Family Offices zum Fachdialog bieten könnten, kommt man vielleicht zu dem Schluss, dass die Suche nach Talenten bei spezialisierten Managern doch vielleicht eher der „Trüffelsuche“ ähneln als einem systematischen, rein quantitativ gesteuertem Suchprozess mit jederzeit wiederholbaren Ergebnis. Solide Hausarbeit und konventionelle Trial-and-Error-Heuristik in Kombination mit Bauchgefühl, Intuition, Erfahrung etc. sind gefragt. Datenbanken zur Vorselektion sind wichtig, Research ist Kernfaktor bei Grundlagenarbeit.
Wissensmanagement
Netzwerke haben sich auch im Family Office-Bereich gebildet. Fans von Boutiquen finden zusammen. Die Praxis zeigt, dass es eine Vielzahl von begeisterten Selektoren findet, deren Herz für unabhängiges, spezialisiertes Asset Management schlägt. Spricht man mit Family Office-Vertretern in verschiedenen Ländern, zeigen sich ähnliche Strukturen: Bei starker Ähnlichkeit der Selektionsprozesse zeigt sich interessanterweise immer wieder, dass sich nicht alle Adressen über einen Kamm scheren kann: Obwohl zum Beispiel Seed Money-Geber angeblich kaum aufzufinden sind, gibt es durchaus eine Vielzahl von Adressen, die sich als „Sponsor“ für Talente betrachten. Noch überraschender: Fondsgrössen sind relativ zu sehen. Auch gibt es Häuser, für die ein Minimum-Track Record von zum Beispiel drei Jahren nicht Minimumkriterium ist, selbst Backtesting-Konzepte finden zumindest offen Ohren bei einer kleineren Anzahl von Häusern.
Ausblick
Befindet man sich im Austausch mit anderen Selektorengruppen, so fällt zumindest eine Gemeinsamkeit zu vielen Family Offices auf: Networking innerhalb der eigenen Gruppe findet man häufig, seltener scheinen die verschiedenen Gruppen im intensiven Dialog miteinander aufzutreten: Family Offices, Stiftungen, Dachfondsmanagement, Private Banking etc. Vielleicht ist dieses Phänomen etwas auf den Mangel an Visibilität im Family Office-Bereich zurückzuführen. Gesammelt findet man häufiger den heterogenen Mix von Fondsselektoren und Analysten bei auf Fondsboutiquen spezialisierten Häusern wie Universal Investment, Axxion, Ampega und vielen anderen Anbietern. Fankreise finden zum Beispiel bei Investorenveranstaltungen zusammen, aber auch bei Events, die über den üblichen Industrie-trifft-Industrie-Rahmen hinausgehen. Kurzum: Fachlicher Gedankenaustausch in Sachen Fondsboutiquen wird geschätzt – Content vor Sales: Die Fondsgesellschaften, die hier einen Mehrwert bieten, rennen bei Boutiquen-Fans offene Türen ein!
Markus Hill, Asset Management Consultant
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