Der Krieg in der Ukraine und die verhängten Sanktionen gegen Russland, der enorme Preisauftrieb und die Zinswende haben zu einem Rücksetzer auf den internationalen Kapitalmärkten geführt. Naturgemäß waren davon auch die österreichischen Investmentfonds betroffen. „Erfreulicherweise haben die Anleger aus den vergangenen Krisen gelernt und kein „Herdenverhalten“ an den Tag gelegt. Sie blieben investiert und haben weiter zugekauft“, betont Dietmar Rupar, Generalsekretär der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG) bei einer Pressekonferenz anlässlich des Weltfondstags 2022, den die Fondsverbände traditionell gemeinsam begehen. Besonders erfreulich sei, dass die Nettomittelzuflüsse fast zur Gänze im Publikumsfondsbereich erfolgten. Rupar spricht von einem Reifungsprozess: „Die Anleger:innen haben in den letzten Jahren gute Erfahrungen mit Fonds gemacht und wissen, dass die Kapitalmärkte keine Einbahnstraße sind. Rücksetzer betrachten sie daher als Chance und weniger als Gefahr.“
Das österreichische Fondsvolumen der Wertpapier-Verwaltungsgesellschaften (VWGs) verringerte sich seit Jahresbeginn gegenüber Ultimo 2021 um rund 5 Prozent auf 208 Mrd. Euro. Die Nettomittelzuflüsse betrugen zum Ende des 1. Quartals 2022 rund 1,3 Mrd. Euro, wobei auf institutionelle Anleger 59 Mio. Euro entfielen und auf den Publikumsfondsbereich 1,2 Mrd. Euro. Die vermögensverwaltenden Fonds erreichten einen Nettomittelzufluss von rund 1,6 Mrd. Euro. Zu Nettomittelabflüssen kam es im Segment der Rentenfonds in Höhe von rund 144 Mio. Euro und im Bereich der Aktienfonds in Höhe von 166 Mio. Euro. Die Gesamthöhe der Ausschüttungen im 1. Quartal 2022 betrug 461 Mio. Euro und die Kursverluste beliefen sich auf rund 11,7 Mrd. Euro.
Internationale Fondsbranche mit Rekordzuwachs
Die internationale Fondsbrache erlebte 2021 ein absolutes Wachstumsjahr. Dabei konnte sie den mengenmäßig größten Zuwachs beim verwalteten Vermögen seit 15 Jahren verbuchen. Das Nettovermögen der weltweit registrierten offenen Fonds hat sich von 55 Billionen Euro Ende 2020 um 12 Billionen auf 67 Billionen Euro in 2021 erhöht. Das entspricht einem Plus von 22 Prozent. Mit 47 Prozent sind Aktienfonds die mit Abstand größte Anlageklasse, gefolgt von Anleihen (20 Prozent) und Gemischten sowie Geldmarktfonds mit jeweils 12 Prozent. Mehr als die Hälfte des Fondsvolumens (53 Prozent) entfällt auf Nord- und Südamerika. 33 Prozent stammt aus Europa und immerhin 14 Prozent aus der Asien-/Pazifik-Region.
Abb. 1: Globale Asset under Management in Open Ended Funds (in Billionen Euro)
Diese Entwicklung erfreut auch Thomas Loszach, Vorstand der Vereinigung ausländischer Investmentgesellschaften in Österreich (VAIÖ): "Das makroökonomische Umfeld und die weiterhin niedrigen Leitzinsen sind er größte Antrieb, auf der Suche nach Renditen in Fonds zu investieren. Der generelle Wirtschaftsaufschwung nach dem Höhepunkt der Corona-Krise hat die Investmentfreude genauso zusätzlich befeuert wie die Kursentwicklungen an den Aktienmärkten." Unabhängig von den kurzfristigen Marktentwicklungen beobachtet Loszach einen neuen Trend bei den Investoren: „Immer mehr junge Menschen zeigen sich offen, ihr Geld anderswo als am Sparbuch anzulegen. Zahlreiche FinTechs bauen Barrieren ab und öffnen den Markt für neue Investorenschichten. Anders ausgedrückt: Investieren wird cool!“
Abb. 2: Entwicklung der Volumina in europäischen Investmentfonds (Angaben in Milliarden Euro)
Sowohl die starken Zuwächse beim verwalteten Fondsvermögen als auch die Öffnung der Märkte für neue, teilweise unerfahrene Investorensegmente, verlangt nach einem verantwortungsbewussten Umgang seitens der Fondsbranche. „Als Treuhänder unserer Kunden ist es unsere Pflicht, mit dem uns überlassenen Kapital verantwortungsvoll umzugehen“, betont Thomas Loszach und führt weiter aus: „Dieses Verantwortungsgefühl orientiert sich nicht an kurzfristigen Spekulationsgewinnen, sondern etwa an der Altersvorsorge. Fondsparen könnte noch eine viel größere Rolle in der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge einnehmen. Doch gerade in Österreich sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht optimal. Die heimische Politik ist hier gefordert, sich Inspirationen aus anderen Ländern wie England, Niederlande oder der Schweiz zu holen."
Nachhaltigkeit im Fokus der Anleger
Das Thema Nachhaltigkeit am Kapitalmarkt nimmt einen zunehmend größere Rolle wahr. Der Klimawandel und die Notwendigkeit, die europäische Wirtschaft auf nachhaltige Energieträger umzugestalten, haben die Österreicher mit dem Kapitalmarkt versöhnt. Die Kombination bei der Dekarbonisierung „finanziell“ mitzuhelfen und gleichzeitig am Kapitalmarkt teilzunehmen, hat zu einer Veränderung des Anlegerverhaltens geführt. „Fonds, die bei der Auswahl der Titel nachhaltige Kriterien verfolgen, stehen auf der Prioritätenliste ganz oben“, betont Generalsekretär der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG), Dietmar Rupar.
Das österreichische Fondsvolumen der nachhaltigen Investmentfonds ging seit Jahresbeginn um rund 337 Mio. Euro auf 27,5 Mrd. Euro bzw. 1,2 Prozent zurück. Hier war aber auch der Krieg ausschlaggebend für den Rückgang.
Das Aktienfondsvolumen der Nachhaltigen Investmentfonds betrug per Ende März 2022 7,9 Mrd. Euro, das Fondsvolumen der vermögensverwaltenden Fonds betrug 11,6 Mrd. Euro, das der nachhaltigen Rentenfonds betrug 7,2 Mrd. Euro und das Fondsvolumen der nachhaltigen Immobilienfonds betrug 0,8 Mrd. Euro. Die Nettomittelzuflüsse der nachhaltigen Investmentfonds betrugen im 1. Quartal 2022 737 Mio. Euro.
Abb. 3: Nachhaltigkeitsfonds nach UZ 49: Volumensentwicklung in Mio. Euro und Fondsanzahl (Stand per 31.03.2022)
Abb. 4: Nachhaltigkeitsfonds nach UZ 49: Fondsvolumen nach Fondskategorien in Mio. Euro (Stand per 31.03.2022)