US-Aktien: 'Goldilocks mit Rückschlagpotenzial' – Columbia Threadneedle bleibt optimistisch

Im exklusiven e-fundresearch.com-Interview erklärt Rich McCloskey, Vice President und Client Portfolio Manager bei Columbia Threadneedle Investments, warum er den US-Aktienmarkt derzeit optimistisch einschätzt. Er spricht über robuste Unternehmensgewinne, mögliche Zinssenkungen, die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz, die Auswirkungen neuer US-Handelszölle und warum aktives Management und fundamentale Analyse aktuell entscheidender sind denn je. Managers | 11.11.2025 12:56 Uhr
Rich McCloskey, CFA, Vice President, Client Portfolio Manager, Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments
Rich McCloskey, CFA, Vice President, Client Portfolio Manager, Columbia Threadneedle Investments / © e-fundresearch.com / Columbia Threadneedle Investments

e-fundresearch.com: Herr McCloskey, wie blicken Sie aktuell auf den US-Aktienmarkt? Was sind für Sie die wichtigsten Treiber für die kommenden Monate?

Rich McCloskey: Auf der einen Seite gibt es viele positive Datenpunkte: Die Unternehmensgewinne entwickeln sich solide, die US-Wirtschaft bleibt robust und dürfte auch im kommenden Jahr mit rund zwei Prozent wachsen. Inflation und Arbeitslosigkeit sind niedrig, und es besteht eine gute Chance auf erste Zinssenkungen. Das ergibt ein fast schon „Goldilocks“-ähnliches Szenario.

Das Problem ist allerdings: Diese guten Nachrichten sind weitgehend eingepreist, die Bewertungen sind hoch. Zwar sterben Bullenmärkte selten an Altersschwäche oder hohen Bewertungen, doch sollte ein unvorhergesehenes Ereignis eintreten, wäre das Rückschlagpotenzial erheblich. Insgesamt bleiben wir daher vorsichtig optimistisch. Wir erwarten, dass der von Momentum getriebene Markt bis Jahresende weiterläuft, bevor sich 2026 eine breitere Marktteilnahme entwickeln könnte.

e-fundresearch.com: In Europa wird derzeit viel über neue US-Handelszölle diskutiert. Haben diese Maßnahmen Ihrer Einschätzung nach bereits spürbare Auswirkungen auf die Unternehmen und Märkte?

Rich McCloskey: Zölle sind im Grunde eine Steuer und wie bei jeder Steuer werden die Kosten zwischen Unternehmen und Konsumenten geteilt. Bisher war der Einfluss auf Umsätze und Gewinne jedoch begrenzt. Die Märkte haben die erwarteten Effekte bereits eingepreist, doch in dieser Berichtssaison könnten wir erstmals sehen, wie sich die Zölle tatsächlich auf die Unternehmen auswirken.

Wie stark der Effekt letztlich ist, bleibt unklar und hängt auch davon ab, ob es sich um ein reines Verhandlungsmittel oder um einen dauerhaften Eingriff in die globalen Handelsbeziehungen handelt. Sicher ist: Die Situation ist komplex und unterscheidet sich stark zwischen den Sektoren.

e-fundresearch.com: Der US-Regierungsstillstand sorgt international für Schlagzeilen. Welche wirtschaftlichen Folgen hat er aus Marktsicht?

Rich McCloskey: Bisher erstaunlich geringe. Die Börsen haben den Shutdown weitgehend ignoriert und neue Höchststände erreicht. Problematischer ist, dass die Veröffentlichung wirtschaftlicher Daten teilweise verzögert wird. Einige Behörden liefern weiterhin Zahlen, andere nicht. Private Anbieter versuchen, die Lücken zu schließen.

Wenn der Stillstand jedoch länger anhält, könnte das Auswirkungen auf den Konsum haben, denn viele Staatsangestellte bekommen aktuell keinen Lohn. Sollte das über längere Zeit so bleiben, könnte sich das auf die Gesamtnachfrage auswirken. Insgesamt ist es kein gutes Bild für die USA, aber bislang reagiert der Markt erstaunlich gelassen.

e-fundresearch.com: Künstliche Intelligenz gilt als einer der Haupttreiber der Börse. Einige Beobachter sehen jedoch Parallelen zur Dotcom-Blase. Teilen Sie diese Sorge?

Rich McCloskey: Wir glauben nicht, dass wir uns derzeit in einer Blase befinden, auch wenn es irgendwann dazu kommen könnte. Der große Unterschied zu den späten 1990er-Jahren ist, dass die heutigen Bewertungen auf echten Fundamentaldaten und Gewinnen basieren. Unternehmen wie Nvidia erzielen reales Wachstum, und wir halten die langfristige Sichtbarkeit der Erträge dort für hoch.

Natürlich kann es auch hier Übertreibungen geben. Aber wer bereits Mitte der 1990er-Jahre auf ein Ende der damaligen Hausse gewettet hat, hat viele Jahre positiver Renditen verpasst. Wichtig ist daher, den Trend genau zu beobachten und vorbereitet zu sein, falls sich eine Blase tatsächlich bildet.

e-fundresearch.com: Angesichts der Dominanz weniger großer Technologiekonzerne: Wie schwierig ist es derzeit für aktive Manager, den US-Markt zu schlagen?

Rich McCloskey: Es ist anspruchsvoll, aber nicht unmöglich. Unser Ansatz beruht auf konsequenter Einzeltitelauswahl und einem disziplinierten, fundamentalen Prozess. Wir treffen keine großen makroökonomischen Wetten, sondern suchen gezielt nach fehlbewerteten Unternehmen mit attraktivem Gewinnwachstum.

Unser Portfolio umfasst rund 75 Titel und ist weitgehend neutral gegenüber Sektoren, Stilen und Faktoren wie Momentum. Abweichungen vom Index ergeben sich ausschließlich aus der Bottom-up-Analyse. Wir konzentrieren uns bewusst auf Aktien, die im unteren Drittel ihrer 52-Wochen-Spanne notieren. Also Werte, die vom Markt übersehen oder abgestraft wurden. So stellen wir sicher, dass wir tendenziell günstig kaufen.

e-fundresearch.com: Was würden Sie als Ihr entscheidendes Alleinstellungsmerkmal im US-Aktienmanagement bezeichnen?

Rich McCloskey: Zwei Dinge: Zum einen das Team selbst, vier sehr erfahrene Portfoliomanager mit über 100 Jahren kumulierter Erfahrung, die seit mehr als einem Jahrzehnt ohne personelle Veränderungen zusammenarbeiten. Diese Konstanz ist selten und schafft Vertrauen und Stabilität im Prozess.

Zum anderen die enge Einbindung in unser fundamentales Research-Netzwerk. Rund 25 Branchenanalysten arbeiten seit vielen Jahren an denselben Unternehmen. Das ermöglicht uns, sehr schnell ein vollständiges Bild zu gewinnen und fundierte Anlageentscheidungen zu treffen.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch & weiterhin viel Erfolg, Herr McCloskey!

Über Rich McCloskey:

Rich McCloskey ist Vice President und Client Portfolio Manager bei Columbia Threadneedle Investments. In dieser Funktion ist er dafür verantwortlich, institutionellen und privaten Kunden, Beratern sowie weiteren Marktteilnehmern detaillierte Informationen zu den Anlagestrategien und Markteinschätzungen des Hauses bereitzustellen.

Bevor er zu Columbia Threadneedle wechselte, war er als Client Portfolio Manager bei New Amsterdam Partners tätig, als Director of Consultant Relations bei WestLB Asset Management sowie als Consultant bei Russell Investments. Er ist seit 1992 in der Investmentbranche aktiv.

Rich McCloskey hat einen Bachelor-Abschluss in Volkswirtschaftslehre von der University of Pennsylvania und ist Chartered Financial Analyst (CFA).

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