China die neue Nummer Eins
Norwegen mit Verlusten
Trend zu mehr „Alternatives“
China oder Norwegen? Im Vermögens-Ranking der milliardenschweren Staatsfonds gab es zuletzt ein Gerangel um Platz Eins. Während der norwegische Staatsfonds zu Beginn des Vorjahres noch an der weltweiten Spitze lag, verdrängte der 2007 gegründete chinesische Staatsfonds „China Investment Corporation“ das europäische Land zu Beginn des Jahres 2023 vom ersten Platz, analysieren die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking in einer aktuellen Aussendung. Der Grund: Der Fonds der Norweger musste nach mehreren Rekordjahren im letzten Jahr (2022) einen Vermögensverlust von rund 14 Prozent einstecken.
Das neue Ranking
Norwegen ist das einzige europäische Land, das in der Liste der Top-10-Staatsfonds vertreten ist. Was auffällt: Alle anderen Staaten in diesem Ranking liegen in Asien und es ist weiters bemerkenswert, dass unter den zehn Ländern mit den reichsten Staatsfonds Norwegen das einzige Land ist, das die Standards westlicher Demokratien erfüllt.
1. China Investment Corporation | US $ | 1.351 Mrd. |
2. Government Pension Fund (Norwegen) | US $ | 1.220 Mrd. |
3. Abu Dhabi Investment Authority (VAE) | US $ | 790 Mrd. |
4. Kuwait Investment Authority | US $ | 750 Mrd. |
5. GIC Private Limited (Singapur) | US $ | 690 Mrd. |
6. Public Investment Fund (Saudi Arabien) | US $ | 607 Mrd. |
7. Hong Kong Monetary Authority Investment | US $ | 514 Mrd. |
8. Temasek Holdings (Singapur) | US $ | 497 Mrd. |
9. Qatar Investment Authority | US $ | 475 Mrd. |
10. National Council for Social Security Fund (China) | US $ | 447 Mrd. |
(Quelle Sovereign Wealth Fund Institute, Kommastellen gerundet)
Weltweit verwalten die zehn größten Staatsfonds derzeit knapp 7,4 Billionen US-Dollar. Das ist grob gerechnet fast 470mal so viel wie der österreichische Staat pro Jahr brutto an Steuern einnimmt.
Hoher Aktienanteil
Der 1996 gegründete norwegische Staatsfonds „Government Pension Fund Global“ wird wegen seiner guten Entwicklung der vergangenen Jahre und seiner Struktur immer wieder als vorbildlich genannt. Ziel der Norweger ist es, eine langfristige Verwaltung der Einnahmen aus den Öl- und Gasvorkommen zu gewährleisten, sodass dieser Reichtum sowohl den heutigen als auch den künftigen Generationen zugutekommt. Im Zuge der Energiekrise profitierte Norwegen im vergangenen Jahr stark von der gestiegenen Nachfrage nach Gas infolge des Wegfalls russischer Gaslieferungen. Der Fonds investiert aber größtenteils im Ausland, um Norwegens Wirtschaft nicht zu stark zu beeinflussen.
Neu: Zunehmende Investments in Erneuerbare
Der staatliche Fonds ist an mehr als 9.000 Unternehmen weltweit beteiligt, darunter Apple, Nestlé, Microsoft und Samsung. Im Durchschnitt hält er 1,3 Prozent an allen börsennotierten Unternehmen der Welt und ist bekannt für seine hohe Aktienquote. An die 70 Prozent des Vermögens ist in Aktien, also Unternehmensbeteiligungen, investiert. Rund 27 Prozent sind in Anleihen veranlagt. Der Anteil so genannter alternativer Investments liegt insgesamt bei unter drei Prozent: 2,7 Prozent fließt in Immobilien, mit einem noch geringeren Teil des verwalteten Vermögens kaufte sich der Staatsfonds 2022 und 2023 bei Unternehmen ein, die erneuerbare Energie produzieren. Gekauft wurden Anteile des niederländischen Offshore-Windparks Borssele sowie des spanischen Energiekonzerns Iberdrola, der Offshore- Wind- und Solarenergieprojekte betreibt.
Die negative Performance des Jahres 2022 ist dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, der hohen Inflation und den steigenden Zinssätzen geschuldet. Mit seiner Investmentstrategie unterscheidet sich Norwegen von anderen schwerreichen Staatsfonds sehr deutlich. Laut jüngsten Trends greifen Saudi-Arabien oder die Arabischen Emirate verstärkt bei alternativen Investments wie Immobilien, Infrastruktur, Private Equity und Hedgefonds zu. Der Anteil der „Alternatives“ liegt dort teilweise bei mehr als 50 Prozent.
Was ist ein Staatsfonds?
Ein Staatsfonds (engl. Sovereign Wealth Funds) ist ein spezieller Fonds in öffentlicher Hand, der mit einer makroökonomischen Zielsetzung gehalten, gemanagt oder verwaltet wird, um finanzielle Ziele zu erreichen. Dabei muss zumindest ein Teil des Vermögens im Ausland angelegt werden. Der Anlagehorizont ist in der Regel sehr langfristig. Erfolgskriterien sind eine transparente Verwaltung und eine nachhaltige Anlagestrategie, für die der norwegische Staatsfonds als beispielhaft gilt. Er zeichnet sich durch eine regierungsunabhängige Organisation, ein international diversifiziertes Portfolio aus Minderheitsbeteiligungen, dem Verbot von Inlandsinvestitionen und ethische Investitionsrichtlinien aus. Zudem darf laut seiner Statuten nur die durchschnittlich erwirtschaftete Rendite ausgeschüttet werden.
Verschiedene Arten von Staatfonds
Es gibt zahlreiche internationale Beispiele von Staatsfonds und verschiedene Varianten. Pensions- oder Rentenfonds können ein Instrument sein, eine kapitalgedeckelte Komponente neben einem umlagefinanzierten gesetzlichen Rentensystem zu etablieren. Zum Beispiel haben Länder wie Neuseeland oder Australien erfolgreiche Pensionsfonds gegründet.
Rücklagen- und Sparfonds sollen das Wohlstandsniveau für zukünftige Generationen erhalten, indem Devisenüberschüsse langfristig effizient angelegt werden. Internationale Beispiele für Sparfonds sind jene in Qatar, Singapur oder China. Direkte Ausschüttungsfonds sind hingegen gekennzeichnet durch direkte monetäre Transfers an die Bevölkerung, um eine gleichmäßige Teilhabe am wachsenden Wohlstand zu garantieren. Das weltweit einzige existierende Beispiel für diesen Fondstypus ist der Alaska Permanent Fund, der 1976 gegründet wurde und über Einnahmen aus der Ölbranche finanziert wird. Die Hälfte des jährlichen Fondsgewinns wird jedem Einwohner Alaskas zu gleichen Teilen zur freien Verfügung ausgezahlt. Entwicklungs-, Infrastruktur- und Investitionsfonds investieren in den Ausbau der Infrastruktur und sollen langfristig zu höherem Wachstum in strategisch wichtigen Wirtschaftssektoren führen. Innerhalb Europas hatten Italien und Frankreich die bekanntesten Entwicklungsfonds. Beide Modelle waren aber nicht sonderlich erfolgreich, die Vermögenswerte wurden später in Förderbanken eingebracht.