Umfrage | Immobilien: Zinswende gleich Trendwende?

Steigende Baukosten und ein restriktiveres Zinsumfeld haben Investoren zuletzt stark gefordert. Gibt es dennoch Anzeichen dafür, dass die veränderten Rahmenbedingungen durch die Zinswende das Potenzial haben, eine Wende am Immobilienmarkt einzuleiten? Funds | 08.10.2024 12:57 Uhr

e-fundresearch.com #AssetAllocationForum | Immobilien: Zinswende gleich Trendwende?

Sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Federal Reserve (Fed) haben in den letzten Wochen eine deutliche Zinswende eingeleitet. Nach einer Phase steigender Zinsen und hoher Baukosten könnte sich das Marktumfeld für Immobilieninvestments nun verändern.

Die e-fundresearch.com Redaktion hat sich im Rahmen der neuesten Ausgabe der Umfrageserie #AssetAllocationForum bei renommierten Marktteilnehmern umgehört und ihre Einschätzungen zur Zukunft der Immobilienanlage in diesem veränderten Umfeld eingeholt.

Unsere Frage an Fondsgesellschaften

Wie bewerten Sie Immobilieninvestments nach dem Start der Zinswende? Sehen Sie Anzeichen für eine Erholung, oder bleiben die Aussichten weiterhin gedämpft? Welche Rolle spielen Immobilien aktuell in Ihrer Asset Allocation (Direktinvestments, REITS, Immobilien-Aktien, etc.), und planen Sie, Ihre Positionierung in naher Zukunft signifikant anzupassen? Und welche Segmente (von Core bis Opportunistic, Commercial bis Residential) fokussieren Sie?

Zum Navigieren innerhalb der Zitatgalerie können auch die Pfeiltasten ← → eingesetzt werden, auf Mobilgeräten können Sie nach Belieben "swipen":

Heinrich Hemetsberger, Portfoliomanager Asset Allocation, KEPLER-FONDS KAG
© Heinrich Hemetsberger

Heinrich Hemetsberger, Portfoliomanager Asset Allocation, KEPLER-FONDS KAG

Immobilieninvestments sollten von den sinkenden Finanzierungskosten profitieren, zumindest solange wir nicht in eine globale Rezession rutschen. Somit sind die Aussichten grundsätzlich positiv zu beurteilen.
Die bisherigen und unmittelbar bevorstehenden Zinssenkungen scheinen in den Preisen von Immobilienaktien und -anleihen zum Großteil eingepreist. Insbesondere bei den REITs und Homebuilders ist seit den Sommermonaten eine deutliche Aufwärtsbewegung zu beobachten. Aber auch bei den Corporate Bonds des Immobiliensektors stabilisiert sich der Markt zusehends.
In der Asset Allocation spielen die eben genannten Investments eine eher untergeordnete Rolle – die Allokation erfolgt vielmehr innerhalb der einzelnen Zielfonds des Aktien- und Rentensegments anhand des Bottom-up-Ansatzes. „Klassische“ Immobilienfonds kommen derzeit bei den KEPLER Multi-Asset-Fonds nicht zum Einsatz, denn gerade in Stressphasen neigt diese Assetklasse zu Liquiditätsproblemen. Zwei prominente Beispiele einer Fondsschließung bzw. überraschenden Preiskorrektur in Österreich und Deutschland haben uns in dieser Einschätzung bestätigt.
Matt Shafer, Head of International Distribution, PGIM Investments
© PGIM Investments

Matt Shafer, Head of International Distribution, PGIM Investments

In der derzeitigen Phase des Zinszyklus liefert der Immobilienmarkt Anzeichen einer Stabilisierung – gute Fundamentaldaten und überzeugende langfristige Treiber sorgen für gute Einstiegsniveaus für Anleger.

Die interessantesten Chancen sehen wir aktuell bei Immobiliengesellschaften, die ihren Kapitalkostenvorteil für wertsteigerndes externes Wachstum nutzen können. Als attraktiv betrachten wir unter anderem diese Sektoren mit defensiver Nachfrage:

Rechenzentren: KI treibt den immensen Bedarf in einem Markt mit beschränktem Angebot. Dies trägt zu niedrigen Leerstandsraten und stärkerem Mietwachstum bei.

Seniorenwohnungen: Das Gewinnwachstum legt zu, da höhere Mieten und eine bessere Auslastung die steigenden Betriebskosten wettmachen.

Studentenwohnheime: Die Vermietungsquoten befinden sich auf historischen Höchstständen. Die besten Aussichten bestehen für Objekte in der Nähe der führenden Hochschulen.

Auch die Bereiche Self-Storage und Wohnungen sollten bessere Chancen bieten, da sie sich in einem Zyklus mit schwachen Fundamentaldaten, einem begrenzten Angebot sowie einem steigenden Umsatzpotenzial befinden.
François Rimeu, Senior Strategist, Crédit Mutuel Asset Management
© Crédit Mutuel Asset Management

François Rimeu, Senior Strategist, Crédit Mutuel Asset Management

Der Immobiliensektor ist in den großen Aktienindizes nur gering gewichtet: Im Stoxx 600 beispielsweise macht er nur 1,5% aus, im S&P 500 2,3%. Unsere Allokationen in diesem Sektor sind daher eher moderat.

Unsere Allokation in den Immobiliensektor wird in erster Linie von unseren Erwartungen an den Anleihemarkt bestimmt. Denn es besteht ein ziemlich starker Zusammenhang zwischen der Out- oder Underperformance des Immobiliensektors und der Entwicklung der langfristigen Zinssätze.

Bis zum Sommer waren wir gegenüber Immobilienaktien noch negativ, bevor wir unsere Positionen allmählich ausglichen und den Sektor in letzter Zeit leicht übergewichtet haben. Dies gilt sowohl für die USA als auch für die Eurozone. Wir haben keine ausgeprägte Präferenz für einen bestimmten Teilsektor, obwohl wir bei Gewerbeimmobilien vorsichtiger bleiben als bei Wohnimmobilien.
Matthew Bullock, EMEA Head of Portfolio Construction and Strategy, Janus Henderson Investors
© Janus Henderson Investors

Matthew Bullock, EMEA Head of Portfolio Construction and Strategy, Janus Henderson Investors

Immobilien dürften von den Zinssenkungen profitieren, und die Aussichten für den Sektor werden zunehmend positiver. Die Immobilienbewertungen haben sich stabilisiert, und trotz immer noch geringer Transaktionsvolumina, erwarten wir, dass sich dies mit wachsendem Anlegervertrauen ändern wird.

Dennoch ist der Immobilienmarkt ein „Gewinner- und Verlierermarkt“, auf dem gut geführte Unternehmen mit soliden Bilanzen von sinkenden Zinsen und besserer Stimmung profitieren werden. Die Zinssätze sind jedoch weiterhin hoch, und Unternehmen geringerer Qualität und mit höherer Verschuldung werden weiterhin zu kämpfen haben.

In unserer eigenen Datenbank mit Anlegerportfolios sehen wir eine durchschnittliche Allokation von etwa 3% in REITs. Dies ist angesichts der schwierigen Performance der letzten Jahre durchaus nachvollziehbar. Da sich der Zinszyklus jedoch abschwächt und ein starker Rückenwind entsteht, könnten Anleger diese derzeit geringe Gewichtung überdenken.

Die Breite des Sektors sowie die attraktiven und beständigen Erträge (in Form von Dividenden) verleihen Immobilien eine defensive Wachstumsrolle. Dies wird durch eine niedrige Korrelation zu den breiten Märkten unterstützt.
Carl Pauli, Junior Fund Manager, DPAM
© Degroof Petercam Asset Management (DPAM)

Carl Pauli, Junior Fund Manager, DPAM

Börsennotierte Immobilien in Europa stehen am Wendepunkt. Der Immobilienmarkt verzeichnet weniger Volatilität und mehr Transaktionen, was darauf hindeutet, dass eine potenziell signifikante Erholung bevorsteht, gestützt durch gesunde Belegungsraten und ein solides Mietwachstum.

Die Kreditspreads für Immobilienfirmen sind wieder fast auf dem Niveau von vor 2022, was den Anleihemarkt wieder vollständig geöffnet hat. Dass die Banken die Refinanzierung fälliger Anleihen alleine schultern müssen, wird nicht mehr befürchtet. Die Differenz zwischen Immobilienrenditen und 5-Jahres-Swap-Sätzen ist wieder positiv und auf gesundem Niveau. Dies sollte mehr Klarheit über die Kapitalwerte geben und die Abschläge auf den Nettoinventarwert verringern.

Die Leerstandsquoten in Europa liegen weit unter denen Asiens und der USA, v.a. bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien. Die Bewertungen sind im Vergleich zu anderen Regionen attraktiv. Die geringere Verschuldung deutet darauf hin, dass der Sektor widerstandsfähig ist.
Peter Finkbeiner, CEO, Praemia REIM Germany
© Praemia REIM Germany

Peter Finkbeiner, CEO, Praemia REIM Germany

Seit rund zwei Jahren sehen wir deutlich reduzierte Transaktionsvolumina im deutschen Immobilienmarkt. Bringt die Zinswende jetzt die Transaktionen zurück?

Auf den ersten Blick betrachtet ja! Die Lücke zwischen Bewertungen und möglichen Transaktionspreisen beginnt sich zu schließen, die Kurse börsennotierter Unternehmen steigen und der Fremdkapitalmarkt zeigt wieder Aufnahmebereitschaft.

Und doch lässt sich das so pauschal nicht sagen. Im Kontext einer schwierigen wirtschaftlichen und politischen Gesamtsituation wirken mit den Themen mobiles Arbeiten und künstliche Intelligenz, sowie dem niedrigen Neubauniveau bei gleichzeitig massiven Nachfrageüberhang besonders im Wohnen, unterschiedliche Variablen auf die Assetklassen. Folglich erwarten wir über die Assetklassen hinweg eine breite Streuung an Opportunitäten von Value-add bis hin zu Core.

Je nach Risikoappetit und Renditeerwartung scheinen solche Strategien erfolgversprechend, die neben der risikoadäquaten Auswahl der Assetklasse (Wohnen, Gewerbe, Gesundheit) weitere Faktoren bei der Investmententscheidung berücksichtigen, etwa Megatrends wie ESG, Alterung der Gesellschaft oder Betreiberkonzepte mit zusätzlichen Dienstleistungen.

Weitere aktuelle e-fundresearch.com Umfragen:

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.