e-fundresearch.com: Herr Brugger, lassen Sie uns mit einem Elevator Pitch starten: Welche Idee und Motivation steckt hinter dem Konzept des Wellington Global Equity Value?
Stefan Brugger: Wellington Global Equity Value ist eine Contrarian Value-Strategie, deren Ziel darin besteht, Unternehmen zu einem Zeitpunkt zu kaufen, wenn die Gewinne temporär unter dem langfristigen Potenzial liegen, und zu verkaufen, wenn die Gewinne über das langfristige Potenzial steigen. Dabei analysieren wir marktbasierte Anpassungsmechanismen, um Wendepunkte in Bezug auf den langfristigen Gewinntrend zu identifizieren.
Unternehmen mit am Markt etablierten Produkten profitieren von einer langfristigen strukturellen Nachfrage und beobachtbaren historisch erzielbaren Marge. Die Entwicklung der erzielbaren Gewinne ist aber häufig nicht linear. Kurzfristig kann es zu starken Abweichungen (positiv oder negativ) vom langfristigen Gewinnpotenzial eines Unternehmens kommen.
In einer Marktwirtschaft führen marktbasierte Anpassungsmechanismen dazu, dass sich diese Verwerfungen über die Zeit wieder ausgleichen. Fällt der Preis für ein Gut so stark, dass Produzenten damit keinen attraktiven Gewinn mehr erzielen können, werden Kapazitäten geschlossen oder die auf der Kostenkurve teuersten Produzenten aus dem Markt gedrängt. Im Gegenzug intensivieren sehr hohe Gewinne neue Kapazitäten oder Markteintritte neuer Konkurrenten.
e-fundresearch.com: Für welche Anlegergruppen ist Ihr Fondskonzept Ihrer Meinung nach besonders geeignet? Welche Probleme können dadurch gelöst werden? Welchen Beitrag kann Ihre Strategie in einem breiteren Asset Allocation Kontext leisten?
Stefan Brugger: Global Equity Value bietet eine differenzierte Alpha-Quelle innerhalb der Aktienallokation. Aufgrund der antizyklischen Anlagestrategie liefert der Investmentprozess besonders gutes Alpha-Potenzial an Marktwendepunkten und bei Trendbrüchen, also genau in den Marktphasen, in denen sich themen- und momentumbasierte Strategien schwertun. Der Fonds bietet zudem Diversifikation in einer Marktphase, in der momentan die großen globalen Aktienindizes noch immer von der Performance einiger weniger sehr großer Unternehmen dominiert werden.
Die veränderte Marktstruktur, in der immer größere Teile des Marktes von kurzfristig orientierten Hedgefondsstrategien, themenbasierten Baskets und passiven Investments getrieben werden, birgt die Gefahr von stärkeren Abweichungen vom intrinsischen Wert eines Unternehmens mit einer entsprechend hohen Rückschlagsgefahr. Eine Contrarian Value-Strategie, die Unternehmen unter ihrem intrinsischen Wert kauft, kann neben dem attraktiven Renditepotenzial auch dazu beitragen, die Volatilität und Rückschlagsgefahr des Aktienportfolios zu reduzieren.
e-fundresearch.com: Was sollten Fondsselektoren beim Vergleich mit Konkurrenz-Strategien innerhalb Ihrer Peer-Group beachten? Worin bestehen Ihrer wichtigsten Alleinstellungsmerkmale?
Stefan Brugger: Der Investmentansatz bietet ein konsistentes Exposure zum Faktor Value. Im Vergleich zu vielen anderen Value-Fonds, die zunehmend gegenüber einer Blend-Benchmark verwaltet werden, konnte der Investmentansatz die Value-Benchmark in Phasen wie 2022 übertreffen, als Value-Anlagen eine deutlich bessere Entwicklung als der Gesamtmarkt gezeigt haben.
Zudem bietet die Strategie Anlegern eine dynamische Allokation zwischen zyklischen und defensiven Unternehmen aufgrund von unterschiedlichen Bewertungsansätzen. In einem Konjunkturaufschwung, in dem sich wenig Opportunitäten bei zyklischen Unternehmen ergeben, investiert der Fonds zunehmend in defensive Unternehmen. Umgekehrt steigt in einer Rezession der Anteil der zyklischen Unternehmen im Portfolio. Dadurch bietet die Strategie attraktives Renditepotenzial in einem Aufschwung und trägt dazu bei, das investierte Vermögen in einem Abschwung zu schützen.
Im Vergleich zu vielen anderen Value-Fonds, die manche Unternehmen über viele Jahre halten, ist unsere Strategie deutlich aktiver. Wir kaufen Unternehmen, deren Gewinne temporär unter dem langfristigen Potenzial liegen, mit der klaren Absicht, diese wieder zu verkaufen, sobald sich die Gewinne normalisiert haben, um das Kapital wieder in neue unterbewertete Anlagechancen zu investieren.
e-fundresearch.com: Wie schätzen Sie das Potenzial Ihrer Strategie auf mittelfristiger Sicht von 3-5 Jahren ein? Welche Meilensteine wollen Sie in diesem Zeitraum erreichen?
Stefan Brugger: Wir sehen aktuell einen Umfeldwechsel an den Kapitalmärkten. Deglobalisierung führt zu strukturell höherer Inflation. Dadurch sind den Zentralbanken die Hände gebunden und sie können nicht wie früher aggressiv auf sich anbahnende Konjunkturabschwächungen reagieren. Staatliche Stimulierungsmaßnahmen stoßen ebenfalls an ihre Grenzen, wenn man sich die Verschuldungssituation vieler Länder anschaut.
Nach Ansicht unserer Makroökonomen befinden wir uns daher am Anfang eines neuen Umfelds, das von Unsicherheit und unterschiedlichen makroökonomischen Entwicklungen geprägt ist. In Zukunft rechnen wir mit viel ausgeprägteren und häufigeren Konjunkturzyklen als viele Investoren das seit der globalen Finanzkrise gewöhnt waren. Ein solches Marktumfeld bietet meiner Meinung nach hervorragende Ertragschancen für eine dynamische antizyklische Value-Strategie, die an zyklischen Wendepunkten die Gegenposition einnimmt.
e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch & weiterhin viel Erfolg, Herr Brugger!
Über Stefan Brugger:
Stefan Brugger ist Aktienportfoliomanager im Global Value Team bei Wellington Management. Er leitet die Verwaltung des Global Equity Value Fonds und stützt sich dabei auf die Research-Ergebnisse der globalen Branchenanalysten, Aktienportfoliomanager und Teamanalysten von Wellington Management und ist in der Frankfurter Niederlassung von Wellington tätig.
Bevor Brugger 2024 zu Wellington Management kam, arbeitete er fast 18 Jahre lang als Senior Portfoliomanager bei Union Investment. Seit 2012 verwaltete Stefan den Global Value Equity Fund des Unternehmens.
Stefan Brugger schloss sein Studium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg in Deutschland mit einem Master in Betriebswirtschaftslehre ab (2005). Darüber hinaus ist er Chartered Financial Analyst und Mitglied des CFA Institute.
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