Anko Beldsnijder: "Viele GARP-Aktien derzeit recht günstig bewertet"

"Der Zyklus ist eher fortgeschritten, was normalerweise dazu führt, das GARP-Wachstums-Aktien relativ teuer sein sollten. Nach dem Platzen der Sicherheitsblase ist das jedoch derzeit gar nicht der Fall", erklärt Anko Beldsnijder, Portfoliomanager des Fidecum avant-garde Stock Fund, im Interview mit e-fundresearch.com Managers | 25.04.2018 12:00 Uhr
Anko Beldsnijder, Portfoliomanager des Fidecum avant-garde Stock Fund / ©  Fidecum
Anko Beldsnijder, Portfoliomanager des Fidecum avant-garde Stock Fund / © Fidecum
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e-fundresearch.com: Mit Blick auf Ihr Anlageuniversum: Welches Resümee ziehen Sie aus den bisherigen Marktentwicklungen 2018?

Beldsnijder: Im bisherigen Jahresverlauf war der Markt wieder sehr top down ausgerichtet, das heißt, dass die Gesamtentwicklung der Wirtschaft eine entscheidende Rolle gespielt hat und weniger die Bewertung der Einzeltitel (bottom up). Einerseits gab es geopolitische Themen wie Nordkorea, Russland oder Syrien, Protektionismus und Risiken eines Handelskriegs. Andererseits nahmen die Unsicherheiten über das Wirtschaftswachstum zu. Hier spielten die erwartete Geldpolitik der US-Notenbank Fed, die flache Zinsstrukturkurve der USA und schwächere Frühindikatoren eine wichtige Rolle. Der Markt ist nervöser geworden, was sich in den gestiegenen Volatilitäten widerspiegelt. Größere Schwankungen bieten aber auch immer Chancen.

e-fundresearch.com: Ist es im Zuge der „Rückkehr der Volatilität“ Anfang Februar zu nennenswerten Portfolioumschichtungen gekommen?

Beldsnijder: Nein, nicht wirklich. Wir haben einen ganz klar ausgeprägten Anlagestil: Quality-Growth at a reasonable Price (Q-GARP) mit klarem Fokus auf Unternehmen, die strukturell überdurchschnittlich wachsen und vernünftig bewertet sind. Sie profitieren von der Digitalisierung. Die Umwandlung der Wirtschaft von analog zu digital beschert vielen Firmen direkt und indirekt Gewinnpotenziale. Das mögen wir. Zahlreiche Investoren sind nach wie vor im Sicherheitsdenken verhaftetet. Das war der generelle Markttrend von 2008 bis Sommer 2016, also bis kurz nach dem Brexit-Referendum.

e-fundresearch.com: Wie beurteilen Sie das aktuelle Bewertungsniveau Ihrer Assetklasse und als wie fortgeschritten würden Sie den aktuellen Zyklus beurteilen?

Beldsnijder: Europäische Aktien sind nach der Rally der vergangenen Jahre natürlich nicht mehr ausgesprochen günstig, aber durchaus attraktiv im Vergleich zu Renten und anderen internationalen Aktien. Unser Investmentsegment sind europäische Wachstumswerte/GARP. Der Zyklus ist eher fortgeschritten, was normalerweise dazu führt, das GARP-Wachstums-Aktien relativ teuer sein sollten. Nach dem Platzen der Sicherheitsblase ist das jedoch derzeit gar nicht der Fall. Investoren von europäischen Aktien sehen Gewinnwachstum als Risiko, da es hier zu Enttäuschungen kommen könnte, und weniger als Chance. Diese Einschätzung erklärt vielleicht, warum unsere GARP-Werte nach wie vor recht attraktiv bewertet sind. Das Portfolio hat eine PEG-Ratio von weniger als 1. Es ist sehr ungewöhnlich für ein Wachstumsportfolio in dieser Phase, dass das KGV (PE) geringer als das Gewinnwachstum (G) ist.

e-fundresearch.com: Wie trägt Ihre aktuelle Portfoliozusammenstellung diesem Umfeld Rechnung? 

Beldsnijder: Wir investieren in die strukturellen Gewinner. Und da viele Werte im Bereich GARP-Aktien recht günstig bewertet sind, haben wir keine speziellen Anpassungen vorgenommen. Den Sell-Off von Technologie und anderen Wachstumssegmenten sehen wir eher als Kaufgelegenheit. Zwar sind Aktien wie Netflix oder Tesla in der Tat sehr teuer. Für andere Technologie-Werte gilt das allerdings nicht – zum Beispiel für Apple oder Alphabet – gerade, wenn man das Gewinnwachstum berücksichtigt.

e-fundresearch.com: Welche Positionierungen beziehungsweise Consensus-Trades können Sie im derzeitigen Markumfeld am wenigsten nachvollziehen? 

Beldsnijder: Eindeutig: Den großen Consensus-Trade vor allem in Quality beziehungsweise Sicherheit. Dieses Segment bietet wenig Wachstum und ist im historischen Vergleich sehr teuer. Durch diese Flucht in Qualität sind auch bei Aktien sogenannte Bond-Proxies (sehr) teuer geworden – gleichzeitig mit Staatsanleihen oder Immobilien. Normalerweise bieten solche Qualitätswerte bei höheren Volatilitäten Schutz. Das wird jetzt jedoch höchstwahrscheinlich nicht der Fall sein. Dafür ist die Bewertung zu hoch. Wie nach dem Platzen der TMT-Bubble in den Jahren 2000 bis 2003 brauchen auch jetzt viele Investoren ausgesprochen lang, um sich von ihren Lieblingen zu verabschieden. Bei Werten wie Reckitt Benckiser, AB Inbev oder Novartis hat dieser Prozess allerdings schon deutlich begonnen. Das Verhalten gleicht seit dem Platzen der „Sicherheits“-Blase im Sommer 2016 sehr dem in den Nullerjahren.

e-fundresearch.com: Welche Entwicklungen und Events sollten Investoren mit Blick auf Ihre Assetklasse im weiteren Jahresverlauf besonders genau im Fokus halten?

Beldsnijder: Natürlich das unterliegende Wirtschaftswachstum. Vor allem, wenn wir doch unerwartet in eine Rezession abgleiten sollten. Das halten wir jedoch für unwahrscheinlich. Wichtig für Investoren mit Blick auf unser Segment ist die Weiterentwicklung der Transformation von der analogen zur digitalen Wirtschaft. Sollten da ganz große Stolpersteine aufgeworfen werden (Trump?), könnte das kurzfristig einen Rückschlag bedeuten. Aber auch dann wird der Digitalisierungstrend nicht aufzuhalten sein.

e-fundresearch.com: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Beldsnijder!

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